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14. Okt 2020

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Wirtschaft

Die Landwirte im Spagat zwischen Klimawandel und Digitalisierung

Journalist: Jörg Wernien

Gerade erst hat sich die Zukunfts-Kommission, bestehend aus Vertretern der Politik, der Landwirtschaft und der Umweltverbände, zum ersten Mal getroffen. In zwei Jahren soll ein Konzept für eine „grüne“ Landwirtschaft erarbeitet werden. Wir haben mit Joachim Rukwied, dem Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes, über die aktuellen Probleme, wie Klimawandel, Ernteausfälle, Digitalisierung und Nachhaltigkeit gesprochen.

Herr Rukwied, ganz aktuell, gerade wurde die Erntebilanz mit teils schlimmen Ergebnissen für die Landwirte vorgestellt. Wie ist die Situation insgesamt?

Wir haben erneut eine unterdurchschnittliche Getreideernte mit starken regionalen Unterschieden eingefahren. Für einige Bauern ist 2020 das dritte Dürrejahr in Folge. Die Preise sind nach wie vor unter Druck. Das belastet die Liquidität der Betriebe. Zudem fehlen zum Teil die Futtergrundlagen für die Tiere für die Wintermonate.

Trockenheit und Klimawandel – wie wer-den die Landwirte damit umgehen können, welche Art von Lösungen gibt es?

Die Landwirtschaft in Deutschland ist seit Jahren in einem Veränderungsprozess hin zu noch mehr Nachhaltigkeit. Als Deutscher Bauernverband haben wir eine eigene Klimastrategie erstellt, in der wir uns selbst Emissionsreduktionsziele setzen. Wir setzen beispielsweise verstärkt auf bodenschonende und wassersparende Anbauverfahren, wie Mulchsaat, sähen Zwischenfrüchte und unterstützen damit die Humusbildung. Außerdem optimieren wir den Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln – dabei helfen verstärkt digitale Techniken.

In den letzten Jahren half der Bund mit Ausfallgeldern, muss man nicht bei den Landwirten über eine Ausfallversicherung nachdenken? Und wie könnte die aussehen?

Wir sehen in einer Mehrgefahrenversicherung, die auch Schäden durch Trockenheit abdeckt, eine zusätzliche Möglichkeit, das eigenbetriebliche Risikomanagement zu stärken. Das wird aber nur funktionieren, wenn sich Bund und Länder mit einer Anschubfinanzierung beteiligen. In anderen Ländern wurde das bereits erfolgreich praktiziert.

Einige Bauern experimentieren mit anderen Früchten – werden wir in der Zukunft ganz andere Früchte, Getreide und Gemüse anbauen?

Wir Bauern diversifizieren – was be-deutet, dass wir schon heute verschiedene Kulturen auf unseren Feldern anbauen. Unterschiedliche Fruchtfolgen sind auch förderlich für die Bodengesundheit. Um auf den Klimawandel reagieren zu können, brauchen wir dringend neue Züchtungstechniken, wie etwa CrisprCas (Technik der Genschere), damit wir rasch hitze- und trockenheitsresilienteren Sorten bekommen.

Kaum eine Branche setzt so vehement  auf die Digitalisierung wie die Landwirtschaft – doch was bringt die neue  Technik ohne eine flächendeckende  Netzabdeckung?

In unseren Ställen und auf unseren Feldern, selbst in den Weinbergen sind schon jetzt digitale Techniken nicht mehr wegzudenken. Diese werden zukünftig vor allem beim Tierwohl oder beim Umwelt- und Klimaschutz noch stärker unterstützend zum Einsatz kommen. Da-für brauchen wir dringend im gesamten ländlichen Raum flächendeckend, schnelle Breitbandnetze und stabile Mobilfunkverbindungen.

Neue Technik kostet Geld, können sich kleinere Betriebe das überhaupt leisten oder müssten nicht dafür Genossenschaften gebildet werden?

Die schwachen Betriebsergebnisse der letzten Jahre haben tatsächlich erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung der Betriebe. Laut Konjunkturbarometer Ag-rar des Deutschen Bauernverbandes sind derzeit nur etwa 30 Prozent der Bauern bereit Investitionen zu tätigen. Das ist ein niedriger Wert und zeigt die Verunsicherung der Bauern. Ein Ansatz für kleinere Betriebe sind Maschinenringe oder die Dienstleistung von Lohnunternehmen.

Wo steht die Landwirtschaft digital im Jahr 2025?

Kein Zweifel – Landwirtschaft wird sich weiter digitalisieren und vernetzen. Künstliche Intelligenz wird die Arbeit in den Betrieben unterstützen, gerade beim Thema Nachhaltigkeit und Tierwohl.  Die Entwicklung ist so rasant, so dass es schwerfällt, eine genaue Vorhersage  zu treffen.

Tierwohl, Nachhaltigkeit, Klimawandel – würden Sie sagen, wir schaffen das?

Das sind enorme Herausforderungen für uns Bauern. Wir gehen alle Themen intensiv an. Beim Tierwohl unterstützen wir die Vorschläge der Borchert-Kommission zu einem Umbau der Tierhaltung in Deutschland. Entscheidend ist, dass dieser Umbau finanziert wird und die Landwirte nicht auf der Strecke bleiben. Wir werden zukünftig noch nachhaltiger wirtschaften. Damit beteiligen wir uns auch daran, den Klimawandel abzumildern.

11. Sep 2024

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Wirtschaft

4 Gütesiegel in der Landwirtschaft

**AMA-Siegel – staatlich geprüft** Das AMA-Gütesiegel ist das bekannteste österreichische Gütesiegel, dessen Grundlage das österreichische AMA-Gesetz von 1992 ist. Es zeichnet konventionell erzeugte Lebensmittel aus, die nach strengen Kriterien in Bezug auf Qualität, Herkunft und Sicherheit produziert wurden. Neben nachvollziehbarer österreichischer Herkunft gehören dazu Anforderungen an die Tierhaltung, den Einsatz von Futtermitteln und die Hygiene in den Verarbeitungsbetrieben. Das ganzheitliche Qualitätssicherungsprogramm basiert auf strengen Kontrollen entlang der gesamten Produktionskette – vom Bauernhof bis zur Theke. So werden sämtliche AMA-Produkte in einem dreistufigen Kontrollprozess aus Eigenkontrolle, externer Kontrolle und stichprobenartiger Überkontrolle geprüft. Die Anforderungen an die Produkte gehen über die gesetzlichen Bestimmungen hinaus, welche in den jeweiligen Richtlinien geregelt sind. Bei den Tierschutzstandards gibt es freiwillige Zusatzmodule. Vergeben wird das Gütesiegel von der Marktordnungsstelle Agrarmarkt Austria (AMA) im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags. Weiterführende Informationen unter: amainfo.at ![artem-beliaikin-8wtuWVzQbpE-unsplash.jpg](https://fra1.digitaloceanspaces.com/cwbucket/artem_beliaikin_8wtu_W_Vz_Qbp_E_unsplash_ec4014f31a.jpg) (c) Artem Beliaikin/unsplash **Bio Austria – mehr Bio geht kaum** Das Bio Austria-Gütesiegel kennzeichnet eine breite Palette von pflanzlichen und tierischen Bio-Lebensmitteln und steht für höchste Qualität, umfassende Nachhaltigkeit und ethische Verantwortung. So geht das vom Anbauverband österreichischer Biobauern herausgegebene Label deutlich über die Mindestanforderungen des EU-Bio-Siegels hinaus. Der gesamte Betrieb muss biologisch bewirtschaftet werden und es gelten strengere Kriterien bei Art, Ausmaß und Zeitpunkt des Einsatzes von biologischen Pflanzenschutz- und Düngemitteln sowie für Futtermittelimporte. Hierzu gehört beispielsweise der Verzicht auf chemisch-synthetische Pestizide und Düngemittel, die Förderung von Biodiversität sowie der Einsatz von gentechnikfreiem Saatgut und Futtermitteln. Im Bereich der Tierhaltung legt das Siegel besonderen Wert auf artgerechte Bedingungen, wie ausreichend Platz und Bewegung sowie Zugang zu Freiland. Die Futtermittel stammen primär aus Österreich, Rinder bekommen im Vergleich zu gewöhnlichem Bio deutlich weniger Kraftfutter. Zu finden ist das Siegel hauptsächlich auf direkt vermarkteten Bio-Produkten in Hofläden, Bauernmärkten aber auch in Supermärkten. Weiterführende Informationen unter: www.bio-austria.at ![pexels-pixabay-164504.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/pexels_pixabay_164504_c2df8ec61d.jpg) (c) Pixabay/pexels **Tierwohl kontrolliert - Haken dran** Die Gütezeichen “Tierwohl kontrolliert” steht für biologische Tierhaltung, welche über die EU-Bio-Verordnung hinausgeht. Es kennzeichnet Lebensmittel bei deren Herstellung das Wohl der Tiere im Mittelpunkt steht. Dazu gehören artgerechte Haltung, wiederkäuergerechte Fütterung und der Ausschluss von qualgezüchteten Rassen. Es gibt zwei Varianten des Siegels. “Tierwohl kontrolliert 2 Häkchen“ kennzeichnet diverse Verbesserungen im Tierhaltungs-Standard des biologischen Landbaus aber erreicht noch nicht den höchsten möglichen Standard. Es werden konkrete Richtlinien für Mast- und Milchrinder sowie Mastschweine definiert. Das Siegel “Tierwohl kontrolliert 3 Häkchen“ steht für noch strengere Anforderungen und bietet den Tieren erheblich mehr Platz und noch bessere Lebens- und Schlachtbedingungen. Neben Richtlinien für Mastschweine, Mast- und Milchrinder gibt es weitere für Legehennen, Masthühner und -enten sowie Milchschafe und -ziegen. Jede Richtlinie unterliegt einer permanenten Evaluierung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse sowie Kontrollergebnissen aus Tierhaltung, Landwirtschaft und Verarbeitung. Siegel-Herausgeber ist die Gesellschaft !Zukunft Tierwohl! Weiterführende Informationen unter: www.zukunfttierwohl.at ![daniel-leone-LXQx98FPPQ4-unsplash.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/daniel_leone_LX_Qx98_FPPQ_4_unsplash_7a422f1f60.jpg) (c) Daniel Leone/unsplash **Geschützte Ursprungsbezeichnung – sicher vermarktet** Das EU-Kennzeichen "geschützte Ursprungsbezeichnung" (g.U.) garantiert, dass die Erzeugung, Verarbeitung und Zubereitung von Erzeugnissen in einem bestimmten geografischen Gebiet nach festgelegten Herstellungsverfahren erfolgt ist. Die Lebensmittel, Weine und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnisse weisen somit aufgrund ihrer Herkunft und spezieller Produktionsverfahren besondere Eigenschaften und Qualitäten auf. So dürfen beispielsweise der Tiroler Graukäse (g.U.), die Pöllauer Hirschbirne (g.U.) oder die Steirische Käferbohne (g.U.) mit dem geschützten geografischen Namen bezeichnet und vermarktet werden. Jeder Verarbeitungsschritt – also Erzeugung, Verarbeitung und Zubereitung – muss dabei in der jeweiligen Region erfolgen. Gebiet und Herstellungsverfahren sind in einer Produktspezifikation festgelegt. Das Siegel zielt darauf ab, traditionelle Herstellungsverfahren zu bewahren, die Produzenten vor Nachahmung zu schützen und ihnen einen Marktvorteil bei der EU-weiten Vermarktung zu verschaffen. Vergeben wird das Siegel von der Europäischen Kommission in Zusammenarbeit mit einer nationalen Behörde. Weiterführende Informationen unter: www.svgh.at ![alexander-maasch-KaK2jp8ie8s-unsplash.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/alexander_maasch_Ka_K2jp8ie8s_unsplash_59dbc11c7a.jpg) (c) Alexander Maasch/unsplash