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11. Dez 2023

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Wirtschaft

Die Deutsche Wirtschaft muss den technologischen Wandel mitgestalten

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Foto: Paul Meixner

Seit Jahren warne ich davor, dass Deutschland sich im Wohlstandsschlaf befindet und im technologischen Wandel den Anschluss verpassen wird. Die disruptiven Technologieplattformen wie Künstliche Intelligenz, 3D-Druck, Robotik und Co. sind verfügbar und entwickeln sich exponentiell. Progressive Technologie-Unternehmen wachsen immer schneller und wer sich jetzt nicht mutig und konsequent erneuert, wird früher oder später im globalen Kontext keine Relevanz mehr haben.

Viele Jahre gehörte Deutschland auch dank unserer Automobilindustrie zu den stärksten Wirtschaftsmächten weltweit. Doch unsere Autobauer haben den Wechsel zur E-Mobilität verschlafen: keinem traditionellen, deutschen Hersteller ist es bislang gelungen, ein profitables E-Auto zu bauen.

Zusätzlich fehlt eigene Software für Produktion und das Betriebssystem des Autos. Ohne eigene Chips ist man an NVIDIA gebunden.

Was unsere Wirtschaft jetzt braucht, sind mutige Gründer, die neue Innovationen vorantreiben und neue Lösungen entwickeln. Die Möglichkeiten waren nie besser: Der Baukasten der Zukunft bietet die notwendigen Werkzeuge, um unser Leben nachhaltiger, sicherer und effizienter zu gestalten.

Deutschland muss wieder zum Innovationstreiber werden, um auch zukünftig an globalen Debatten teilhaben und den Wandel aktiv mitgestalten zu können. Mit der Solarindustrie wäre uns das in den 1990ern schon einmal fast gelungen, doch dann investierte der chinesische Staat progressiv in den Ausbau und verdrängte die deutschen Hersteller vom Markt. Das Gleiche erleben wir gerade im Mobilfunkmarkt. Wir sollten uns kein Beispiel an China nehmen, sondern unsere eigene Innovations-DNA entwickeln. Das betrifft nicht nur unsere Start-up-Szene, sondern auch den Mittelstand: Künstliche Intelligenz wird nahezu jede Industrie um ein Vielfaches effizienter machen und nur digitalisierte Unternehmen werden hiervon profitieren. Für die Zukunft unserer Wirtschaft müssen jetzt alle zusammenkommen: der Staat, die Gründerszene, der Mittelstand und auch unsere Konzerne. Einen Pioniergeist 2.0 nach Porsche, Bosch & SAP.

1. Okt 2025

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Wirtschaft

Die nächsten 24 Monate entscheiden: Deutschland im Transformationsfenster – Ein Beitrag von Prof. Dr. Henning Wilts

An den Begriff „Kreislaufwirtschaft“ haben die meisten Unternehmen lange Zeit einen gedanklichen Haken gemacht: Die eigenen Abfälle werden fachmännisch entsorgt, man hatte seine Hausaufgaben gemacht. Mit der Zeitenwende als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg und seitdem völlig veränderten geopolitischen Rahmenbedingungen hat sich jedoch auch das Verständnis von Kreislaufwirtschaft fundamental verändert: Von „Nice-to-have“ zur Schlüsselherausforderung eines auch mittel- und langfristig wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandorts, der sich schlagartig bewusst wurde, wie abhängig man doch ist von Rohstoffimporten – und der Bereitschaft vieler Länder, den Zugang zu diesen als strategisches Druckmittel zu nutzen. Dementsprechend gewinnen auch zirkuläre Geschäftsmodelle zunehmend an Bedeutung, die von Anfang an mitdenken, wie die Produkte – und damit auch die darin enthaltenen Rohstoffe – am Ende der Nutzungsphase wieder zurückkommen. Immer mehr Unternehmen experimentieren daher mit Pfandsystemen oder Leasingkonzepten – getrieben von der Idee, damit die Resilienz ihrer Rohstoffversorgung zu verbessern. Ein weiterer wichtiger Treiber sind die gesetzlichen Verpflichtungen der Unternehmen, ihre Prozesse klimaneutral aufzustellen – hier ist der Einsatz recycelter Rohstoffe natürlich nicht zum Nulltarif zu haben; auf lange Sicht sind die dafür notwendigen Technologien aber schon deutlich ausgereifter und die Kosten pro eingesparter Tonne CO2 bei entsprechender Skalierung niedriger. Aber obwohl das Thema Kreislaufwirtschaft damit immer stärker auch in den Strategieabteilungen der Unternehmen ankommt, faktisch fehlt es an einer selbsttragenden Innovationsdynamik. Noch immer beträgt das Verhältnis von recycelten Rohstoffen und Gesamtrohstoffbedarf gerade mal 13 Prozent; rechnerisch sind also 87 Prozent aller Rohstoffe noch immer Primärmaterial. Die dafür von vielen genannten Gründe sind einerseits rational: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten fehlt es an finanziellen Ressourcen, um ausreichend in die Transformation zur zirkulären Wertschöpfung zu investieren. Gleichzeitig ist den meisten sehr bewusst, dass Deutschland damit droht, seine eigentliche hervorragende Ausgangsbedingungen in diesem zentralen Zukunftsmarkt zu verspielen. Die Bundesregierung hat vor diesem Hintergrund im Dezember 2024 ihre „Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie“ (NKWS) verabschiedet. Erklärtes Ziel ist es, die Transformation zur Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen. Dafür benennt die Strategie ambitionierte Ziele, beispielsweise die faktische Halbierung des Bedarfs an primären Rohstoffen; im Kern aber vor allem über 130 konkrete Maßnahmen. Diese gehen weit über Abfallwirtschaft hinaus, sondern betreffen z. B. die fokussierte Digitalisierung im Recyclingsektor, innovative Finanzierungsmechanismen oder auch Mindestrezyklatquoten, um so einen sicheren Absatzmarkt für hochwertige Sekundärrohstoffe zu schaffen. Aber natürlich ist Papier geduldig und die eigentliche Herausforderung liegt in der jetzt anstehenden Umsetzung. Ein zentraler Schlüssel wird dabei sein, Allianzen zu schaffen – zwischen all den Akteuren, die in einer Kreislaufwirtschaft profitieren wollen von den erhofften positiven Effekten für Klimaschutz, einheimische Beschäftigung, Aufträgen für den Maschinenbau usw. Die in der NKWS angekündigte Plattform muss es daher schaffen, genau solche Allianzen zu bilden und sich nicht in endlosen Debatten über die 100 Prozent perfekte Lösung zu verlieren – denn die internationale Konkurrenz schläft nicht und es ist überhaupt nicht gegeben, dass die erhofften Vorteile tatsächlich am Standort Deutschland realisiert werden. Die nächsten 24 Monate werden daher maßgeblich darüber entscheiden, ob Deutschland am Ende zu den Gewinnern oder den Verlierern der zirkulären Transformation gehören wird.