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20. Mai 2020

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Gesellschaft

„Die Digitalisierung macht Quantensprünge“

Journalist: Armin Fuhrer

Die Coronakrise beschleunigt Entwicklungen in der Arbeitswelt, die sich bereits seit einiger Zeit abgezeichnet haben, sagt die Expertin Sandra Navidi.

Viele Leute sehen sehr pessimistisch in die nähere und fernere Zukunft, weil sie der Ansicht sind, die Coronakrise hat der Weltwirtschaft unheilbare Schäden verursacht. Aber liegen nicht grundsätzlich in jeder Krise auch Chancen?

Möglicherweise eröffnet die Coronakrise die Gelegenheit, innerhalb dieses Jahrzehnts den Gesellschaftsvertrag neu zu gestalten, um eine gerechtere Gesellschaft und ein nachhaltigeres Wirtschaftssystem zu schaffen. Zwischenzeitlich werden wir allerdings große Umbrüche sehen, und es steht zu befürchten, dass in dieser Spanne der Anpassung viele Menschen auf der Strecke bleiben werden.

Können wir nach der Krise zum Zustand aus der Zeit vor der Krise zurückkehren? Oder wird vieles anders werden?

Vieles wird anders werden. Die Coronakrise beschleunigt Entwicklungen, die sich bereits seit einiger Zeit abgezeichnet haben. Vor allem die Deglobalisierung wird weiter voranschreiten, die Digitalisierung wird Quantensprünge machen und der politische Protektionismus wird zunehmen.

In welchen Branchen sehen Sie Möglichkeiten, mit Innovationen auf die Krise zu reagieren?

Wir benötigen zuvörderst Innovation in der Gesundheitsbranche. Bedarf besteht insbesondere im Hinblick auf Pharma, Biotech, medizinischen Geräten und Hygiene. Die Tech-Branche kann mit Big Data und künstlicher Intelligenz bei der Bekämpfung, Frühwarnung und Überwachung von Seuchen helfen.

Wie sieht es mit zuletzt boomenden Branchen wie der Immobilienwirtschaft aus?

Die Immobilienbranche ist mit großen Herausforderungen konfrontiert. Einmal, weil wegen des Telecommutings weit weniger Bürofläche benötigt werden wird und auch, weil viele Unternehmen längere Zeit keine Mieten zahlen und in Konkurs gehen werden. Darüber hinaus realisieren Firmen plötzlich, dass keine absolute Notwendigkeit für teuren Büroraum in erstklassigen Lagen besteht, sondern dass es sogar vorteilhafter sein könnte, in Vororte auszuweichen, wo es mehr Platz für Social Distancing und Parkmöglichkeiten gibt.

Welche Rolle sollte der Staat spielen?

Die Rolle des Staates wird häufig unterschätzt. Wichtig ist er im Hinblick auf die Schaffung digitaler Infrastruktur und der Bereitstellung von Finanzmitteln für Innovation. Beispielsweise haben die USA mit DARPA (The Defense Advanced Research Projects Agency), die Teil des Verteidigungsministeriums ist, und neue Militärtechnologien erforscht, bahnbrechende Erfindungen hervorgebracht. Auf DARPA gehen Innovationen zurück, die letztendlich ihren Weg in die zivile Industrie gefunden haben, wie das Internet, GPS und (teilweise) Google. DARPA investiert auch in Start-ups.

Wird sich auch die Arbeitswelt als Folge der Krise verändern?

Die Arbeitswelt wird sich ein ganzes Stück weiter online bewegen. Im Grunde ist die Coronakrise ein Experiment im Telecommuting. Normalerweise hätten Firmen sich nicht auf so weitgehende Heimarbeit eingelassen, aber nun sehen sie mit Erstaunen, wie gut das Arbeiten aus dem Home-Office funktioniert und wieviel effizienter und preisgünstiger dies für sie ist. Natürlich bleibt die Notwendigkeit eines physischen Zusammenkommens bestehen, aber zukünftig müssen Arbeitnehmer vielleicht nur noch drei Tage die Woche im Büro anwesend sein.

9. Jul 2025

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Gesellschaft

Die Herausforderungen des Wohnens heute und morgen – ein Beitrag vin Dr. Christine Lemaitre

Kaum ein Bereich des Lebens ist so individuell und emotional behaftet wie das Wohnen. Die Gestaltung des eigenen Zuhauses spiegelt unsere Persönlichkeit wider, zeigt, worauf wir Wert legen und was wir bereits erlebt haben. Die eigenen vier Wände bieten Sicherheit und sind Orte der Entspannung. Nun rückt das Thema Wohnen in der aktuellen Debatte immer wieder in den Fokus. Es herrscht ein Mangel insbesondere an bezahlbarem Wohnraum und das in allen Schichten der Gesellschaft. Gründe dafür gibt es viele, darunter der Bevölkerungswachstum, Binnenwanderung und gestiegene Baukosten. Lösungsansätze sind vorhanden, die nicht nur angesichts der politischen Klimaziele im Einklang mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz umgesetzt werden müssen. Denn die Auswirkungen des Klimawandels sind längst spürbar. Die Baubranche steht als einer der Hauptverursacher klar in der Pflicht, Gebäude und Außenräume wieder für den Menschen zu planen und auf eine langfristige, qualitätsvolle Nutzung auszulegen. Das größte Potenzial, um Ressourcen und CO2 einzusparen, bieten der Erhalt und bei Bedarf die Umnutzung bestehender Gebäude, wodurch auch gleich die baukulturelle Identität des Ortes bewahrt wird. Gerade in Städten, wo der Wohnraum besonders knapp ist, stehen Flächen leer deren ursprünglich vorgesehene Nutzung nicht mehr benötigt wird. Durch Offenheit und Mut kann hier etwas ganz Besonderes entstehen. Nachhaltige Strategien wie Suffizienz und Lowtech bieten sowohl im Neubau als auch im Bestand reizvolles Innovationspotenzial. Mit dem Suffizienz-Gedanken geht die Frage einher, wie viel genug ist. Sie sollte immer wieder gestellt werden, um abzuwägen, was bezüglich Fläche, Material und Gebäudetechnik wirklich gebraucht wird. Wer hier einspart, übernimmt Verantwortung. Das gesparte Geld lässt sich an anderer Stelle beispielsweise zugunsten einer hohen Qualität und guter Gestaltung sinnvoll investieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist Flexibilität, um auf sich ändernde Lebenssituationen reagieren zu können. Diese Ansätze sind wie geschaffen für einen neuen, zukunftsweisenden Trend beim Planen, Bauen und Erhalten von Gebäuden. Hilfestellung zur Umsetzung kann das speziell für kleine Wohngebäude entwickelte Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen geben. Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Neben dem ganz eigenen, individuellen Rückzugsraum, bestückt mit liebgewonnenen Möbelstücken und Accessoires, entsteht dadurch ein besonderer Wert, nämlich der der körperlichen und geistigen Gesundheit. >Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Als Non-Profit-Verein setzen wir uns bei der DGNB für die nachhaltige Transformation der Bau- und Immobilienwirtschaft ein. Wir klären auf, leisten Hilfestellung und sensibilisieren für ein verantwortungs- und qualitätvolles Bauen und Betreiben von Gebäuden. Das DGNB-Zertifizierungssystem verhilft dabei allen am Bau Beteiligten zu einem gemeinsamen Verständnis darüber, welche Möglich- aber auch Notwendigkeiten das nachhaltige Bauen mit sich bringt, um einen positiven Beitrag für Mensch, Umwelt und Wirtschaftlichkeit zu leisten.