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28. Mär 2023

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Wirtschaft

Doppelter Nutzen durch Agri-PV

Journalist: Julia Butz

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Foto: Green Voltaics Energy/unsplash

Agri-PV gilt als innovative Lösung und Erfolgsmodell für den Energiesektor und kann dazu beitragen, Flächenkonflikte zu lösen.

Agri-Photovoltaik (Agri-PV) ist eine Technologie, bei der Solarzellen auf landwirtschaftlichen Flächen installiert werden, um sowohl Strom als auch Nahrungsmittel oder andere Agrarprodukte zu produzieren. Die Idee dahinter ist, dass die Landwirtschaft auf die Fläche unter und um die Solarpaneele herum ausgelegt wird, um die Fläche doppelt zu nutzen und so den Landverbrauch zu reduzieren. Die Kombination von Solarstromproduktion und Landwirtschaft ermöglicht den Landwirten auf begrenztem Raum mehrere Einkommensquellen zu erschließen, Strom zu sparen bzw. für die Eigenversorgung zu generieren und gleichzeitig dazu beizutragen, den Bedarf an Flächen für die Energieerzeugung zu reduzieren.

Die Solarzellen werden entweder über den Pflanzen installiert, um nur einen Teil des Tageslichts durchzulassen oder in der Nähe der Pflanzen aufgestellt, um den Schattenwurf zu minimieren. In einigen Agri-PV-Systemen wird über integrierte Bewässerungssysteme Regenwasser unter den Solarzellen gesammelt. So sind die Pflanzen Witterungsbedingungen wie Extremtemperaturen, starken Regenfällen, Hagel oder Wind nicht mehr unmittelbar ausgesetzt und die Verwendung schützender Chemikalien und Pestizide kann reduziert werden. Zudem wird der Boden vor Erosion und Austrocknung geschützt. Insbesondere vor dem Hintergrund der aufgrund des Klimawandels zunehmenden Wetterextreme, profitieren Kulturpflanzen und Böden durch die Vorteile von Teilverschattung, Hagel- und Frostschutz und geringerer Verdunstung von Agri-PV. Durch den Verzicht von Schutzfolien kann zudem der damit verbundene Plastikeintrag in den Boden reduziert werden.

Man unterscheidet zwischen hochaufgeständerten Anlagen und bodennahen Anlagen. Bodennahe Anlagen sind meist senkrecht aufgestellte Module, die maximal zwei Meter über dem Boden angebracht und auf der Vorder- und Rückseite mit einem Solarmodul ausgestattet sind. Der große Vorteil bodennaher Anlagen liegt darin, auch für kleinere Grün- oder Ackerflächen genutzt werden zu können. Sie eignen sich für die Einfriedung von Nutztieren oder um im Sinne der Biodiversität Blühstreifen zu setzen.

Hochaufgeständerte Anlagen gehören zu den gängigen Anlagetypen, allerdings liegen die Investitionskosten durch aufwendigere Unterkonstruktionen höher als bei Bodenanlagen und auch höher als bei klassischen PV-Freiflächenanlagen. Die Solarpaneele einer Agri-PV sind so hoch angebracht, dass selbst Landmaschinen hindurchfahren und landwirtschaftliche Nutztiere sich darunter frei bewegen können und sie überdies auch hohen Pflanzen Schutz bietet. Bei der Planung einer Anlage ist es wichtig zu beachten, dass die Ausrichtung mit der der Bearbeitungsrichtung durch den Landwirt übereinstimmt. Beispiele aus der landwirtschaftlichen Nutzung haben gezeigt, dass es für die Fahrer von Landmaschinen vor allem zu Beginn nicht immer einfach ist, die Abstände zwischen den Metallgestängen richtig einzuschätzen und dazwischen zu manövrieren.

Experten gehen nach derzeitigem Kenntnisstand davon aus, dass grundsätzlich alle Kulturarten unter Agri-PV angebaut werden können.

Alle Modelle lassen einen Teil des Lichts durch, schützen aber gleichzeitig vor zu starker Sonneneinstrahlung. Daher eignet sich Agri-PV besonders für Kulturen, die eine hohe Empfindlichkeit gegenüber direkter Sonneneinstrahlung haben und im Schatten von Solarzellen angebaut werden können, wie Gemüse und Obst. Allerdings kann der Anteil der Sonneneinstrahlung je nach technischer Ausführung und Architektur der Anlage unterschiedlich ausfallen. Bauhöhe, -größe und Lichtdurchlässigkeit der Module können an die Bedürfnisse einer Kulturart angepasst werden, entsprechend stark variieren die Investitionskosten. Auch mögliche Windkanaleffekte bzw. verringerte oder erhöhte Windgeschwindigkeiten sollten bei einer Anlagenplanung berücksichtigt werden. Die insbesondere bei bodennahen Anlagen beobachteten Veränderungen hinsichtlich eines sich verändernden Mikroklimas unter den Modulen bringen Auswirkungen auf Luftzirkulation, Luftfeuchtigkeit und Bodentemperatur mit sich, die bei der Wahl geeigneter Pflanzen ebenso Berücksichtigung finden müssen. Experten gehen nach derzeitigem Kenntnisstand davon aus, dass grundsätzlich alle Kulturarten unter Agri-PV angebaut werden können. Schattentolerante Obstbäume, Beerensträucher, Salat, Erdbeeren oder Tafeltrauben erblühen auch in Folge einer Teilbeschattung unter Photovoltaik. Ebenso lassen sich Wein, Getreide oder Feldfutter gut mit der Agri-PV kombinieren. Für Kulturen wie Mais oder Weizen hingegen, die sehr viel Sonneneinstrahlung benötigen, kann Agri-PV weniger geeignet sein bzw. sich negativ auf den Ertrag auswirken.

Die Größe von Agri-PV-Anlagen hängt vom Flächenbedarf ab, der für die landwirtschaftliche Nutzung und die Photovoltaik-Module erforderlich ist. Die Größe kann je nach Betriebsgröße und Art der landwirtschaftlichen Produktion variieren. Da eine aufgeständerte Agri-PV im Gegensatz zu einer konventionellen PV-Anlage für eine landwirtschaftliche Bearbeitung befahren wird und per Definition eine bauliche Anlage ist, gelten für den Aufbau bestimmte Sicherheitsqualifikationen und Vorschriften, die es im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens einzuhalten gilt.

Agri-PV löst den Flächenkonflikt der Energieerzeugung und landwirtschaftlicher Bewirtschaftung, Landwirte sparen Stromkosten und tragen durch die doppelte Flächennutzung dazu bei, innerbetriebliche Kreisläufe zu schließen. Nicht zuletzt aber muss bei allen Vorteilen auch die Akzeptanz der Gesellschaft hinsichtlich der infrastrukturellen Auswirkungen und Veränderungen des Landschaftsbildes berücksichtigt werden.

Agri-PV-Anlagen sind nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2023) förderfähig. Experten kritisieren, dass das Genehmigungsverfahren zu aufwendig sei und kleinere Anlagen unter einer Leistung von einem Megawatt nicht berücksichtige, was den privaten Ausbau einzelner Landwirtschaftsbetriebe hemme.

23. Dez 2025

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Gesellschaft

Warum es so wichtig ist, konsequent nachhaltig zu bauen – Ein Beitrag von Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand DGNB e.V.

Nachhaltiges Bauen bedeutet weit mehr als energieeffiziente Gebäude oder den Einsatz ökologischer Materialien. Es beschreibt einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem Gebäude über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg betrachtet werden: von der Planung über den Bau und die Nutzung bis hin zu Umbaumaßnahmen oder den Rückbau. Ziel ist es, Umweltbelastungen zu minimieren, Ressourcen zu schonen, Menschen gesunde und lebenswerte Räume zu bieten und gleichzeitig wirtschaftlich sinnvolle Lösungen zu schaffen. Stand heute ist der Bausektor nach wie vor für einen erheblichen Teil der globalen CO2-Emissionen, den Verbrauch natürlicher Ressourcen und den zunehmenden Verlust der Biodiversität verantwortlich. Gleichzeitig verbringen wir den Großteil unseres Lebens in geschlossenen Räumen, die unser Wohlbefinden stärken sollen, ohne dabei die Zukunft unseres Planeten zu gefährden. Zudem leben immer mehr Menschen in der Stadt. Der Bedarf an attraktiven und dazu noch klimaresilient gestalteten Freiräumen wächst. Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Wie ein Perspektivwechsel in diese Richtung gelingen kann, zeigen wir noch bis zum 28. Januar 2026 mit der ersten DGNB Ausstellung „What If: A Change of Perspective“ in der Berliner Architekturgalerie Aedes. Die Ausstellung fordert Besucherinnen und Besucher dazu auf, gewohnte Denkmuster zu hinterfragen und die Themenvielfalt des nachhaltigen Bauens neu und unvoreingenommen auf sich wirken zu lassen. >Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Anhand gebauter Beispiele wird deutlich, dass viele Lösungen bereits existieren. So erfährt der Besuchende anschaulich, wie Gebäude klima- und ressourcenschonend geplant werden können, indem Materialien im Kreislauf geführt, Energie effizient genutzt oder sogar erzeugt wird und der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes berücksichtigt bleibt. Ebenso thematisiert werden Klimaanpassung und Resilienz: durch kluge Gestaltung, Begrünung und Freiräume können Gebäude und Städte besser mit Hitze, Starkregen oder Trockenperioden umgehen. Ein weiterer Fokus liegt auf dem Menschen. Nachhaltiges Bauen stellt das Wohlbefinden, die Gesundheit und das soziale Miteinander in den Mittelpunkt. Architektur kann Begegnung fördern, Identität stiften und bezahlbaren Wohnraum schaffen, ohne dabei die Umwelt aus dem Blick zu verlieren. Auch der verantwortungsvolle Umgang mit bestehenden Gebäuden spielt eine zentrale Rolle. Sanieren, Umnutzen und Weiterbauen im Bestand werden als Strategien gezeigt, um Flächen zu schützen und Ressourcen zu sparen. Nicht zuletzt wird klar, dass Nachhaltigkeit keine Kostenspirale sein muss. Ganzheitlich geplante Gebäude sind oft wirtschaftlicher, weil sie langfristig Betriebskosten senken, Risiken minimieren und ihren Wert erhalten oder steigern. Nachhaltiges Bauen ist kein abstraktes Expertenthema und schon gar keine Zukunftsvision, sondern eine konkrete Chance. Für lebenswerte Städte, für gesunde Räume und für eine gebaute Umwelt, die den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen ist. Als inhaltlich getriebener Non-Profit-Verein begreifen wir das nachhaltige Bauen seit unserer Gründung vor 18 Jahren als gesellschaftliche Aufgabe, nach der wir unser Handeln ausrichten. Mit der Ausstellung laden wir jeden einzelnen ein, genauer hinzusehen, weiterzudenken und selbst Teil des Wandels zu werden. Weitere Informationen gibt es unter www.dgnb.de/aedes