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27. Jun 2025

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Wirtschaft

„Der Hype um die Hängematte ist vorbei“ – mit Anita Gödiker

Journalist: Armin Fuhrer

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Foto: Presse

Stilvolle Third Places als Ergänzung zum festen Büro und zum Homeoffice ermöglichen konzentriertes Arbeiten besser als große Coworking-Spaces.

2022-04-13-7R_02294-Anita_Goediker_online.JPG Anita Gödiker, Gründerin von Satellite Office

Die Wirtschaft läuft in Deutschland gerade nicht gut. Benötigt wird eine Wirtschaftspolitik, die investitions- und wirtschaftsfreundlicher ist und bestehende Fesseln von den Unternehmen löst. Und nicht zuletzt bleiben die Themen Umwelt und Nachhaltigkeit wichtig. „Aber auch die Einstellung vieler aus der jüngeren Generation zur Arbeit muss sich ändern, wenn wir unseren Wohlstand erhalten wollen“, sagt Anita Gödiker, Gründerin von Satellite Office.

Frau Gödiker, wie sieht es denn mit der Einstellung zur Arbeit – gerade auch der Jüngeren – aus? Da töne ich vermutlich in das Horn der sogenannten Boomer, einer Generation, für die ein guter, spannender Job wichtig ist. Da hat sich bei der sogenannten Gen Z einiges verschoben. Viele sind meiner Erfahrung nach deutlich weniger belastbar. Aber mir will es nicht in den Kopf gehen, warum Arbeit gesundheitsschädlich sein soll – tatsächlich kann sie Erfüllung sein. Natürlich muss man differenzieren, aber diese aktuelle Mentalität, nach der Leistung etwas Schlechtes ist, kann ich nicht nachvollziehen.

Wie kann man das wieder ändern? Der Mensch braucht als soziales Wesen Zugehörigkeit, echte Begegnung und sinnstiftenden Austausch. Doch Community ist nicht gleich Kommunikation und Kommunikation ist nicht automatisch Verbindung. Viele moderne Arbeitsumgebungen setzen auf offene Flächen, Dauergeräusch und oberflächliches Netzwerken. Das mag kurzfristig beleben, führt aber selten zu tieferem Austausch – und noch seltener zu produktivem Arbeiten. Was wir wirklich brauchen, sind Räume, die sowohl Rückzug als auch Verbindung ermöglichen. Räume, die bewusst gestaltet sind, um sozialer Vereinsamung entgegenzuwirken – nicht mit Lautstärke, sondern mit echter menschlicher Nähe. Es geht um eine Arbeitskultur, in der Gespräche Tiefe haben dürfen und Netzwerke auf Vertrauen statt auf Lautstärke basieren.

Es müsste sich also die Arbeitsplatzsituation ändern? Während der Coronapandemie haben viele Unternehmen ihre Leute ins Homeoffice geschickt. Jetzt versuchen sie, sie zurückzuholen. Ich schlage dagegen eine Mischform vor: ein Arbeiten im Unternehmen, im Homeoffice und in Third Places. Diese dritte Form ist ein Gemeinschaftsbüro, in dem Menschen in einer durchdachten, gut ausgestatteten und angenehmen Atmosphäre produktiv und konzentriert arbeiten können. Das ist etwas anderes als das gerne propagierte Arbeiten von irgendeinem beliebigen Ort. Der Hype um die viel zitierte Hängematte ist längst vorbei.

Was wir wirklich brauchen, sind Räume, die sowohl Rückzug als auch Verbindung ermöglichen. Räume, die bewusst gestaltet sind, um sozialer Vereinsamung entgegenzuwirken – nicht mit Lautstärke, sondern mit echter menschlicher Nähe.

Und wie kann ein solches Angebot aussehen? Satellite Office hat flächendeckend in den Metropolen wie Frankfurt, Berlin, Zürich und nun bald auch in Mailand Büros eingerichtet, die sehr hochwertig, aber puristisch durchgestylt sind, technisch auf dem neuesten Stand arbeiten und den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen. Daher haben unsere Center niemals mehr als 2.500 Quadratmeter, denn höchste Servicequalität kann ich nur sicherstellen, wenn die Größe überschaubar ist. Wir setzen nicht auf Masse, sondern auf Qualität und Klasse. Mit Klasse meine ich: Menschen mit einem gehobenen Anspruch. „Workspace Deluxe“, wenn sie so wollen.

Der Mensch steht also im Mittelpunkt? Ja, wir sprechen mit unserer pureSilent®-Raumphilosophie alle fünf Sinne an und ermöglichen auf diese Weise ein Arbeiten in einer sehr angenehmen Atmosphäre ohne unnötige Ablenkungen und Hektik. Das Konzept spricht für sich, denn es wird sehr gut angenommen.

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.