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14. Dez 2020

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Wirtschaft

Die Bedeutung der Logistik wächst

Journalist: Armin Fuhrer

Die Pandemie, Phasen wie die Weihnachtszeit und wachsende Ansprüche der Kunden stellt die Branche vor immer größere Herausforderungen.

Die Logistik nimmt in der globalisierten Wirtschaft eine immer wichtigere Rolle ein, und das gilt nicht nur für Pandemiezeiten. Die Ansprüche der Kunden steigen und werden immer individueller – mit der Folge, dass die Dauer, in der Waren und Produkte im Lager verwahrt werden, bevor sie wieder in die Auslieferung kommen, immer kürzer werden. Das ist ohne eine möglichst weitgehende Transparenz gar nicht mehr zu schaffen. Um stets den Überblick über den ständig wechselnden Bestand im Lager zu behalten, ist eine Automatisierung der Prozesse unerlässlich. Dafür gibt es inzwischen eine ganze Reihe von Lösungen auf dem Markt. So können Mitarbeiter mit Handheld-Geräten, Tablets und Wearables ebenso ausgestattet werden, wie mit Computern in den Fahrzeugen, die mit Scannern, RFID-Technologie, Ortsbestimmungssystemen, Druckern und Software kombiniert werden. Anstatt durch die Gänge zu laufen und die angeforderte Ware zu suchen, können die Produkte mit digitalen Hilfsmitteln leicht gefunden werden – das spart Zeit und Geld und erhöht die Produktivität.

Zunehmend wichtig in der Logistik, wie überhaupt in der gesamten Lieferkette, werden Echtzeitdaten und Analysen. Mit ihrer Hilfe können beispielsweise auch einzelne Peaks in der Bestellmenge zum Beispiel in der Weihnachtszeit besser bewerkstelligt werden. Auch Vorkommnisse wie die Hamsterkäufe von Toilettenpapier während der Anfangsphase der Pandemie, zu denen es in Deutschland im Frühjahr 2020 kam, können durch Echtzeitdaten besser ausgeglichen werden. Anhand solcher Echtzeitdaten kann zum Beispiel auch schnell auf die Stornierung eines Auftrags reagiert und so die Gefahr eines unnötigen Arbeitsvorgangs vermieden werden. Das ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil, denn in Deutschland werden pro Jahr fast eine halbe Milliarde Artikel retourniert, wie die Forschungsgruppe Retourenmanagement am Lehrstuhl Betriebswirtschaftslehre der Universität Bamberg errechnet hat. Besonders stark von diesem Kunden-verhalten betroffen ist unter anderem die Textilbranche.

Ohne eine Automatisierung der Prozesse ist eine hohe Produktivität der Materialflüsse unter diesen gestiegenen Anforderungen heutzutage gar nicht mehr zu erzielen. Die Schablone für alle passt aber nur selten, gefragt sind dagegen intelligente Automatisierungslösungen, die an die jeweiligen individuellen Anforderungen angepasst und abgestimmt sind. Denn jedes Lager kann spezielle Anforderungen stellen, und das gilt mindestens genauso für die unterschiedlichen Waren und Produkte. Eins ist klar: Die Logistikbranche kommt um eine Digitalisierung auf dem neuesten Stand der Technik nicht herum. Unternehmen, die hier noch Nachholbedarf haben, sollten sich sputen, denn die Herausforderungen wachsen mit den Ansprüchen der Kunden ständig – auch ohne die Pandemie und Weihnachten.

Digitalisierung der Kommissionierung ohne Vernetzung ist aber nur die halbe Miete. Beispiel Flottenmanagement: Durch die Vernetzung können wertvolle Daten gewonnen werden, mit denen man genau erkennen kann, wann ein Fahrzeug gewartet werden muss. Die Folge: Unnötige Kosten durch einen Ausfall fallen weg. Auch die Sicherheit der Mitarbeiter wird dadurch erhöht.

Apropos Flotte: Fahrzeuge wie moderne Gabelstapler sind in größeren Lagern sehr wichtig für den reibungslosen und raschen Ablauf der Kommissionierungsprozesse. 

Es geht dabei auch, aber längst nicht nur um die Betrachtung der Kosten. Auch andere Aspekte sind für die Intralogistik eines Unternehmens von Bedeutung – und können für eine signifikante Steigerung der Wertschöpfung sorgen. Es reicht heutzutage nicht mehr aus, die Wirtschaftlichkeit der Flotte nach den Kosten pro Betriebsstunde der Fahrzeuge zu er-rechnen, wie das lange der Fall war. Denn bei einer solchen Aufstellung bleibt die effektive Fahrt- und Transportleistung oftmals links liegen. Das sollte sie aber nicht, denn über eine effiziente Fahrleistung können die Personalkosten durchaus signifikant um mehr als ein Viertel gesenkt werden – zum Beispiel, weil eine effektive Flotte weniger Zeit für die Arbeit benötigt und dadurch die Mitarbeiter mehr Arbeit in der gleichen Zeit schaffen. Der Effekt dürfte nicht zu unterschätzen sein, wenn man bedenkt, dass die Kosten für die Mitarbeiter im Durchschnitt rund 90 Prozent der gesamten Kosten eines Unternehmens ausmachen. Und ganz nebenbei können durch effektiv arbeitende Fahrzeuge auch die Kosten für den Energieverbrauch und die Wartung gesenkt werden.

Nicht nur sparsame Fahrzeuge sorgen für Kostensenkung, sondern auch solche, die den Mitarbeiter möglichst gut schonen. Ein Kommissionierer sitzt tägliche viele Stunden auf seinem Fahrzeug – das bringt eine Belastung für den Körper mit sich und kann zu ergonomischen Schäden führen. Und diese wiederum zu langen Ausfallzeiten durch Krankheit. Dieses Problem kann durch eine möglichst ergonomische Gestaltung des Fahrzeugs sicher nicht völlig beseitigt, aber doch immerhin deutlich gemindert werden. Und selbst, wenn der Mitarbeiter sich „nur“ fitter fühlt, steigert das seine Produktivität. Das gleiche gilt, wenn Lärm und Emissionen im Lager auf einem möglichst niedrigen Niveau gehalten werden, denn sie stellen eine andauernde Belastung da.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Warum deutsche Gründlichkeit KI nicht killt, sondern krönt – mit Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH

![Markus Willems-2025 Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Markus_Willems_2025_Online_14a23ae24b.jpg) ``` Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH ``` Die Integration von Künstlicher Intelligenz in die deutsche Wirtschaft erfordert einen strategischen Balanceakt. Unternehmen müssen robuste Dateninfrastrukturen schaffen, in Fachkräfte investieren und eine Innovationskultur etablieren, die KI als Werkzeug versteht, nicht als Bedrohung. Die Absicherung von KI-Modellen gegen Angriffe wie Model oder Data Poisoning verlangt einen ganzheitlichen Ansatz: kontinuierliches Monitoring, regelmäßige Audits und die Implementierung des „Security-by-Design”-Prinzips. Besonders wichtig ist die Nachvollziehbarkeit von KI-Systemen durch transparente Dokumentation der Trainingsverfahren und Datenquellen. „Trustworthy AI” bedeutet im Cybersicherheitskontext konkret: Robustheit gegen Manipulationen, Transparenz in Entscheidungsprozessen und nachvollziehbare Compliance-Mechanismen. Deutschland kann hier durch die Verbindung seiner traditionellen Stärken in Qualitätssicherung mit innovativen KI-Ansätzen Standards setzen – nicht durch übermäßige Regulierung, sondern durch praxisnahe Zertifizierungsverfahren und Best Practice-Richtlinien. Die Cybersicherheitsanforderungen werden zur Chance, wenn sie sich als Qualitätsmerkmal „Made in Germany” etablieren lassen. Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden. Dabei lässt sich die technologische Abhängigkeit von Cloud-Anbietern durch hybride Ansätze reduzieren: Kritische Prozesse können in europäischen Cloud-Infrastrukturen verbleiben, während standardisierte Schnittstellen die Interoperabilität sicherstellen. Entscheidend ist stets die Entwicklung souveräner Kompetenzen für Datenverarbeitung und -analyse, ohne sich vom globalen Innovationsökosystem abzukoppeln. Letztlich wird erfolgreiche KI-Integration in Deutschland davon abhängen, ob es gelingt, Sicherheit nicht als Gegenpol zu Innovation zu begreifen, sondern als deren Fundament. >Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden.