Ein Porträt von Cawa Younosi

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9. Apr 2024

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Wirtschaft

„Der Zwang ins Büro ist Killer Nr. 1“ – Interview mit Cawa Younosi

Journalist: Julia Butz

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Foto: Tima Miroshnichenko/pexels, Presse

Im Gespräch mit Cawa Younosi, einem der renommiertesten Personaler Deutschlands und innovativsten Köpfe der HR-Szene.

Herr Younosi, Sie haben sehr erfolgreich Mitarbeiterführung gelebt, gelten als das Gesicht der New Work-Arbeitskultur. Derzeit hört man verstärkt, dass immer mehr Unternehmen die Rückkehr ihrer Mitarbeiter ins Büro erwarten. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Flexibilität steht ganz oben auf der Liste was die Mitarbeiterzufriedenheit und die Unternehmensattraktivität aus macht. Der Zwang ins Büro ist Killer Nr. 1 und die Mitarbeiter z. B. an drei Tagen ins Office pro Woche zu verdonnern, ein absoluter Irrweg. Es gibt so gut wie keine validen Zahlen oder nachvollziehbaren Gründe dafür. Da wird Präsenz mit Performance verwechselt. Also wieder eine Tendenz zu ‚Command und Control‘ anstatt Vertrauen in die eigene Mannschaft zu haben.

Für viele Männer ist das kein Problem, denen zu Hause der Rücken freigehalten wird.

Leider ist es immer noch so, dass der Hauptteil der Care-Arbeit bei Müttern hängen bleibt. Bürozwang ohne Sinn und Verstand geht nur zulasten derer, die es ohnehin nicht einfach haben. Wenn es z. B. um Kinder geht, dann sind das mehrheitlich die Frauen. Das ist noch immer die Realität. Frauen, die ihre Arbeitszeit dank teilweisem Homeoffice aufstocken konnten, wären dann gezwungen, diese wegen langer Pendelwege oder der Kinderbetreuung wieder reduzieren müssen. Was u. a. massive Auswirkungen auf die spätere Rente hat. Auch ist es ein Drama für diejenigen, die in den letzten Jahren von der Hochschule gekommen ist. Die kennen nichts anderes als die flexible Homeoffice-Wahl und werden nun zurück in die Denkmuster der 80er- und 90er-Jahre verfrachtet. Dabei wollen viele Junge ja ins Büro und die soziale Gemeinschaft, die sie aus der WG oder von zu Hause kennen. Aber es macht einen Unterschied, ob ich dies allein bzw. im Team selbstständig entscheiden kann oder dazu verdonnert werde.

Was gehört darüber hinaus zu einer attraktiven Arbeitgebermarke?

Die Peoples Experience in den Mittelpunkt zu stellen ist der Schlüssel: Ein gesundes hybrides Arbeitsmodell und flexible Arbeitszeiten; eine faire Vergütung – unabhängig von Alter und Geschlecht jenseits aller Pay-Gaps. Zu schauen, dass das Thema Teilzeit-/Vollzeit keinen Einfluss auf die persönliche Entwicklung der Mitarbeitenden hat. Auch Führen in Teilzeit und eine Gleichwertigkeit von Führungs- und Fachexperten-Laufbahnen zu ermöglichen. Also eine familienfreundliche, inklusive und wertschätzende Personalpolitik mit einem Mindset, das sehr viel mehr ist als: Du arbeitest, ich zahle Geld.

Das klingt nach einer sehr persönlichen Ebene.

Es ist wichtig, nah am Menschen zu bleiben und ein Verständnis dafür zu entwickeln, dass die Belegschaft nicht abgekoppelt von der Gesellschaft ist. Die Menschen geben ihre Emotionen und Sorgen nicht am Werkstor ab. Besondere gesellschaftliche Ereignisse, wie die Pandemie oder der Krieg in Gaza ¬beschäftigen uns alle. Manche Unternehmen aber haben – wie zuletzt beim Russlandkrieg – sogar verboten, im Betrieb darüber zu reden. Dabei ist es umso wichtiger als Arbeitgeber proaktiv damit umzugehen, Support und eine Plattform für den Austausch anzubieten. Auch das gehört zu den unbezahlbaren Differenzierungsmerkmalen und den ‚moments that matter‘, um Mitarbeiter langfristig zu halten. Auch wenn sie externe Angebote erhalten, bei denen sie vielleicht mehr Geld bekommen.

Sie haben mal gesagt: Key-Treiber für Unternehmensattraktivität ist das Stammpersonal.

Davon bin ich überzeugt. Das beste Employee-Branding ist die eigene Mitarbeiterzufriedenheit. Die Zufriedenheit der Bestandsbelegschaft sorgt schon dafür, dass man viel Geld bei Rekrutierung von neuen Mitarbeitern sparen kann. Das spricht sich rum, da kommen die talents von alleine. Neue Mitarbeiter zu rekrutieren ist wesentlich teurer als zufriedene Mitarbeiter zu halten.

Wie sollten Führungskräfte in einer zeitgemäßen Unternehmenskultur agieren?

Unter anderem, indem Mitarbeitenden auch die Möglichkeit gegeben wird, die eigene Führungskraft zu bewerten und nicht nur umgekehrt. Z. B. mit der Frage: Würdest Du Deine Führungskraft weiterempfehlen? Und dieses Ergebnis muss dann auch transparent im Team präsentiert werden. Somit kann man sicherstellen, dass die Führungskraft den Dreiklang zwischen Mitarbeiterzufriedenheit, Unternehmenserfolg und Kundenerfolg hinbekommt.

Kritiker verbinden damit einen ‚Kuschel-Kurs‘, der zu Lasten der Produktivität geht.

Es ist doch umgekehrt: Erst eine wertschätzende Kultur erzeugt High-Performance. Es ist ein Trugschluss, dass Mitarbeiter angeblich faul werden, wenn man sich um sie kümmert. Wenn ich beständig mit der Peitsche danebenstehe – das hat uns die Geschichte bereits gezeigt – funktioniert das vielleicht maximal kurzfristig. Langfristig erwirkt man Leistungssteigerung nur mit der mentalen und körperlichen Gesundheit der Mitarbeitenden.

Herrscht nicht in vielen Köpfen noch immer das Gefühl: Arbeitskräfte sind immer da?

Fachkräftemangel ist eine Tatsache. Ab 2022 haben sich die Dynamiken durch den Ukraine-Krieg verändert und statistisch eine Delle erzeugt, aber das ist nur eine kurzfristige Entwicklung. Wir wissen, dass es langfristig zu einem Arbeits- und Fachkräftemangel kommt. Diese Erkenntnis ist noch nicht in allen Köpfen durchgedrungen. Dabei ist vieles, was Mitarbeiter glücklich macht, nicht nur eine Frage des Geldes. Sondern eine Frage der Haltung. Wenn ich das Thema Mitarbeiterzufriedenheit an oberste Stelle setze und damit auch meine eigene Vergütung verknüpfe, führt das zu „Happy Employees – Happy Customers“. Dies als Key-Message verstanden zu haben, ist keine Frage von Budget. Denn Menschen, die Spaß haben – dagegen kann einfach niemand konkurrieren.

Interessanter Fakt

Cawa Younosi war Personalchef und Mitglied der Geschäftsführung von SAP Deutschland sowie Global Head of People Experience SAP. Er ist Präsidiumsmitglied im Bundesverband der Personalmanager, im Beirat des Integrations-Start-ups Socialbee und mit über 100.000 Followern auf LinkedIn gefragte HR-Influencer.

23. Okt 2025

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Gesellschaft

„Bewusst Anlegen!“ – Ein Beitrag von Margarethe Honisch, Gründerin der Finanzplattform Fortunalista, Speakerin, Spiegel-Bestseller-Autorin und Finanzkomlumnistin

Die deutsche Anlagekultur könnte kaum vielfältiger sein. Während die Frage nach finanzieller Vorsorge drängender wird als je zuvor, klaffen die Herangehensweisen der Generationen weit auseinander. Generation Z zeigt sich offen, neugierig und digital. Sie informiert sich auf Social Media, tauscht sich auf Plattformen aus und wagt mutig erste Schritte in Richtung Investments, allerdings oft spontan und ohne langfristige Strategie. Die Boomer-Generation hingegen bleibt zögerlich. Viele scheuen das Risiko, vertrauen weiterhin auf altbewährte Sparmodelle oder haben Berührungsängste mit modernen Finanzthemen. Was jetzt zählt, ist ein neues, generationenübergreifendes Money Mindset. Ein Mindset, das nicht nur den Weg zur bewussten Geldanlage ebnet, sondern das Investieren selbst zur Normalität macht. Gerade junge Menschen zeigen dabei, dass Interessen und Hobbys auch ein Schlüssel zu klugen Investitionen sein können. E-Sports und Gaming sind längst keine Randerscheinung mehr, sondern ein globaler Wachstumsmarkt. Wer ohnehin Zeit mit Spielen, Streams oder Turnieren verbringt, kennt die großen Player, die Trends und die Dynamik. Dieses Wissen lässt sich nutzen, um bewusst zu investieren: Welche Hersteller haben die Marktmacht? Wo entwickelt sich der Markt hin? Wer hier reflektiert Entscheidungen trifft, verbindet Freizeit mit Vermögensaufbau und zeigt, dass Investieren dort beginnt, wo man sich auskennt. >Finanzielle Bildung darf kein Luxus sein und Geldanlage kein Thema für wenige Insider bleiben. Es braucht transparente Informationen, Aufklärung und den offenen Dialog, um Investieren für alle zugänglich zu machen. Doch das ist nur ein Beispiel. Die Realität ist: Finanzielle Bildung darf kein Luxus sein und Geldanlage kein Thema für wenige Insider bleiben. Es braucht transparente Informationen, Aufklärung und den offenen Dialog, um Investieren für alle zugänglich zu machen. Denn nur wer lernt, mit Geld reflektiert und strategisch umzugehen, kann echte finanzielle Unabhängigkeit erreichen – bewusst, nachhaltig und generationenübergreifend. Genau gilt es, Wissen zu teilen, Ängste abzubauen und Mut zu machen, den ersten Schritt zu gehen. Denn finanzielle Unabhängigkeit ist kein unerreichbares Ideal, sondern das Ergebnis vieler kleiner, bewusster Entscheidungen. Jede und jeder kann lernen, Verantwortung zu übernehmen für die eigene Zukunft und für die Gestaltung einer neuen, offenen Anlagekultur. Finanzen dürfen kein Tabuthema mehr sein. Wer heute beginnt, bewusst anzulegen, verändert nicht nur das eigene Leben, sondern auch die Perspektiven der nächsten Generation.

23. Okt 2025

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Wirtschaft

Auf dem richtigen Weg – Ein Beitrag von Felix Falk, Geschäftsführer des game – Verband der deutschen Games-Branche

Ende August schlug das Herz der gesamten Games-Welt wieder in Deutschland: Die gamescom, das weltweit größte Games-Event, schloss mit beeindruckenden Rekorden. Damit ging von der gamescom 2025 ein besonders positives Signal für die Games-Branche in Deutschland und weltweit aus. Nach zwei herausfordernden Jahren für die Branche inmitten einer globalen Konsolidierungswelle und angespannter Weltwirtschaftslage konnte man regelrecht spüren, wie sich die Stimmung verbessert. Der große Erfolg der gamescom unterstreicht den lang erwarteten Aufwärtstrend. Auch mit Blick auf die deutsche Games-Branche stimmen mehrere Entwicklungen der vergangenen Monate positiv: Nachdem die Games-Unternehmen viele Jahre unterschätzt wurden und durch schlechte Rahmenbedingungen im internationalen Vergleich bis zu 30 Prozent Kostennachteile hatten, ging es seit 2020 in diesen Punkten zwar endlich aufwärts. Die anhaltenden Probleme und Antragsstopps bei der Games-Förderung des Bundes hatten jedoch zuletzt zahlreiche Games-Unternehmen vor große Herausforderungen gestellt und Deutschland im internationalen Vergleich wieder aus dem Rennen um die besten Games-Standorte geworfen. Die Folge war nach vielen Jahren des Wachstums ein Rückgang bei der Anzahl der Games-Unternehmen und -Beschäftigten. Doch mit dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD kam endlich wieder ein wichtiger Impuls. Die schwarz-rote Koalition würdigt darin nicht nur die umfassenden Potenziale und Vorreiterrolle der Games-Branche. Sie schreibt die Notwendigkeit fest, die internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Games-Standortes zu erhöhen. Keine 100 Tage nach Amtsantritt lässt die neue Bundesregierung, allen voran Games-Ministerin Dorothee Bär, Taten folgen: So sollen die Mittel der Games-Förderung für 2025 auf insgesamt 88 Millionen Euro erhöht werden – ab 2026 jährlich sogar auf 125 Millionen Euro. Diese Erhöhung orientiert sich endlich viel stärker am tatsächlichen Förderbedarf als die bisherige Summe von 50 Millionen Euro, bei der es wiederholt zu mehrmonatigen Antragsstopps gekommen war. Anfang August wurde zudem endlich auch der letzte Förderantragsstopp wieder aufgehoben und damit der Start von mehr neuen Spieleentwicklungen ermöglicht. Der angekündigte Aufbau eines eigenständigen Games-Referats im Forschungsministerium von Dorothee Bär soll zudem wieder die notwendige Handlungsfähigkeit für Games-Projekte innerhalb der Regierung stärken. >Der Games-Markt bleibt wirtschaftlich dynamisch. Investitionen sind daher auch nach einigen holprigen Jahren langfristig attraktiv – zumal weltweit bislang erst etwas mehr als 3 Milliarden Menschen spielen. Auch beim E-Sport wurden wichtige Knoten nach jahrelangem Hin und Her durchschlagen: Ab Anfang 2026 sollen E-Sport-Vereine endlich als gemeinnützig behandelt werden. Vor dem Hintergrund der enormen Popularität von E-Sport und der angekündigten Olympischen E-Sport-Spiele ist diese gesellschaftspolitische Würdigung ein wichtiges Signal für den deutschen E-Sport und die vielen Menschen, die sich bisher schon in diesem Bereich engagiert haben. Der Games-Standort Deutschland ist also wieder auf der richtigen Spur. Die vielen positiven Schritte der vergangenen Wochen und Monate ebnen den Weg bis zur Umsetzung der zusätzlichen steuerlichen Games-Förderung, die den weltweiten Standard darstellt und im internationalen Wettbewerb erfolgsentscheidend ist. Nicht nur wird diese den deutschen Games-Unternehmen mehr Planungssicherheit geben und für sie endlich konkurrenzfähige Rahmenbedingungen wie in erfolgreichen Ländern wie Kanada oder Frankreich schaffen. Wichtig ist die steuerliche Förderung auch für den gesamten Wirtschaftsstandort und sogar den Fiskus. Denn für jeden Förder-Euro entstehen zusätzliche 3,40 Euro an Steuern und Sozialabgaben, 4,80 Euro an zusätzlichen Investitionen sowie 8,70 Euro an Bruttowertschöpfung. Jeder Euro, der in die Games-Förderung fließt, sorgt also für zusätzliche Einnahmen für Deutschland. Jetzt muss es nur noch schnell in die Umsetzung gehen, damit wir dieses enorme Potenzial der Games-Branche auch am Digital- und Wirtschaftsstandort Deutschland nachhaltig nutzen können und den positiven Zukunftsaussichten für Games auch hierzulande nachkommen. Die Rekorde der gamescom, die positiven Weichenstellungen in der deutschen Games-Politik und viele optimistische Wachstumsprognosen zeigen: Der Games-Markt bleibt wirtschaftlich dynamisch. Investitionen sind daher auch nach einigen holprigen Jahren langfristig attraktiv – zumal weltweit bislang erst etwas mehr als 3 Milliarden Menschen spielen. Das wirtschaftliche Potenzial der Games-Branche ist daher noch längst nicht ausgeschöpft, wie wir insbesondere in wachstumsstarken Regionen wie Südostasien und Südamerika mit unseren Formaten gamescom asia und gamescom latam selbst Jahr für Jahr sehen.