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28. Mär 2023

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Wirtschaft

Die Digitalisierung des Agrarsektors

Journalist: Julia Butz

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Foto: Tima Miroshnichenko/pexels

Tradition und Moderne müssen sich nicht ausschließen: Die Agrarwirtschaft entwickelt sich als Vorreiter rasant zu einer digitalisierten Branche.

Geringerer Einsatz von Dünger, Pflanzenschutzmitteln und Energie, Verbesserungen des Tierwohls, Steigerung von Nachhaltigkeit und Produktivität, Arbeitszeiteinsparung und -erleichterung: Das sind laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft für die Landwirte die größten Nutzen der Digitalisierung.

Informatik und Elektronik prägen den landwirtschaftlichen Alltag der Nahrungsmittelproduktion bereits seit vielen Jahren: Digitale Anwendungen ermöglichen die punktgenaue Ausbringung von Dünger und Pflanzenschutzmitteln, miteinander kommunizierende Hightech-Landmaschinen säen, pflegen und ernten und Unterstützungen wie die tierspezifische Datenerfassung, digital gesteuerte Melkmaschinen oder Klimaführungssysteme im Stall sorgen für mehr Tierwohl. Drohnen überwachen den Pflanzenbestand aus der Luft und schützen über Wärmebild-Lokalisierung junge Rehe vor der Heuernte; Wetter-Apps und Datenmanagementsysteme helfen die komplexen und dynamischen Produktionsbedingungen bei Ernte und Bodenbearbeitung zu terminieren. Durch moderne Hard- und Software werden auch die Verbindungen zwischen Traktor und Anbaugerät optimiert und logistisch eingebunden. Als einer der ersten Branchen hat sich die Landwirtschaft GPS-Daten zunutze gemacht, die für Traktoren und selbstfahrende Erntefahrzeuge den Fahrweg optimieren und somit Treibstoff einsparen.

All diese Prozesse werden durch die Erfassung, Analyse und Sortierung von Daten ermöglicht und haben letztendlich dasselbe Ziel: eine Datengenerierung, die Wissen bringt. Ein Wissenspotenzial, das sich immer mehr Betriebe zunutze machen, um dank datenbetriebener Entscheidungshilfen aufwendige analoge und manuelle Prozesse effizienter zu gestalten und Abläufe, die über die Nahrungsmittelproduktion hinausgehen, von Vertrieb bis Marketing zu optimieren. Die Anwendungsgebiete reichen von E-Commerce-Plattformen mit angeschlossenen Warenwirtschaftssystemen und Logistiksteuerung bis zu Customer-Relationship-Management-Systemen.

Gleichzeitig wird laut der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft der Ausbau von Datenschutz und Datensicherheit sowie mehr Transparenz bei der Big-Data-Analyse gefordert, um die durch die digitale Erfassung aller im Produktionsprozess gesammelten Betriebs- und Geschäftsdaten des Landwirtes zu schützen. Begrüßt wird hingegen die Transparenz der Produktionsverfahren und infolgedessen ermöglichte Rückverfolgbarkeit für den Verbraucher, die zu mehr Vertrauen und Wertschätzung für die Landwirtschaft führe.

Um digitale Technologien noch stärker und auch für kleinere Betriebe und Nebenerwerbslandwirte in der Praxis zu verbreiten, ist in den vorwiegend ländlichen Regionen der Ausbau der digitalen Infrastruktur notwendig, ebenso wie eine entsprechende Ausbildung und Beratung für den Einsatz und die Investitionen in die modernen Technologien.

Nach der aktuellen Bitkom-Studie (3/2022) ist die Mehrheit überzeugt, dass die Digitalisierung die Zukunft der Landwirtschaft sichert, denn nur dank ihr sei es möglich, die Herausforderungen der Ertragssicherung bei weniger Einsatz von Chemikalien und gleichzeitiger Schonung von Umwelt und Klima für eine stark wachsende Weltbevölkerung bewältigen zu können.

8 von 10 Betrieben nutzen digitale Techniken, 83 % sehen die aus ihrer Sicht hohen Investitionskosten und 46 % mangelnde Digitalkompetenz als Hemmnis. 92 % betonen das Einsparpotenzial von Dünger und Pestiziden. 96 % wünschen sich einen besseren Breitbandausbau und 80 % höhere Fördergelder (Bitkom-Studie 3/22).

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.