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7. Okt 2020

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Wirtschaft

Die Energie der Zukunft

Journalist: Jörg Wernien

Die Bundesrepublik Deutschland steht an einer entscheidenden Stelle, sie stellt jetzt die Weichen für die Nutzung des Energieträgers Wasserstoff. Es soll ein sauberes Zeitalter werden. Wir haben mit Frau Dr. Christiane Averbeck von der Klima-Allianz Deutschland über die neue Zukunft von H2  gesprochen.

Im Juni hat die Bundesregierung ihre nationale Wasserstoffstrategie be-schlossen. Es wurde ein Rahmen für die künftige Erzeugung, den Transport und die Nutzung von H2 definiert. Frau Dr. Averbeck, reicht das aus, um das Thema wirklich angemessen zu fördern?

Die nationale Wasserstoffstrategie (NWS) ist ein wichtiges Signal für mehr Klimaschutz. Eine ambitionierte, nachhaltige Wasserstoffstrategie könnte die dringend nötigen Emissionsminderungen bei der Stahl- und Chemieproduktion sowie im Flug- und Schiffsverkehr ermöglichen. Damit wir die Klimaneutralität noch vor 2050 erreichen, muss die Produktion von grünem Wasserstoff aus erneuerbaren Energien jetzt gefördert werden. Leider verpasst es die NWS, Anwendungsbereiche zu priorisieren. Nachhaltigkeitskriterien werden nicht klar benannt und die Rolle des blauen Wasserstoffs nicht konkretisiert. Angesichts der vielen Prüfaufträge ist es zu früh, die Angemessenheit zu bewerten. Hier wird es auch auf die Empfehlungen des Nationalen Wasserstoffrats ankommen.

Für die Klima-Allianz Deutschland ist grüner Wasserstoff das Mittel der letzten Wahl – wie ist das gemeint?

Die Herstellung von grünem Wasserstoff ist aufwändig, ineffizient, ressourcenintensiv und teuer – was auch langfristig so bleiben wird. Kurz- bis mittelfristig steht grüner Wasserstoff nur in sehr geringen Mengen zur Verfügung, weil schlicht-weg die nötigen erneuerbaren Energien fehlen. Andere Klimaschutztechnologien sind daher stets zu priorisieren. Allen voran heißt das: Einsparung und Effizienz. Wo immer möglich, müssen erneuerbare Energien in Form von Strom direkt genutzt werden. Wasserstoff im PKW- und Wärmebereich sind ein klimapolitischer Irrweg. Erst in Bereichen, wo direkte Stromnutzung nicht möglich ist, kommen der grüne Wasserstoff und seine Folgeprodukte ins Spiel. 

Müsste das nicht mit einer weitgehenden und zusätzlichen Förderung der Windenergie einhergehen?

Ja! Wer von grünem Wasserstoff spricht, darf nicht von den erneuerbaren Energien schweigen, sie sind das Rückgrat eines klimaneutralen Energiesystems. Dementsprechend braucht es einen schnelleren und ambitionierteren Ausbau, weit über die jetzigen Ziele hinaus. 

Absehbar können wir in Deutschland gar nicht so viel grünen Wasserstoff produzieren, wie vermutlich benötigt wird. Eine Chance für die Maghreb-Staaten, wie zum Beispiel Marokko?

Einen großen Teil des benötigten Wasserstoffs werden wir importieren. Aus ökonomischer Sicht scheinen Länder mit geringen erneuerbaren Stromkosten, beispielsweise Marokko, gut geeignet. Allerdings müssen solche Vorhaben in erster Linie der lokalen Bevölkerung zugutekommen. Ein Beispiel: Der Afrikabeauftragte der Kanzlerin Günther Nooke (CDU) versucht aktuell, die Produktion von grünem Wasserstoff für den deutschen Markt in der Demokratischen Republik Kongo anzuschieben. Dafür soll der Riesenstaudamm Inga 3 gebaut werden, was jedoch zu Zwangsumsiedlungen sowie enormen ökologischen Schäden vor Ort führen und weder Strom noch Jobs für die lokale Bevölkerung schaffen würde. Es kommt also darauf an, wie die künftigen Projekte und Import-Export-Beziehungen ausgestaltet sind. Dafür gilt es, ambitionierte Nachhaltigkeitsstandards für die Produktion von grünem Wasserstoff zu entwickeln und umzusetzen, Kooperationen auf Augenhöhe einzugehen und dabei lokale Zivilgesellschaft und KMUs mitzunehmen und zu stärken. 

Welche weiteren Bedingungen müssen Deutschland und die EU dafür auf den Weg bringen?

In Deutschland brauchen wir bis 2030 mindestens 75 Prozent erneuerbare Energien. Für den Wasserstoff als globales Handelsgut brauchen wir EU-weit einheitliche, klare und strikte Nachhaltigkeitsstandards und Herkunftsnachweise. Und es müssen jetzt schon international abgestimmt die Transport-Infrastrukturen aufgebaut werden. 

Ein Blick in die Zukunft – wie sieht unsere CO2-Bilanz und unsere Welt im Jahr 2030 aus?

2030 wird sich entscheiden, ob wir die Pariser Klimaziele einhalten können. Ich würde mir deshalb wünschen, dass die EU und Deutschland 2030 ihre – im Jahr 2020 auf 65 Prozent erhöhten, Klimaziele – vorrangig durch Energieeffizienz und den Ausbau der erneuerbaren Energien einhalten konnten. Zwar spielte Wasserstoff bis dahin kaum eine Rolle, durch vorausschauende Planung sind jedoch die Weichen so gestellt, dass er einen Beitrag zur Emissionsminderung und zum wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands leisten kann.

30. Apr 2025

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Wirtschaft

Bidirektionales Laden spart Milliarden , Elektroautos können viel mehr, als „nur“ leise und ohne Abgase zu fahren

Mit bidirektionaler Ladetechnologie (BiDi) können sie Strom speichern und ins Netz zurückspeisen. Eine aktuelle Studie von Transport & Environment (T&E) zeigt, dass dies für Europas Energieversorger und Autofahrer Einsparungen in Milliardenhöhe ermöglichen könnte. Die Einsparungen resultieren aus einer effizienteren Nutzung der Erzeugungskapazitäten und einem geringeren Kraftstoffverbrauch. Um das Potenzial dieser Technologie zu nutzen, sind jedoch geeignete regulatorische Rahmenbedingungen notwendig. Laut der T&E-Studie könnte das Einsparpotenzial für Energieversorger und Verbraucher in der EU bis zu 22 Milliarden Euro jährlich betragen, was etwa acht Prozent der Kosten für das EU-Energiesystem entspricht. Von 2030 bis 2040 könnte die BiDi-Technik EU-weit mehr als 100 Milliarden Euro einsparen, allein in Deutschland bis zu 8,4 Milliarden Euro jährlich. Ein Grund für die hohen Einsparungen ist die Möglichkeit, mehr Strom aus erneuerbaren Quellen, insbesondere Solarstrom, in das Energiesystem zu integrieren. Die Nutzung der Fahrzeugakkus könnte den Bedarf an teureren stationären Speichern in der EU um bis zu 92 Prozent senken und die installierte PV-Leistung um bis zu 40 Prozent steigern. Die Halter von Elektrofahrzeugen profitieren direkt vom bidirektionalen Laden, da sie mit geringeren Stromkosten rechnen können. Zudem dürfte die Lebensdauer der Fahrzeugakkus durch optimiertes Laden steigen. In Frankreich haben The Mobility House und Renault beispielsweise das erste Vehicle-to-Grid (V2G)-Angebot eingeführt. Besitzer eines V2G-fähigen Renault 5 können mit einer speziellen Wallbox kostenfrei laden und ihren Fahrzeugakku ins Energiesystem einspeisen. Dieses Angebot soll bald auch in Deutschland und dem Vereinigten Königreich verfügbar sein. Im deutschen Markt gibt es jedoch noch Herausforderungen, wie den langsamen Roll-out von Smart Metern und die Notwendigkeit, einen passenden rechtlichen Rahmen zu schaffen. Der zweite Europäische Gipfel für bidirektionales Laden hat klare Handlungsempfehlungen ausgesprochen, die nun umgesetzt werden müssen. Dazu gehört die Abschaffung der Doppelbelastung von zwischengespeichertem Strom durch Netzentgelte und die Sicherstellung, dass „grüner“ Strom seine Förderansprüche auch bei Zwischenspeicherung im Akku behält. Die Messe „The smarter E Europe“ 2025 wird dem Thema eine eigene Sonderschau widmen, um Chancen und Herausforderungen für die Mobilitäts- und Energiebranche aufzuzeigen. Die Veranstaltung findet vom 7. bis 9. Mai 2025 in München statt und vereint vier Fachmessen: Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe. Die Sonderschau auf „The smarter E Europe“ wird dabei Produkte und Lösungen für das bidirektionale Laden präsentieren und Raum für Austausch und Networking bieten. ## Factbox The smarter E Europe vereint als Europas größte Messeallianz für die Energiewirtschaft vier Fachmessen (Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe) und findet vom 7. bis 9. Mai 2025 auf der Messe München statt. https://www.powertodrive.de/home