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30. Sep 2022

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Business

„Digitale Transformation erfordert radikales Umdenken“

Journalist: Thomas Soltau

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Foto: Maxime/unsplash

Ein Wechsel in die Cloud treibt den digitalen Wandel und das Wachstum von Unternehmen voran. Auf der einen Seite ist das eine Möglichkeit, passgenaue Services mit großer Geschwindigkeit für Kunden anzubieten. Doch die Cloud muss vor Angreifern auch gesichert werden. Senior Analyst Dario Maisto vom Beratungsunternehmen Forrester weiß, wie wichtig die digitale Transformation ist – und was Unternehmen dabei beachten sollten.

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Dario Maisto, Senior Analyst bei Forrester; Foto: Presse/Forrester

Herr Maisto, Cloud Workload Security (CWS) spielt eine sehr wichtige Rolle bei der Migration und Aufrechterhaltung der Sicherheit von Cloud Workloads. Warum eigentlich?

In den letzten Jahren haben wir eine zunehmende Einführung von Workload-Lösungen wie Datenbanken, VMs, Containern und Hadoop-Knoten erlebt, und die Rolle des Cloud-Workload-Schutzes ist für das Funktionieren der gesamten Cloud-Landschaft von Unternehmen immer wichtiger geworden. Die Sicherheit von Cloud-Workloads soll gewährleisten, dass die Workloads auf sichere Weise weiterlaufen und Teil einer größeren Anstrengung sind, damit das gesamte Unternehmen reibungslos in der Cloud funktioniert.

Wenn man dem Hype Glauben schenkt, ist heutzutage alles eine Plattform. Jeder wird digital, und jedes Unternehmen möchte in die Cloud wechseln. Was genau ist also eine digitale Plattform – und was ist die Cloud?

Eine digitale Plattform ist eine Lösung, die in der Cloud läuft und in der Lage ist, die fünf Verhaltensweisen von Nutzern und Kunden im digitalen Zeitalter anzusprechen: Das heißt Zugang, Engagement, Anpassung, Verbindung und Zusammenarbeit. Nutzer und Kunden können überall, jederzeit und von jedem beliebigen Gerät aus auf die Plattform zugreifen. Die Plattform ist für den jeweiligen Nutzer oder die Nutzergruppe, die sie zu einem bestimmten Zeitpunkt nutzt, angepasst oder anpassbar. Die Plattform ist mit anderen Plattformen und Lösungen des Unternehmens verbunden – sie ermöglicht es den Menschen, zusammenzuarbeiten. Auf diese Weise ermöglicht die Plattform die Schaffung sogenannter Netzwerkeffekte, sowohl innerhalb als auch außerhalb einer Organisation.

Cloud ist ein Oberbegriff, der für ein Bündel von Diensten steht, die von Speicher und Infrastruktur bis hin zu Plattformen und kontinuierlicher Innovation reichen. Mehr und mehr wird heutzutage die gesamte Palette an Diensten und Lösungen, die früher von firmeneigenen IT-Anbietern angeboten wurden, als Service in der Cloud verfügbar. Die Cloud ist auch eine Selbstverständlichkeit für zukunftsorientierte IT-Strategien in Unternehmen jeder Größe und Art.

Die Cloud ein Schlüsselelement der Zukunftsstrategie. Aber wie kann sie wirklich dazu beitragen, die digitale Transformation zeitnah zu ermöglichen?

Die digitale Transformation erfordert ein Umdenken auf jeder Ebene des Unternehmens. Sie muss von der Geschäftsleitung in Auftrag gegeben und von den Managern und Mitarbeitern kaskadenförmig umgesetzt werden. Die für die digitale Transformation verantwortlichen Führungskräfte müssen klare Ziele und KPIs festlegen, um die Auswirkungen der Veränderungen auf dem Weg dorthin zu messen. Vor allem müssen die Auswirkungen auf die Mitarbeiter gemessen werden, und es müssen Maßnahmen für das Änderungsmanagement getroffen werden, um sicherzustellen, dass die Unternehmenskultur die digitale Strategie und die damit einhergehende Transformation nicht verschluckt.

COVID-19 und der Umstieg von Millionen von Nutzern auf die Telearbeit haben den Weg der Unternehmen in die Cloud beschleunigt. Was sind die konkreten Vorteile der Arbeit in der Cloud?

Die Cloud bietet im Laufe der Zeit immer mehr und immer bessere Lösungen und Dienste mit einer nahtlosen Erfahrung über alle Geräte hinweg. Das bedeutet, dass die Mitarbeiter von überall aus und mit flexibleren Arbeitszeiten arbeiten können und zu den für sie besten Tageszeiten produktiv sind. Einige Technologieunternehmen, die Maßnahmen wie „Arbeiten von überall“ ergriffen haben, konnten einen bemerkenswerten Rückgang der Fluktuationsrate bei ihren Mitarbeitern feststellen, und das trotz des Talentmangels, den wir derzeit erleben.

Welche neuen Entwicklungen gibt es bei der Sicherheit von Cloud-Workloads?

Der Schutz von Datenbanken, VMs, Containern und Hadoop-Knoten aus einer allgemeineren Perspektive sind wichtige Anliegen. Insbesondere bei der Entwicklung von Strategien zum Schutz von Cloud-Workloads ist es wichtig, sowohl die Anwendungen als auch die zugrunde liegende Technologie zu berücksichtigen. 

Unternehmen haben oft Insellösungen. Das heißt, die digitalen Lösungen sind nicht kompatibel. Ist das eine große Herausforderung?

Das ist in der Tat etwas, das ein Projekt zur digitalen Transformation behindern kann. Ich habe zum Beispiel selbst erlebt, wie schwierig es war, eine neue Kollaborationslösung einzuführen, die sich wiederholt nicht nahtlos in die breitere IT-Lösungslandschaft des Kundenunternehmens integrieren ließ. Dies bedeutete eine Verzögerung von fast einem Jahr und erforderte doppelt so viele wirtschaftliche Ressourcen wie ursprünglich geplant, ganz zu schweigen von der Skepsis und der Frustration, die um das Projekt herum aufkam. 

Gerade in Deutschland hat der Datenschutz einen hohen Stellenwert. Wie kann man ihn in der Cloud gewährleisten?

Zero-Trust-Policies helfen einigen Organisationen auf der ganzen Welt, ein Höchstmaß an Sicherheit für den Datenschutz zu gewährleisten. Andere Unternehmen klassifizieren die Daten nach ihrer Sensibilität und beschließen, die sensibleren Daten vor Ort aufzubewahren, während sie alle anderen Daten in der Cloud hosten. Dies ist eine der wichtigsten Fragen, mit denen wir heute konfrontiert sind, und die Antwort wird sich im Laufe der Zeit und mit neuen Herausforderungen ändern.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Nachhaltig, transparent und partnerschaftlich – Im Interview mit Barbara Frenkel, Vorstandsmitglied Porsche AG

**Warum bekommt die Beschaffung oft so wenig Aufmerksamkeit – obwohl so viel von ihr abhängt?** Weil Beschaffung meist im Hintergrund läuft – und erst dann in den Blickpunkt rückt, wenn etwas fehlt. Das kennt jeder aus dem Alltag: Fehlt beim Kochen eine Zutat oder beim Möbelaufbau eine Schraube, steht meist alles still. Im industriellen Maßstab kann das bedeuten: keine Teile, kein Auto. Unsere Lieferketten sind heute hochgradig komplex, global und auf Effizienz ausgelegt. Fällt ein einziges Teil aus, sei es durch eine Naturkatastrophe, einen Cyberangriff oder geopolitische Spannungen, kann dies die Produktion gefährden. Deshalb denken wir bei Porsche Beschaffung heute anders: vorausschauender, vernetzter und deutlich resilienter. **Welche Strategie verfolgen Sie, um Lieferketten auch in Krisenzeiten stabil und widerstandsfähig zu halten?** Entscheidend ist die Transparenz in der gesamten Lieferkette – also über unsere direkten Lieferanten hinaus. Uns interessiert: Wer sind die Partner dahinter? Wo haben sie ihre Standorte und welchen Risiken sind sie ausgesetzt? Dabei simulieren wir beispielsweise Wetterereignisse oder Cyberattacken. Wir bewerten globale Rohstoffverfügbarkeiten und identifizieren Single-Source-Situationen. Über allem steht die Frage: Wo könnte ein möglicher Ausfall besonders kritisch für uns sein? **Und welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Risiken zu minimieren?** Hier braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel. Als vergleichsweise kleiner Hersteller können wir nicht überall auf eine Zwei-Lieferanten-Strategie setzen. Stattdessen überlegen wir uns etwa, wo wir bei kritischen Materialien gezielt Lagerbestände in Werksnähe aufbauen. Oder wir beauftragen zusätzliche Werkzeugsätze, die bei Bedarf schnell aktiviert werden können. **Wie wählen Sie Lieferanten aus, welche Kriterien sind dabei besonders wichtig?** Die Auswahl unserer Lieferanten ist immer Teamwork. Beschaffung, Entwicklung und Produktion arbeiten eng zusammen. Häufig entwickeln wir die Lösungen gemeinsam mit unseren Lieferanten. Hierbei spielt die technische Bewertung in enger Abstimmung mit unserer Entwicklung eine wichtige Rolle. Die Produktion wiederum achtet sehr stark auf die Logistik. Jeder potenzielle Partner durchläuft ein umfassendes Auditverfahren. Dabei geht es um Qualitäts- und Machbarkeitsaudits. Aber auch um eine umfassende Risikoanalyse. Ein fester Bestandteil bei der Auswahl sind zudem Kriterien bei der Nachhaltigkeit. Also rechtliche, ethische und ökologische Standards. >Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. **Wie wichtig ist Ihnen die Einbindung mittelständischer Lieferanten in Ihrer Lieferkette?** Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. Vor allem, wenn sie sich in unmittelbarer Werksnähe befinden. Vorteile sind kurze Wege und schnelle Reaktionszeiten. Als in Deutschland verwurzeltes Unternehmen ist uns zudem daran gelegen, die heimische und europäische Lieferkette zu stärken. **Sie haben die Nachhaltigkeit bereits angesprochen. Nochmals konkret: Wie integrieren Sie diese Kriterien in den Beschaffungsprozess?** Wie gesagt, wir denken hier ganzheitlich und in drei Dimensionen: ökologisch, sozial und ethisch. Im ökologischen Bereich legen wir besonderen Wert auf den CO₂-Fußabdruck in der Lieferkette. Hier entscheiden der Energiemix, die verwendeten Rohstoffe und der Anteil an recyceltem Material. Auch der Wasserverbrauch wird immer wichtiger. Soziale und ethische Aspekte sind ebenfalls von Bedeutung. Wir erwarten, dass internationale Arbeitsstandards eingehalten und faire Löhne gezahlt werden. **Wie haben Sie Einkaufprozesse bzw. das Lieferantenmanagement erfolgreich verbessert?** Rund 80 Prozent der Wertschöpfung entsteht bei uns in der Lieferkette. Entsprechend hoch ist die Bedeutung eines effizienten und partnerschaftlich ausgerichteten Lieferantenmanagements. Deshalb setzen wir bewusst früh an: Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. Über diesen engen Austausch entstehen belastbare Partnerschaften – von Anfang an. **Wie reagieren Sie auf regionale Marktanforderungen?** Angesichts fragmentierter Märkte gewinnt die regionale Verankerung an Bedeu-tung. In China arbeiten wir beispielsweise gezielt mit starken lokalen Partnern zusammen. Mit dem Ziel, marktgerechte Lösungen zu entwickeln – etwa beim Infotainment. Auch regulatorische Anforderungen erfordern spezifische Lösungen, das Aufspüren innovativer Technologien und innovativer Partner. Immer mehr handelt es sich dabei auch um Start-ups aus branchenfremden Bereichen, etwa beim autonomen Fahren, der Konnektivität oder Software. >Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. ## Infos zur Person Barbara Frenkel: Als Kind wollte sie Astronautin werden. Heute leitet Barbara Frenkel das Vorstandsressort Beschaffung der Porsche AG. Frenkel war die erste Frau im Vorstand des Sportwagenherstellers. Sie blickt auf eine mehr als 20-jährige Managementkarriere bei Porsche zurück. Zuvor war sie bei verschiedenen Automobilzulieferern tätig. Barbara Frenkel (62) scheidet zum 19. August 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Porsche-Vorstand aus und übergibt ihre Verantwortung an Joachim Schar-nagl (49), der ihre Nachfolge antritt. Privat genießt sie Ausfahrten mit ihrem Oldtimer, einem 911 G-Modell. Sie ist begeisterte Taucherin und unternimmt gerne Ausflüge mit ihrem Hund in die Natur.