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28. Mär 2023

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Wirtschaft

Die Landwirtschaft der Zukunft ist digital

Journalist: Armin Fuhrer

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Foto: Shutterstock, Presse

Die Transformation erfasst mehr und mehr Felder, Ställe und Gewächshäuser, erklärt der Experte Andreas Schweikert vom Branchenverband Bitkom.

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Andreas Schweikert ist Bereichsleiter für die Digitalisierung in der Landwirtschaft beim Branchenverband Bitkom; Foto: Presse

Die Landwirtschaft gilt allgemein als ein etwas konservativer Industriezweig. Können Sie das mit Blick auf den Stand der Digitalisierung bestätigen?
Nein, gar nicht. Ich nehme sie im Gegenteil als sehr innovationsfreudig und technologieoffen wahr. Das ist aber eigentlich auch gar nicht überraschend, denn man muss sich nur vor Augen halten, wie Landwirtschaft vor 50 oder 60 Jahren aussah und das mit heute vergleichen – man erkennt sofort, dass sich sehr viel getan hat. Das kann man auch an Zahlen ablesen: 1960 hat ein Landwirt 17 Personen ernährt, heute sind es mehr als 130. Eine solche Steigerung bekommt man nur hin, wenn man neue Technologien einsetzt. Und in diese Entwicklung gehört auch die Digitalisierung.

Wie sieht es denn mit der Digitalisierung auf dem Feld aus?
Eine Bitkom-Umfrage aus diesem Jahr ergab, dass 80 Prozent der Landwirtinnen und Landwirte bereits digitale Technologien einsetzen. Das ist schon sehr viel. Es gibt allerdings sehr große Unterschiede. Unter solche Technologien fallen niedrigschwellige Agrar-Apps zum Wetter-Check oder auch die Digitalisierung des Büros, zum Beispiel Software zur Dokumentation von Maßnahmen auf dem Schlag. Ebenso wird aber die teilflächenspezifische Ausbringung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln möglich. Sie erfordert eine Kombination verschiedener digitaler Anwendungen.

Was verbirgt sich dahinter?
Das bedeutet, dass man ein Feld nicht mehr als homogene Fläche ansieht, sondern erkennt, dass sich Bodenqualität, Nährstoffgehalt und Ertragspotenzial innerhalb der Fläche stark unterscheiden können. Früher ging der Landwirt oder die Landwirtin einfach mit dem Pflanzenschutzmittel großflächig über das Feld. Heute gibt es dafür sehr gute Technologien. So können über Satellitenbilder Karten erstellt werden, die anzeigen, wie das Feld an unterschiedlichen Stellen beschaffen ist. Die Landwirtin bzw. der Landwirt speist diese in die hochmoderne Landmaschinen, zum Beispiel einen Düngerstreuer oder eine Pflanzenspritze, ein, die mit den Daten die notwendigen Mengen automatisiert in den unterschiedlichen Bereichen zielgenau ausbringen.

Welche Vorteile hat so ein modernes Verfahren?
Es spart Kosten und für die Umwelt ist das ein bedeutender Fortschritt. Denn weil man das Pflanzenschutzmittel viel gezielter einsetzt, muss man auch deutlich weniger ausbringen, nämlich bis zu 90 Prozent. Bei Düngemittel beträgt die Einsparung rund zehn Prozent. Diese Technologien sind viel komplizierter als eine App. Man benötigt die Software und die Landmaschine, die die Daten umsetzt, den GPS-gesteuerten Traktor, der exakt die vorgegebene Spur einhält und die automatische Dokumentation der Arbeitsvorgänge. Solche Technik nutzen laut unserer Umfrage immerhin bereits rund ein Viertel der landwirtschaftlichen Betriebe. Das ist schon gut, aber wir müssen noch deutlich besser werden.

Sind auch Roboter auf dem Feld vorstellbar?
Ja. Das Thema Agrarroboter hat in den letzten Jahren sehr stark an Fahrt gewonnen. Es ist derzeit noch offen, in welche Richtung die Geschäftsmodelle gehen werden. Denkbar ist die Digitalisierung des Anbaugeräts, zum Beispiel der Sä- oder Erntemaschinen. Das kann man sich wie kleine Agrarroboter vorstellen, die auf dem Feld herumfahren und autonom arbeiten. Ebenso gibt es bereits die ersten Modelle von fahrerlosen Traktoren.

„Das Thema Agrarroboter hat in den letzten Jahren sehr stark an Fahrt gewonnen.“

Gehen wir vom Feld ins Gewächshaus und in den Kuhstall. Wie sieht es hier in Zukunft aus?Gewächshäuser werden in Zukunft weitgehend menschenleer sein, denn auch hier werden Roboter die Arbeit erledigen. In den Ställen ist die Digitalisierung schon weit vorangeschritten. Weil die Arbeitsprozesse indoor und kontrolliert stattfinden, können viele Prozesse automatisiert werden. Melkroboter sind beispielsweise heute schon im Einsatz. Sie entlasten den Betrieb und sind für Landwirtinnen und Landwirte eine enorme Arbeitserleichterung, da sie für den Melkvorgang selbst nicht mehr aktiv werden müssen. Ebenso gibt es Roboter, die den Mist wegmachen.

Sind Daten wichtig?
Landwirtinnen und Landwirte können über Sensoren viele Daten erheben und mit ihnen arbeiten. So kann beispielsweise ein abnormes Bewegungsprofil oder Essverhalten einer Kuh festgestellt werden, das auf eine angehende Krankheit hindeuten kann. Das ermöglicht es, früh zu reagieren, um den Ausbruch möglicherweise zu verhindern und so den Einsatz von Antibiotika zu vermeiden.

Die Digitalisierung von Feld, Stall und Gewächshaus ist kein Selbstzweck. Worin liegen die wichtigsten Vorteile?
Einer der Haupttreiber ist der Fachkräftemangel, weil durch die Digitalisierung erheblich weniger Menschen benötigt werden. Ebenso ermöglicht sie mehr Nachhaltigkeit und einen effizienteren Einsatz von Ressourcen und fördert die dringend notwendige Agrarwende mit weniger klimaschädlichen Gasen und reduzierter Umweltbelastung. Daher müssen wir die Digitalisierung der Landwirtschaft unbedingt weiter vorantreiben.

Andreas Schweikert hat nicht nur während seiner Arbeit mit der Natur zu tun. Auch in seiner Freizeit erkundet der passionierte Radrennfahrer gern die Umgebung von Berlin. Großgeworden ist er in der ländlichen Region rund um Stuttgart. Bevor er zum Branchenverband Bitkom kam, arbeitete er unter anderem für das Bundeslandwirtschaftsministerium.

23. Dez 2025

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Gesellschaft

Warum es so wichtig ist, konsequent nachhaltig zu bauen – Ein Beitrag von Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand DGNB e.V.

Nachhaltiges Bauen bedeutet weit mehr als energieeffiziente Gebäude oder den Einsatz ökologischer Materialien. Es beschreibt einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem Gebäude über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg betrachtet werden: von der Planung über den Bau und die Nutzung bis hin zu Umbaumaßnahmen oder den Rückbau. Ziel ist es, Umweltbelastungen zu minimieren, Ressourcen zu schonen, Menschen gesunde und lebenswerte Räume zu bieten und gleichzeitig wirtschaftlich sinnvolle Lösungen zu schaffen. Stand heute ist der Bausektor nach wie vor für einen erheblichen Teil der globalen CO2-Emissionen, den Verbrauch natürlicher Ressourcen und den zunehmenden Verlust der Biodiversität verantwortlich. Gleichzeitig verbringen wir den Großteil unseres Lebens in geschlossenen Räumen, die unser Wohlbefinden stärken sollen, ohne dabei die Zukunft unseres Planeten zu gefährden. Zudem leben immer mehr Menschen in der Stadt. Der Bedarf an attraktiven und dazu noch klimaresilient gestalteten Freiräumen wächst. Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Wie ein Perspektivwechsel in diese Richtung gelingen kann, zeigen wir noch bis zum 28. Januar 2026 mit der ersten DGNB Ausstellung „What If: A Change of Perspective“ in der Berliner Architekturgalerie Aedes. Die Ausstellung fordert Besucherinnen und Besucher dazu auf, gewohnte Denkmuster zu hinterfragen und die Themenvielfalt des nachhaltigen Bauens neu und unvoreingenommen auf sich wirken zu lassen. >Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Anhand gebauter Beispiele wird deutlich, dass viele Lösungen bereits existieren. So erfährt der Besuchende anschaulich, wie Gebäude klima- und ressourcenschonend geplant werden können, indem Materialien im Kreislauf geführt, Energie effizient genutzt oder sogar erzeugt wird und der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes berücksichtigt bleibt. Ebenso thematisiert werden Klimaanpassung und Resilienz: durch kluge Gestaltung, Begrünung und Freiräume können Gebäude und Städte besser mit Hitze, Starkregen oder Trockenperioden umgehen. Ein weiterer Fokus liegt auf dem Menschen. Nachhaltiges Bauen stellt das Wohlbefinden, die Gesundheit und das soziale Miteinander in den Mittelpunkt. Architektur kann Begegnung fördern, Identität stiften und bezahlbaren Wohnraum schaffen, ohne dabei die Umwelt aus dem Blick zu verlieren. Auch der verantwortungsvolle Umgang mit bestehenden Gebäuden spielt eine zentrale Rolle. Sanieren, Umnutzen und Weiterbauen im Bestand werden als Strategien gezeigt, um Flächen zu schützen und Ressourcen zu sparen. Nicht zuletzt wird klar, dass Nachhaltigkeit keine Kostenspirale sein muss. Ganzheitlich geplante Gebäude sind oft wirtschaftlicher, weil sie langfristig Betriebskosten senken, Risiken minimieren und ihren Wert erhalten oder steigern. Nachhaltiges Bauen ist kein abstraktes Expertenthema und schon gar keine Zukunftsvision, sondern eine konkrete Chance. Für lebenswerte Städte, für gesunde Räume und für eine gebaute Umwelt, die den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen ist. Als inhaltlich getriebener Non-Profit-Verein begreifen wir das nachhaltige Bauen seit unserer Gründung vor 18 Jahren als gesellschaftliche Aufgabe, nach der wir unser Handeln ausrichten. Mit der Ausstellung laden wir jeden einzelnen ein, genauer hinzusehen, weiterzudenken und selbst Teil des Wandels zu werden. Weitere Informationen gibt es unter www.dgnb.de/aedes