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6. Aug 2020

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Wirtschaft

Digital planen und bauen – was sind die Herausforderungen?

Journalist: Katja Deutsch

Drei Expertenmeinungen zum digitalen Planen und Bauen.

Barbara Ettinger-Brinckmann, BAK-Präsidentin, Foto: Till Budde

Planen und Bauen erfordert eine ganzheitliche Betrachtungsweise. Wir müssen alle Beteiligten sowie den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks im Blick haben, von der Planung über die Ausführung und den Betrieb bis hin zum Rückbau. Diese Lebenszyklusbetrachtung ist unverzichtbar, um Planen und Bauen zum Beispiel ganz auf den Klimaschutz auszurichten. Dabei hilft uns die Digitalisierung. Mit BIM entsteht das Gebäude zunächst als digitales Modell, bevor es „richtig“ gebaut wird. Als Planungsmethode ist BIM das ideale Werkzeug, um von Beginn an alle wesentlichen Daten auf einer digitalen Plattform zu hinterlegen, sodass man bereits früh alle Schnittstellen koordinieren kann. 

Doch bislang fehlten für diese Planungsmethode einheitliche Standards. Steuert man einen Planungsprozess, ist es wichtig, dass alle Beteiligten über die gesamte Wertschöpfungskette Bau hinweg eine gemeinsame und qualifizierte Sprache sprechen. Die Architekten- und Ingenieurkammern entwickelten daher einen eigenen Standard für Weiterbildungen, den „BIM Standard Deutscher Architekten- und Ingenieurkammern“. Die Ministerien für Bau und Verkehr haben außerdem „BIM Deutschland“ gegründet – als Kompetenzzentrum für die Digitalisierung des Bauwesens. 

Und mit dem Onlinezugangsgesetz der Bundesregierung, welches die Digitalisierung öffentlicher Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 vorsieht, wird auch die Digitalisierung von Bauanträgen flächendeckend möglich. Ob die Maßnahmen und Förderpakete des aktuellen Konjunkturpaketes wirksam umgesetzt werden können, hängt auch von der Digitalisierung des Planungs- und Bauwesens ab.

Reinhard Quast, Präsident des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, Foto: ZDB Pflug

Die Bauwirtschaft wird jeden Tag digitaler. Angefangen bei einfachen Apps zum Baustellenmanagement bis hin zu komplexen BIM-Modellen gibt es dazu für kleine Handwerksbetriebe und große Mittelständler eine Fülle an Möglichkeiten. Der Grundsatz „erst planen – dann bauen“, der sich in unserer Branche über Jahrzehnte be-währt hat, muss dabei im digitalen Zeitalter fortgeschrieben werden. Gerade mit komplexer werdenden Gebäudemodellen und -plänen lassen sich Zeit und Kosten sparen, wenn die ausführenden Arbeiten erst begonnen werden, wenn der Planungsprozess abgeschlossen ist. 

Um die Digitalisierung im Baugewerbe voranzutreiben, braucht es geeinte Anstrengungen von Politik, Wirtschaft und Verwaltung. Seitens der Politik und Verwaltung braucht es die richtigen Leitplanken wie den energischen Ausbau des Breitbandnetzes oder echte Bauherrenkompetenz in Sachen Digitalisierung und E-Vergabe. Zudem sind bundesweit einheitliche Standards und Richtlinien für die öffentlichen Auftraggeber notwendig. Für ein Bauunternehmen sollten sich Abläufe und Technologie nicht ändern müssen, je nachdem, ob es mit BIM eine Schule für Kommune A oder für Kommune B baut.

Aber auch die Unternehmen selbst und wir als Branche sind gefordert, die Weichen in Richtung Zukunft zu stellen. Das umfasst sowohl die Kultur im Unter-nehmen als auch die Aus- und Weiterbildung der Beschäftigten. Schließlich gilt es, unter allen Projektbeteiligten den Konsens über standardisierte Schnittstellen zu entwickeln.

Dietmar Bernert, Präsident BIM World Munich, Foto: PassStudio

Zunächst einmal freut mich diese Frage, denn vor wenigen Jahren wäre sie anders gestellt worden: Wird sich BIM durchsetzen? Oder: Brauchen wir BIM wirklich? Funktioniert BIM überhaupt? Heute stellen wir nicht mehr infrage, ob die Digitalisierung inkl. BIM kommt, wir stecken mitten drin!

Die Bauindustrie, angefangen von ganz kleinen Bauunternehmen bis hin zu den Großkonzernen, hat realisiert, dass Bauen ohne digitale Methoden zukünftig nicht mehr funktionieren wird.

Die anstehenden Herausforderungen der kommenden Jahre liegen jedoch auf der Hand: Da heute jeder in der Wertschöpfungskette punktuell digitale Lösungen ein-setzt (aber BIM eher auf die Planungsdisziplinen reduziert), liegt die große Kunst für jedes Unternehmen darin, dafür zu sorgen, dass man seine internen Prozessschritte möglichst verlust- und fehlerfrei miteinander verknüpft, also einen individuellen „digitalen Workflow“ festlegt. Hierzu gehört allerdings immer die Gesamtbetrachtung eines Projektes, unabhängig davon, ob man nur in einer Leistungsphase oder über den kompletten Lebenszyklus involviert ist.

Damit man die größtmöglichen Effizienzsteigerungen erreicht, muss man diesen „Life of Building“ Ansatz immer berücksichtigen. Dies bedeutet, Ergebnisse der BIM-Methode verlustfrei und möglichst online auf die Baustelle und die Rückmeldung wieder zurück in die Fachmodelle zu spielen (BIM2Field und Field2BIM). Hierzu sind die Bereitstellung ultraschneller Mobilnetze mit größtmöglicher Abdeckung sowie hoch performante mobile Endgeräte mit einfach zu bedienenden Apps eine elementare Voraussetzung.

30. Apr 2025

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Wirtschaft

Bidirektionales Laden spart Milliarden , Elektroautos können viel mehr, als „nur“ leise und ohne Abgase zu fahren

Mit bidirektionaler Ladetechnologie (BiDi) können sie Strom speichern und ins Netz zurückspeisen. Eine aktuelle Studie von Transport & Environment (T&E) zeigt, dass dies für Europas Energieversorger und Autofahrer Einsparungen in Milliardenhöhe ermöglichen könnte. Die Einsparungen resultieren aus einer effizienteren Nutzung der Erzeugungskapazitäten und einem geringeren Kraftstoffverbrauch. Um das Potenzial dieser Technologie zu nutzen, sind jedoch geeignete regulatorische Rahmenbedingungen notwendig. Laut der T&E-Studie könnte das Einsparpotenzial für Energieversorger und Verbraucher in der EU bis zu 22 Milliarden Euro jährlich betragen, was etwa acht Prozent der Kosten für das EU-Energiesystem entspricht. Von 2030 bis 2040 könnte die BiDi-Technik EU-weit mehr als 100 Milliarden Euro einsparen, allein in Deutschland bis zu 8,4 Milliarden Euro jährlich. Ein Grund für die hohen Einsparungen ist die Möglichkeit, mehr Strom aus erneuerbaren Quellen, insbesondere Solarstrom, in das Energiesystem zu integrieren. Die Nutzung der Fahrzeugakkus könnte den Bedarf an teureren stationären Speichern in der EU um bis zu 92 Prozent senken und die installierte PV-Leistung um bis zu 40 Prozent steigern. Die Halter von Elektrofahrzeugen profitieren direkt vom bidirektionalen Laden, da sie mit geringeren Stromkosten rechnen können. Zudem dürfte die Lebensdauer der Fahrzeugakkus durch optimiertes Laden steigen. In Frankreich haben The Mobility House und Renault beispielsweise das erste Vehicle-to-Grid (V2G)-Angebot eingeführt. Besitzer eines V2G-fähigen Renault 5 können mit einer speziellen Wallbox kostenfrei laden und ihren Fahrzeugakku ins Energiesystem einspeisen. Dieses Angebot soll bald auch in Deutschland und dem Vereinigten Königreich verfügbar sein. Im deutschen Markt gibt es jedoch noch Herausforderungen, wie den langsamen Roll-out von Smart Metern und die Notwendigkeit, einen passenden rechtlichen Rahmen zu schaffen. Der zweite Europäische Gipfel für bidirektionales Laden hat klare Handlungsempfehlungen ausgesprochen, die nun umgesetzt werden müssen. Dazu gehört die Abschaffung der Doppelbelastung von zwischengespeichertem Strom durch Netzentgelte und die Sicherstellung, dass „grüner“ Strom seine Förderansprüche auch bei Zwischenspeicherung im Akku behält. Die Messe „The smarter E Europe“ 2025 wird dem Thema eine eigene Sonderschau widmen, um Chancen und Herausforderungen für die Mobilitäts- und Energiebranche aufzuzeigen. Die Veranstaltung findet vom 7. bis 9. Mai 2025 in München statt und vereint vier Fachmessen: Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe. Die Sonderschau auf „The smarter E Europe“ wird dabei Produkte und Lösungen für das bidirektionale Laden präsentieren und Raum für Austausch und Networking bieten. ## Factbox The smarter E Europe vereint als Europas größte Messeallianz für die Energiewirtschaft vier Fachmessen (Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe) und findet vom 7. bis 9. Mai 2025 auf der Messe München statt. https://www.powertodrive.de/home