Hier sieht man eine Pflanze aus dem Boden wachsen

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28. Mär 2024

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Wirtschaft

„Der Boden ist unser wichtigstes Gut“ - Marie Hoffmann

Journalist: Theo Hoffman

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Foto: Presse, Roman Synkevych/unsplash

Für die weit vorangeschrittene digitale Transformation in der Landwirtschaft müssen auch politisch die entsprechenden Weichen gestellt werden.

9F1EB9D2-87BD-4061-9416-0E01697CA7DB.jpeg Marie Hoffmann, Landwirtin & Agrar-Influencerin

Wie hat die Digitalisierung der Landwirtschaft das Berufsbild Landwirt verändert? Die Digitalisierung hat die Landwirtschaft effizienter und nachhaltiger gemacht, aber sie erfordert auch Anpassungen und Weiterbildungen seitens der Landwirte und Landwirtinnen. Wir entfernen uns mehr und mehr von schwerer, körperlicher Arbeit und gehen über zu einer Art IT-Arbeit, die uns zwar viel abnimmt und auch viel für die Umwelt tut, jedoch sehr komplex ist.

Was ist an den Grünen Berufe aus Ihrer Sicht das Spannendste? Mit und in der Natur zu arbeiten und vor allem wirklich etwas für Klima-, Arten- und Umweltschutz neben der Lebensmittelproduktion zu tun, denn den Hebel haben wir mit der Anzahl an Flächen, die wir in den Grünen Berufen haben. So können wir mit Aufforstung, dem Anbau von Permakulturen, Agroforstsystemen, Regenerativer Landwirtschaft und Direktsaat, aber auch Schaffung neuer Lebensräume für Insekten und Wildtiere am Feldrand oder auf dem Acker, wie Insektenwällen, Hecken und Totholzhaufen wirklich einen Unterschied machen. Und bei all diesen Dingen neue Techniken und KI einzusetzen, um hier immer präziser und damit nicht nur effizienter, sondern auch schonender zu arbeiten.

Auf welche Missverständnisse stößt man in den Sozialen Medien am häufigsten, wenn es um den Alltag auf einem Bauernhof geht? Ich höre oftmals pauschale Vorwürfe wie „Überdüngung, Tierquälerei, Massentierhaltung, nicht fachgerechter Einsatz von chemischem Pflanzenschutz oder Bodenverdichtungen“. Dabei haben wir insbesondere in Deutschland und der EU eine der am strengsten regulierten und kontrollierten Landwirtschaften überhaupt auf der Welt. Es lässt sich natürlich darüber diskutieren, wie unsere Regularien und Anreize verändert werden müssten, um noch klimaschonender, nachhaltiger und tierfreundlicher zu wirtschaften – insbesondere im Tierhaltungsbereich sehe ich da noch deutlichen Verbesserungsbedarf, jedoch müssen solche Diskussionen auf einer wissenschaftlich-argumentativen Ebene geführt werden, auch wenn es hier um emotionale Themen geht.

Welche Herausforderungen sind für die Landwirtschaft gerade am schwersten zu bewältigen? Der Klimawandel ist eine bedeutende Herausforderung insbesondere für den Ackerbau. Hier gilt es, sich ackerbaulich angepasster aufzustellen und auszurichten. Wir auf unserem Betrieb tun das beispielsweise dadurch, dass wir den Boden kaum noch bearbeiten und die Mikrobiologie im Boden fördern. Direktsaat und Regenerativer Ackerbau nennt sich dieser Ansatz. Hier muss die Politik sich entscheiden, was es zu fördern gilt.

Welche Neuentwicklungen und Softwarelösungen machen den Arbeitsalltag leichter? Das sind einerseits Tools aus dem Precision Farming Bereich, die es möglich machen, Betriebsmittel, wie Saatgut, Dünger und Pflanzenschutz gezielter auszubringen. Begeistert war ich übrigens dieses Jahr von der Arbeit mit der Drohne. Wir hatten hier eine große Agrardrohne im Einsatz, die mit einem integrierten Streuer das Saatgut ausgebracht hat. Im Tierbereich gibt es auch bereits digitale Tools, ich schaue mir aber regelmäßig die neuesten Entwicklungen in diesem Bereich an und berichte auf meinem Instagram-Account darüber.

Schon gewusst? Marie Hoffmann hat schon während ihres Agrarwirtschaftsstudiums damit begonnen, ihre fundierten Meinungen zur Landwirtschaft über Social Media zu verbreiten. Heute hat die Agrar-Influencerin allein auf Instagram fast eine halbe Million Follower. Mit ihrem Freund bewirtschaftet sie einen Hof im Kreis Soest.

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.