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31. Mär 2025

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Gesellschaft

„Die Smart City ist eine Art Entwicklung“ – mit Christoph Ingenhoven

Journalist: Armin Fuhrer

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Foto: Presse

Die intelligente Stadt bedeutet viel mehr als Digitalisierung und KI, findet der renommierte Düsseldorfer Architekt Christoph Ingenhoven.

Herr Ingenhoven, „Smart City“ ist ein heute häufig verwendeter Begriff, ohne dass eigentlich genau klar ist, was damit gemeint ist. Was verstehen Sie darunter?

Städte sind historisch betrachtet ein unglaublich erfolgreiches Modell für das Zusammenleben von Menschen, und sie sind auch in Zukunft mit Blick auf die Entwicklung der Weltbevölkerung das einzige Mittel zum Überleben auf unserem Planeten. Nur hochverdichtete Städte mit einer ausgeprägten Infrastruktur und einer guten Mischung aus Arbeit, Wohnen, Versorgung und Freizeit können das aber gewährleisten. Eine Stadt, die auf diese Weise Ressourcen schont, ist eine smarte City.

Ihr Begriff der Smart City geht also weit hinaus über Digitalisierung und Nutzung von Künstlicher Intelligenz zur effizienteren Ressourcen- und Energienutzung?

Das gehört natürlich dazu. Es werden Daten benötigt, denn Digitalisierung und KI sind in modernen Städten und in Gebäuden notwendig, um mehr Effizienz bei der Heiz- und Klimatechnik oder beim Energieverbrauch zu erreichen. Ohne diese modernen Technologien können wir auch die enormen Reserven, die es in unseren Städten zum Beispiel bei der Verkehrslenkung gibt, gar nicht nutzen. Aber man sollte den Begriff „smart“ mindestens genauso mit Intelligenz und Geschick gleichsetzen. Unsere Städte stehen vor einer Reihe von Herausforderungen, und sie sind vor allem dem Klimawandel ausgesetzt – darauf müssen wir so schnell wie möglich reagieren.

Wie?

In der Smart City gibt es mehr Grün, aber auch Verdichtung und Kompaktheit sind wesentliche Mittel. Man könnte zum Beispiel brachliegende Einzelhandelsgeschäfte und Bürogebäude in den Zentren in Wohnraum umwandeln, um den wachsenden Mangel zu bekämpfen. Dahinter steckt die Frage: Was sollen Städte eigentlich in Zukunft leisten – und was brauchen wir von dem, das es heute gibt, in Zukunft nicht mehr? Eine Smart City ist also eine Art Entwicklung. Wir reagieren allerdings auf solche Fragen mit unseren bürokratischen Strukturen erheblich zu langsam.

Unsere Städte stehen vor einer Reihe von Herausforderungen, und sie sind vor allem dem Klimawandel ausgesetzt – darauf müssen wir so schnell wie möglich reagieren.

Wie würde denn eine komplett neue Stadt aussehen, wenn Sie sie am Reißbrett entwerfen könnten?

Eine solche Stadt würde ich gar nicht entwerfen.

Und warum nicht?

Städte sind komplexe Organismen und bestehen aus zahllosen Anpassungsprozessen der Menschen. Außerdem entwickeln sie sich aufgrund der Erfahrungen, die die Menschen in ihnen machen, stetig weiter – wenn etwas nicht funktioniert, wird es geändert. Eine smarte Stadt ist also lernfähig. Das ist ein sich ständig fortsetzender Prozess, deshalb ist es nicht möglich, eine ideale Stadt am Reißbrett zu entwerfen. Ich würde eine solche Stadt bestenfalls mit einer schon bestehenden Stadt kombinieren. Ich würde versuchen, diese Stadt durch Verdichtungen, Interventionen, Erhöhungen und andere Maßnahmen weiterzuentwickeln. Das kann nur durch einzelne Projekte funktionieren.

Können Sie ein Beispiel aus Ihrer eigenen Arbeit nennen, wo Sie eine Stadt weiterentwickelt haben?

Ein gutes Beispiel ist der Kö-Bogen II in Düsseldorf. Er ist eine Intervention in die Lesbarkeit der Düsseldorfer Innenstadt, die durch die Kriegs- und Nachkriegszeit erhebliche Zerstörungen erlitt, wozu unter anderem auch die große Bedeutung gehört, die man damals dem Autoverkehr zumaß. Das hat sich inzwischen als Fehlleistung herausgestellt und muss nun korrigiert werden. So wurden Teile des Verkehrs verlegt oder unter die Erde verbannt. Oberirdisch konnten wichtige Lebensadern der Stadt, die Königsallee und der Hofgarten, wieder zusammengeführt und erlebbar gemacht werden. Und aus den gewonnenen Flächen wurde eine sinnvolle Stadtergänzung gemacht. Für mich ist der Kö-Bogen II – das gesamte Kö-Bogen-Projekt hatte ich bereits vor 25 Jahren mit einer ersten Studie initiiert – ein sehr gutes Beispiel dafür, was Städte leisten können. Und ein solches Projekt wirkt sich auch direkt auf die umliegenden Gebäude aus und zeigt, was eigentlich möglich wäre.

Inwiefern?

Schauen Sie sich doch mal die Dächer in unseren Städten an – grauenhaft. Sie liegen ungenutzt brach, sollten aber unbedingt zur intensiven Begrünung genutzt werden. Der Kö-Bogen II hat diese Forderung umgesetzt; insgesamt finden Sie dort heute 30.000 Pflanzen. Wenn sich Besitzer anderer Gebäude daran ein Beispiel nehmen, ist das ein toller Erfolg. Ich bin aber der Ansicht, die Begrünung der Dächer wie auch der Straßenfronten müsste gesetzlich vorgeschrieben werden.

Sie sagten eben, dass die Veränderungen sehr langsam vorankommen. Sind Sie trotzdem optimistisch?

Ja, letztlich schon, denn ich glaube, dass die Vernunft am Ende die smarte City ermöglicht.

In der Smart City gibt es mehr Grün, aber auch Verdichtung und Kompaktheit sind wesentliche Mittel.

Factbox

Seit fast vier Jahrzehnten vereint Christoph Ingenhoven in seiner Arbeit höchste Ansprüche an Nachhaltigkeit, Ästhetik und architektonischer Qualität. Er hat mit seinem Konzept supergreen® Standards gesetzt und bleibt mit seinem Büro christoph ingenhoven architects wegweisend im Bereich nachhaltiger Architektur.

23. Okt 2025

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Gesellschaft

„Bewusst Anlegen!“ – Ein Beitrag von Margarethe Honisch, Gründerin der Finanzplattform Fortunalista, Speakerin, Spiegel-Bestseller-Autorin und Finanzkomlumnistin

Die deutsche Anlagekultur könnte kaum vielfältiger sein. Während die Frage nach finanzieller Vorsorge drängender wird als je zuvor, klaffen die Herangehensweisen der Generationen weit auseinander. Generation Z zeigt sich offen, neugierig und digital. Sie informiert sich auf Social Media, tauscht sich auf Plattformen aus und wagt mutig erste Schritte in Richtung Investments, allerdings oft spontan und ohne langfristige Strategie. Die Boomer-Generation hingegen bleibt zögerlich. Viele scheuen das Risiko, vertrauen weiterhin auf altbewährte Sparmodelle oder haben Berührungsängste mit modernen Finanzthemen. Was jetzt zählt, ist ein neues, generationenübergreifendes Money Mindset. Ein Mindset, das nicht nur den Weg zur bewussten Geldanlage ebnet, sondern das Investieren selbst zur Normalität macht. Gerade junge Menschen zeigen dabei, dass Interessen und Hobbys auch ein Schlüssel zu klugen Investitionen sein können. E-Sports und Gaming sind längst keine Randerscheinung mehr, sondern ein globaler Wachstumsmarkt. Wer ohnehin Zeit mit Spielen, Streams oder Turnieren verbringt, kennt die großen Player, die Trends und die Dynamik. Dieses Wissen lässt sich nutzen, um bewusst zu investieren: Welche Hersteller haben die Marktmacht? Wo entwickelt sich der Markt hin? Wer hier reflektiert Entscheidungen trifft, verbindet Freizeit mit Vermögensaufbau und zeigt, dass Investieren dort beginnt, wo man sich auskennt. >Finanzielle Bildung darf kein Luxus sein und Geldanlage kein Thema für wenige Insider bleiben. Es braucht transparente Informationen, Aufklärung und den offenen Dialog, um Investieren für alle zugänglich zu machen. Doch das ist nur ein Beispiel. Die Realität ist: Finanzielle Bildung darf kein Luxus sein und Geldanlage kein Thema für wenige Insider bleiben. Es braucht transparente Informationen, Aufklärung und den offenen Dialog, um Investieren für alle zugänglich zu machen. Denn nur wer lernt, mit Geld reflektiert und strategisch umzugehen, kann echte finanzielle Unabhängigkeit erreichen – bewusst, nachhaltig und generationenübergreifend. Genau gilt es, Wissen zu teilen, Ängste abzubauen und Mut zu machen, den ersten Schritt zu gehen. Denn finanzielle Unabhängigkeit ist kein unerreichbares Ideal, sondern das Ergebnis vieler kleiner, bewusster Entscheidungen. Jede und jeder kann lernen, Verantwortung zu übernehmen für die eigene Zukunft und für die Gestaltung einer neuen, offenen Anlagekultur. Finanzen dürfen kein Tabuthema mehr sein. Wer heute beginnt, bewusst anzulegen, verändert nicht nur das eigene Leben, sondern auch die Perspektiven der nächsten Generation.

2. Okt 2025

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Gesellschaft

Lebensmittel sind weit mehr als bloße Konsumgüter – Ein Beitrag von René Püchner, Präsident Lebensmittelverband Deutschland

Sie sind Kultur, Identität, Genuss und Spiegel gesellschaftlicher Vielfalt. Sie vereinen jahrhundertealtes Handwerk mit modernster Technik, globale Lieferketten mit regionalem Bewusstsein, individuelle Lebensstile mit kollektiver Verantwortung. Wer über Lebensmittel spricht, spricht über auch über die Art und Weise, wie wir leben, genießen und gestalten wollen. Unsere aktuellen Umfragedaten zeigen eindrücklich: Eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung hält Lebensmittelvielfalt für wichtig. Zwischen dem 15. und 18. Juli 2025 befragte das Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag unseres Verbandes 1.037 Menschen bundesweit. Das Ergebnis: 76 Prozent beurteilen Vielfalt als „wichtig“ oder „sehr wichtig“. Besonders deutlich ist die Haltung bei Jüngeren: 94 Prozent der 18- bis 29-Jährigen betonen, wie essenziell Vielfalt für sie ist. Für 81 Prozent ist sie Ausdruck kultureller Vielfalt, für 78 Prozent integraler Bestandteil moderner Ernährung. Und 77 Prozent probieren gern Gerichte aus anderen Kulturen – ein Ausdruck von Neugier und kulinarischer Offenheit. Diese Zahlen belegen eindrucksvoll: Vielfalt ist kein Luxus, sondern eine Erwartung. Ein Grundbedürfnis in einer dynamischen, global vernetzten Gesellschaft. Die Lebensmittelwirtschaft trägt Verantwortung, diese Erwartungen nicht nur zu erfüllen, sondern aktiv zu gestalten – durch Transparenz, Qualität und Innovation. >Der Wunsch nach gezielter Ernährung – sei es vegetarisch, proteinreich, bio oder funktional – wächst. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten, beispielweise mit Blick auf Lieferketten, Rückverfolgbarkeit und der Vermeidung von Lebensmittelverlusten. Mit Blick auf soziale Teilhabe und Integration richtet sich unser Blick auch auf strukturelle Vielfalt. So hat der Lebensmittelverband gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie das „What the Food“-Forum: Diversity in the Food Industry initiiert, das am 18. September 2025 in Berlin stattfand. Unter anderem unter dem Motto „Migration als Erfolgsfaktor in der Lebensmittelbranche“ beleuchteten wir Beiträge von Menschen mit Migrationsgeschichte, diskutierten Chancengleichheit und kulturelle Sensibilität und zeigten, wie Vielfalt gelebt wird und Mehrwert schafft. Die Herausforderungen, vor denen wir in der Lebensmittelwirtschaft stehen, sind durchaus komplex: Klimawandel und Ressourcenschutz erfordern neue Wege in Produktion, Logistik und Verpackung. Der Wunsch nach gezielter Ernährung – sei es vegetarisch, proteinreich, bio oder funktional – wächst. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten, beispielweise mit Blick auf Lieferketten, Rückverfolgbarkeit und der Vermeidung von Lebensmittelverlusten. Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten Transparenz, verlässliche Qualität, klare Informationen. Zugleich wünschen sie Vielfalt, Inspiration und genussvolle Erfahrungen. Diesen hohen Anspruch erfüllen wir. Wir setzen in Produktion, Entwicklung und Kommunikation auf qualitativ hochwertige Zutaten, klimafreundliche Verfahren, ressourcenschonende Verpackungen und kultursensible Ansätze. Als Lebensmittelverband Deutschland verstehen wir uns als Brücke: Zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Wir bieten Orientierung durch fundiertes Wissen, begleiten Trends faktenbasiert und fördern den Dialog über die Ernährung von morgen.