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6. Sep 2024

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Wirtschaft

„Der Staat ist kein Airbag“ – mit Marc S. Tenbieg

Journalist: Armin Fuhrer

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Foto: DMB/Jochen Rolfes, Mike van Schoonderwalt/pexels

Deutschlands Unternehmen brauchen wieder mehr Mut zu Innovationen, meint Marc S. Tenbieg, Geschäftsführender Vorstand beim Deutschen Mittelstands-Bund (DMB).

marc-s-tenbieg-dmb-foto-mt004-fotograf-jochen-rolfes-online.jpg.webp Marc S. Tenbieg, Geschäftsführender Vorstand beim Deutschen Mittelstands-Bund (DMB)

Herr Tenbieg, die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Halbjahr überraschend geschrumpft. Könnte der Mittelstand mehr schaffen? Bei uns wird mir derzeit ein bisschen zu viel geklagt. Das Schrumpfen lag bei 0,1 Prozent, das ist nicht viel, aber in einem wachstumsverwöhnten Deutschland mit einem negativen Vorzeichen versehen. Wir sollten nicht vergessen, dass Deutschland die drittstärkste Wirtschaftsnation der Welt ist. Und wenn man bedenkt, wie viele Hidden Champions, also Weltmarktführer, wir hierzulande haben, ist das sehr beachtlich. Insofern schafft der Mittelstand sehr viel für die deutsche Wirtschaft. Richtig ist aber auch, dass die deutschen Unternehmen, und das gilt vor allem für den Mittelstand, einige Veränderungen brauchen, um auch zukünftig erfolgreich zu bleiben.

Welche? Viele Unternehmen in Deutschland verlassen sich etwas zu sehr auf den Staat, waren zu gemütlich und haben zugleich die Entwicklung von Innovationen vernachlässigt. Der Staat ist aber kein Airbag, der einen in jeder Situation rettet. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Unternehmen sich wieder mehr auf ihre eigenen Stärken und Fähigkeiten konzentrieren sollten, denn sie haben sehr viel zu bieten. Es braucht wieder mehr Aufbruchstimmung in Deutschland und den Mut, Innovationen zu wagen und mal ein Risiko einzugehen. Das ist bei uns im Mindset etwas verlorengegangen. Und was mir auch sehr wichtig ist: Wir müssen lernen, unsere Erfindungen und Entwicklungen besser zu vermarkten. Nehmen Sie die Photovoltaiktechnologie – sie wurde in Deutschland entwickelt und wir waren damit technologisch führend. Aber dann ließ man sie sterben, weil die Preise mangels Förderung und Nachfrage in Deutschland zu gering und das Produzieren im Ausland billiger war. Und jetzt machen vor allem die asiatischen Unternehmen das Geschäft. Leider scheint es mir so, als wenn wir immer wieder die gleichen Fehler machen. Ich rate mittelständischen Unternehmen, die etwas Neues wagen möchten, aber selbst nicht über eine ausgeprägte Innovationskultur verfügen, sich mit Start-ups zusammentun.

Aber auch die Rahmenbedingungen für die Unternehmen müssen stimmen, oder? Richtig. Da haben wir in Deutschland einen immensen Nachholbedarf, Stichwort Fachkräfte, Infrastruktur oder Bürokratie. Wir leiden derzeit an der Summe der gleichzeitigen Herausforderungen. Es ist aber auch nicht alles so schlimm, wie es derzeit oft dargestellt wird. Sicher haben wir einen Sanierungsbedarf bei der Infrastruktur, aber das liegt nicht nur an Versäumnissen der letzten Jahrzehnte, sondern auch daran, dass viele Brücken oder Straßen zeitgleich in der Nachkriegszeit gebaut wurden und nun eben auch gleichzeitig sanierungsreif sind. Und klar, wir haben zu viel Bürokratie – gleichzeitig leben wir aber auch von einer funktionierenden Bürokratie, die uns Rechtssicherheit gibt.

Wie sieht die Zukunft für den Mittelstand? Ich bin optimistisch. Wenn es uns gelingt, dass wir uns wieder mehr auf unsere Stärken konzentrieren, aufgeschlossen für Innovationen sind und übrigens auch nicht jedes Scheitern als lebenslangen Makel ansehen, sind Deutschlands Aussichten gut.

30. Apr 2025

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Wirtschaft

Bidirektionales Laden spart Milliarden , Elektroautos können viel mehr, als „nur“ leise und ohne Abgase zu fahren

Mit bidirektionaler Ladetechnologie (BiDi) können sie Strom speichern und ins Netz zurückspeisen. Eine aktuelle Studie von Transport & Environment (T&E) zeigt, dass dies für Europas Energieversorger und Autofahrer Einsparungen in Milliardenhöhe ermöglichen könnte. Die Einsparungen resultieren aus einer effizienteren Nutzung der Erzeugungskapazitäten und einem geringeren Kraftstoffverbrauch. Um das Potenzial dieser Technologie zu nutzen, sind jedoch geeignete regulatorische Rahmenbedingungen notwendig. Laut der T&E-Studie könnte das Einsparpotenzial für Energieversorger und Verbraucher in der EU bis zu 22 Milliarden Euro jährlich betragen, was etwa acht Prozent der Kosten für das EU-Energiesystem entspricht. Von 2030 bis 2040 könnte die BiDi-Technik EU-weit mehr als 100 Milliarden Euro einsparen, allein in Deutschland bis zu 8,4 Milliarden Euro jährlich. Ein Grund für die hohen Einsparungen ist die Möglichkeit, mehr Strom aus erneuerbaren Quellen, insbesondere Solarstrom, in das Energiesystem zu integrieren. Die Nutzung der Fahrzeugakkus könnte den Bedarf an teureren stationären Speichern in der EU um bis zu 92 Prozent senken und die installierte PV-Leistung um bis zu 40 Prozent steigern. Die Halter von Elektrofahrzeugen profitieren direkt vom bidirektionalen Laden, da sie mit geringeren Stromkosten rechnen können. Zudem dürfte die Lebensdauer der Fahrzeugakkus durch optimiertes Laden steigen. In Frankreich haben The Mobility House und Renault beispielsweise das erste Vehicle-to-Grid (V2G)-Angebot eingeführt. Besitzer eines V2G-fähigen Renault 5 können mit einer speziellen Wallbox kostenfrei laden und ihren Fahrzeugakku ins Energiesystem einspeisen. Dieses Angebot soll bald auch in Deutschland und dem Vereinigten Königreich verfügbar sein. Im deutschen Markt gibt es jedoch noch Herausforderungen, wie den langsamen Roll-out von Smart Metern und die Notwendigkeit, einen passenden rechtlichen Rahmen zu schaffen. Der zweite Europäische Gipfel für bidirektionales Laden hat klare Handlungsempfehlungen ausgesprochen, die nun umgesetzt werden müssen. Dazu gehört die Abschaffung der Doppelbelastung von zwischengespeichertem Strom durch Netzentgelte und die Sicherstellung, dass „grüner“ Strom seine Förderansprüche auch bei Zwischenspeicherung im Akku behält. Die Messe „The smarter E Europe“ 2025 wird dem Thema eine eigene Sonderschau widmen, um Chancen und Herausforderungen für die Mobilitäts- und Energiebranche aufzuzeigen. Die Veranstaltung findet vom 7. bis 9. Mai 2025 in München statt und vereint vier Fachmessen: Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe. Die Sonderschau auf „The smarter E Europe“ wird dabei Produkte und Lösungen für das bidirektionale Laden präsentieren und Raum für Austausch und Networking bieten. ## Factbox The smarter E Europe vereint als Europas größte Messeallianz für die Energiewirtschaft vier Fachmessen (Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe) und findet vom 7. bis 9. Mai 2025 auf der Messe München statt. https://www.powertodrive.de/home