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6. Aug 2020

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Wirtschaft

Digitalisierung in der Baubranche

Journalist: Dipl.-Ing. Peter Hübner

Die Bauindustrie ist mit einer guten Auftragslage und Kapazitätsauslastung in das Jahr 2020 gestartet. Doch dann kam Corona. Die Krise hat alle Branchen eiskalt getroffen. Die Bauindustrie stand jeden Tag vor neuen Herausforderungen: Können wir weiter bauen? Kommt es zum Baustellenstopp? Wie ist es mit den Hygieneauflagen? Können Mitarbeiter über die Grenzen kommen? In dieser Zeit hat die Bauindustrie, als das private und öffentliche Leben Corona-bedingt fast zum Stillstand gekommen war, ihre Leistungsfähigkeit als Motor der deutschen Volkswirtschaft eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Unsere Unternehmen haben dabei weder Kosten noch Aufwand gescheut, um ein sicheres Arbeitsumfeld zu schaffen. Damit konnten hunderttausende Arbeitsplätze sichergestellt werden.

Dipl.-Ing. Peter Hübner, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Foto: Presse

Doch wie ist es uns gelungen, das Bauen während und mit der Krise händelbar zu machen? Ein wesentlicher Aspekt ist die Digitalisierung der Bauindustrie. Im Zuge der Corona-Pandemie haben wir festgestellt, dass die Digitalisierung das A und O ist. Ohne digitale Prozesse hätte die Branche nicht diesen hervorragenden Beitrag leisten können.

Als Bauunternehmen hat man zwei wesentliche Aspekte, die von der Digitalisierung maßgeblich beeinflusst werden. Das ist zum einen die Planung, in der die Digitalisierung derzeit verstärkt sichtbar wird. Vor der Corona-Pandemie war dabei das Thema Building Information Modeling (BIM) für unsere Mitgliedsunternehmen von hoher Bedeutung. Dies hat sich angesichts der Corona-Krise auch nicht geändert. Corona hat gezeigt, dass unsere Bemühungen, auch den Mittelstand und kleinere Unternehmen mit an Bord zu nehmen, nicht umsonst waren. Die Bauindustrie war sehr gut vorbereitet und konnte sehr gut auf digitales Arbeiten umstellen. Aber auch beim Arbeiten auf der Baustelle hat der Digitalisierungsprozess eine wichtige Rolle gespielt. Baustellenbesprechungen fanden als Videokonferenzen statt. Und auch das Nachtrags- und Genehmigungsmanagement hat digital reibungslos funktioniert.

Zudem beobachteten wir, dass viele Baustoffe auf Online-Plattformen bestellt wurden – unter der Voraussetzung, dass diese tatsächlich auch vorhanden waren und „just-in-time“ geliefert werden konnten. Vor diesem Hintergrund haben regionale Lieferketten zunehmend an Bedeutung gewonnen. Darüber hinaus haben wir festgestellt, dass auch neue Impulse, wie die Automatisierung im Bereich des modularen bzw. seriellen Bauens, an hoher Bedeutung gewonnen haben. Im modularen bzw. seriellen Bauen und der damit verbundenen Vorfertigung der Bauteile in den Betriebshallen, findet durch die Robotik ein ganz anderes Zusammenwirken von Mensch und Maschine statt. Die Corona-Krise hat gezeigt, dass wir in der Lage sind, unsere Arbeitswelten zügig zu modernisieren. Diese Entwicklung wird jetzt noch schneller voranschreiten und zur Folge haben, dass schwere und repetitive Arbeiten noch mehr automatisiert werden. Es werden neue attraktive Arbeitsplätze entstehen.

Wenn die Digitalisierung konsequent weiter eingesetzt wird, dann wird sie zu einer Erfolgsgeschichte. Die Grundlage dafür bildet die verbesserte, transparentere Kommunikation und Kollaboration aller Beteiligten. In diesem Sinne wird die BAUINDUSTRIE die Digitalisierung nicht nur im technischen Sinne als Innovationsmotor nutzen, sondern auch als Weichensteller für einen Kulturwandel des partnerschaftlichen Zusammenarbeitens.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Warum deutsche Gründlichkeit KI nicht killt, sondern krönt – mit Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH

![Markus Willems-2025 Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Markus_Willems_2025_Online_14a23ae24b.jpg) ``` Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH ``` Die Integration von Künstlicher Intelligenz in die deutsche Wirtschaft erfordert einen strategischen Balanceakt. Unternehmen müssen robuste Dateninfrastrukturen schaffen, in Fachkräfte investieren und eine Innovationskultur etablieren, die KI als Werkzeug versteht, nicht als Bedrohung. Die Absicherung von KI-Modellen gegen Angriffe wie Model oder Data Poisoning verlangt einen ganzheitlichen Ansatz: kontinuierliches Monitoring, regelmäßige Audits und die Implementierung des „Security-by-Design”-Prinzips. Besonders wichtig ist die Nachvollziehbarkeit von KI-Systemen durch transparente Dokumentation der Trainingsverfahren und Datenquellen. „Trustworthy AI” bedeutet im Cybersicherheitskontext konkret: Robustheit gegen Manipulationen, Transparenz in Entscheidungsprozessen und nachvollziehbare Compliance-Mechanismen. Deutschland kann hier durch die Verbindung seiner traditionellen Stärken in Qualitätssicherung mit innovativen KI-Ansätzen Standards setzen – nicht durch übermäßige Regulierung, sondern durch praxisnahe Zertifizierungsverfahren und Best Practice-Richtlinien. Die Cybersicherheitsanforderungen werden zur Chance, wenn sie sich als Qualitätsmerkmal „Made in Germany” etablieren lassen. Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden. Dabei lässt sich die technologische Abhängigkeit von Cloud-Anbietern durch hybride Ansätze reduzieren: Kritische Prozesse können in europäischen Cloud-Infrastrukturen verbleiben, während standardisierte Schnittstellen die Interoperabilität sicherstellen. Entscheidend ist stets die Entwicklung souveräner Kompetenzen für Datenverarbeitung und -analyse, ohne sich vom globalen Innovationsökosystem abzukoppeln. Letztlich wird erfolgreiche KI-Integration in Deutschland davon abhängen, ob es gelingt, Sicherheit nicht als Gegenpol zu Innovation zu begreifen, sondern als deren Fundament. >Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden.