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31. Mär 2025

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Wirtschaft

„Die Bürokratie erstickt die Kreativität“ – mit Frederike Krebs, Environmental Affairs and Sustainability VDMA

Journalist: Armin Fuhrer

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Foto: Presse, VDMA, Connor Lucock/pexels

Der Maschinenbau spielt eine große Rolle für das Funktionieren der Kreislaufwirtschaft. Aber die Politik hemmt die Branche durch zu viele Anforderungen.

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Frederike Krebs, Environmental Affairs and Sustainability VDMA

Die Unternehmen des Maschinenbaus spielen eine doppelte Rolle beim Ausbau der Zirkularität. Die Branche selbst will mit ihren eigenen Produkten möglichst kreislauffähig werden. Das geht über zirkuläre Produktionsprozesse und langlebige Produkte, die zirkulär Updates erhalten können. Aber zugleich ist Kreislaufwirtschaft ohne entsprechende Technologie, die von den Maschinenbau-Unternehmen hergestellt werden, schlicht nicht möglich, betont Frederike Krebs, verantwortlich für Environmental Affairs and Sustainability beim VDMA, dem größten europäischen Branchenverband im Maschinen- und Anlagenbau.

Frau Krebs, wie definieren Sie die Rolle des Maschinenbaus für den Ausbau der Zirkularität?

Wir sind in der Rolle des Enablers – wir stellen die Technologie für andere Unternehmen, mit der sie ihre Produkte nachhaltig herstellen, im Kreislauf führen und recyceln können. Nehmen Sie einen Hersteller von Kunststoffmaschinen, der Verpackungsfolien produzieren und sowohl Neumaterialien als auch Rezyklate verarbeiten. Der Folienhersteller benötigt dafür eine spezielle Maschine, die das Material weiterverarbeitet und dann zum Beispiel zu einer Wurstverpackung macht.

Liegt hier ein lukratives Geschäftsfeld?

Ja, und das läuft auch ganz gut, aber es gibt noch Luft nach oben. Es geht aber gar nicht nur um neue Maschinen, denn die Anschaffung einer Maschine ist eine Investition, die viele Kunden nur alle paar Jahre oder Jahrzehnte tätigen. Es gibt auch großes Potenzial bei zirkulären Serviceleistungen. Eine Idee könnte zum Beispiel sein, neue technologische Komponenten in eine ältere Maschine einzubauen. Große Themen sind auch Refurbishing und Remanufacturing. Selbst in der 30 oder 40 Jahre alten Maschine stecken Materialien, die wieder in den Kreislauf geholt werden können. Wir würden uns hier allerdings mehr Guidance durch die Politik wünschen.

Inwiefern?

Es ist nicht immer klar, welche Materialien in den alten Technologien stecken und ob deren Wiedereinsatz womöglich gegen die aktuelle Stoffregulierung verstößt. Und auch der Sekundärrohstoffmarkt funktioniert noch nicht gut. Das gilt vor allem für den Kunststoff. Denn anders als beim Metall ist es für Unternehmen oft attraktiver, neue Materialien zu verwenden, anstatt Rezyklate – weil Qualität, Quantität und Preis heute noch nicht zusammenpassen.

Die EU-Kommission hat den Clean Industrial Deal vorgelegt, der Unternehmen entlasten soll. Begrüßen Sie ihn?

Das erste Paket, der Green Deal, hat die Unternehmen vor großen Herausforderungen mit seinen Nachhaltigkeits- und Umweltanforderungen gesetzt. Das vorgeschriebene Reporting bedeutet so viel Aufwand, dass es die Kreativität der Unternehmen oft erstickt. Sie würden gerne an neuen Lösungen arbeiten und sind oft auch sehr motiviert, aber sie haben wegen der Bürokratie häufig einfach keine Kapazitäten mehr dafür. Das ändert sich jetzt mit dem zweiten Paket, dem Clean Industrial Deal, hoffentlich und daher sehe ich großes Potenzial in der Branche. Der Maschinenbau ist einfach prädestiniert für die Kreislaufwirtschaft.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Warum deutsche Gründlichkeit KI nicht killt, sondern krönt – mit Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH

![Markus Willems-2025 Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Markus_Willems_2025_Online_14a23ae24b.jpg) ``` Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH ``` Die Integration von Künstlicher Intelligenz in die deutsche Wirtschaft erfordert einen strategischen Balanceakt. Unternehmen müssen robuste Dateninfrastrukturen schaffen, in Fachkräfte investieren und eine Innovationskultur etablieren, die KI als Werkzeug versteht, nicht als Bedrohung. Die Absicherung von KI-Modellen gegen Angriffe wie Model oder Data Poisoning verlangt einen ganzheitlichen Ansatz: kontinuierliches Monitoring, regelmäßige Audits und die Implementierung des „Security-by-Design”-Prinzips. Besonders wichtig ist die Nachvollziehbarkeit von KI-Systemen durch transparente Dokumentation der Trainingsverfahren und Datenquellen. „Trustworthy AI” bedeutet im Cybersicherheitskontext konkret: Robustheit gegen Manipulationen, Transparenz in Entscheidungsprozessen und nachvollziehbare Compliance-Mechanismen. Deutschland kann hier durch die Verbindung seiner traditionellen Stärken in Qualitätssicherung mit innovativen KI-Ansätzen Standards setzen – nicht durch übermäßige Regulierung, sondern durch praxisnahe Zertifizierungsverfahren und Best Practice-Richtlinien. Die Cybersicherheitsanforderungen werden zur Chance, wenn sie sich als Qualitätsmerkmal „Made in Germany” etablieren lassen. Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden. Dabei lässt sich die technologische Abhängigkeit von Cloud-Anbietern durch hybride Ansätze reduzieren: Kritische Prozesse können in europäischen Cloud-Infrastrukturen verbleiben, während standardisierte Schnittstellen die Interoperabilität sicherstellen. Entscheidend ist stets die Entwicklung souveräner Kompetenzen für Datenverarbeitung und -analyse, ohne sich vom globalen Innovationsökosystem abzukoppeln. Letztlich wird erfolgreiche KI-Integration in Deutschland davon abhängen, ob es gelingt, Sicherheit nicht als Gegenpol zu Innovation zu begreifen, sondern als deren Fundament. >Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden.