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16. Dez 2022

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Wirtschaft

Die Ernährungswende steht erst am Anfang

Journalist: Julia Butz

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Foto: Presse

Ein Interview mit „Veggie-Visionär“ Godo Röben über alternative Proteinquellen und den Status quo im veganen Markt.

Weniger Emissionen, weniger Energieaufwand, mehr Tierwohl und mehr freies Ackerland: Verzicht oder Reduzierung tierischer Rohstoffe gilt als die Lösung, um Klima und Umwelt dauerhaft zu schonen und die Welternährung zu sichern. Der Verzicht auf zu viel Fleisch wird daher nicht mehr nur als Trend angesehen, sondern als der Beginn einer notwendigen globalen Ernährungsumstellung.

Godo Röben, Vorsitzender des Verbandes für alternative Proteinquellen e. V. BALpro, sieht die Weichen für die Ernährungswende gestellt: „Wir stehen allerdings erst am Anfang. 73 Prozent der Verbraucher geben bereits an, Fleischalternativen zu essen. Der Sinn dahinter ist also inzwischen jedem bewusst. Vergleichen wir die aktuelle Situation mit der Energie- oder Mobilitätswende - dies hat auch 40-60 Jahre gedauert - befinden wir so gesehen, gerade in den 80er-Jahren.“ Als Geschäftsführer Marketing, Forschung und Entwicklung bei Fleischereibetrieb Rügenwalder Mühle war Godo Röben maßgeblich daran beteiligt, die vegetarische und vegane Wende voranzubringen. „Als wir vor ca. acht Jahren damit begonnen haben, fleischfreie Lebensmittel zu konzipieren, standen Aussehen, Geschmack und Konsistenz im Vordergrund. Um den Verbraucher zu überzeugen und Hemmschwellen abzubauen, sollte sich die Alternative äußerlich nicht von einem Fleischprodukt unterscheiden.“ Inzwischen dreht es sich nicht mehr allein um Aussehen und Geschmack. „80 Prozent der veganen Produkte sind noch nicht perfekt. Die Liste der Zusatzstoffe ist zu lang, die Rohstoffe kommen aus aller Welt.“, so Godo Röben. „Als Berater für die verschiedensten Akteure der Lebensmittelbranche unterstütze ich dabei, zukünftig ohne Zusatzstoffe auszukommen, mit sehr viel mehr Rohstoffen aus Deutschland zu arbeiten, den Fettanteil zu reduzieren und den Nährstoffgehalt zu erhöhen.“

Godo Röben ist sich sicher, dass die Ernährungswende in den nächsten 20, 30 Jahren das spannendste Thema, nicht nur in der Lebensmittelwirtschaft, sein wird. „Das 1,5 Grad Klimaziel ist nicht einzuhalten, vor allem da wir uns aufgrund der aktuellen Energiekrise sogar rückwärtig orientieren.“ Nach aktueller Studie der Boston Consulting Group sind Fleischalternativen die beste Klimaschutzmaßnahme und gelten als bis zu 11 x effektiver als z. B. Investitionen in die Mobilitätswende. „Wir müssen mit Vollgas in die Ernährungswende“, sagt Godo Röben. Und dies umfasse nicht nur fleischlose Lebensmittel, sondern alle tierischen Rohstoffe, von Ei, Käse und Molkereiprodukten bis hin zu Fisch und Garnelen. Um auch eine ausreichende Breitenwirkung zu erzielen, sei aber die Politik gefragt und müsse regulierend eingreifen, z. B. mit einer Mehrwertsteuersenkung: „Erst mit einer Preisparität, wenn Ersatzprodukte genauso günstig sind wie tierische, wird auch die breite Masse an Verbrauchern erreicht. Eine gesunde und nachhaltige Wahl muss zukünftig auch die günstigere Wahl sein.“

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.