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1. Sep 2022

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Wirtschaft

Durch Automatisierung unseres Kleinteillagers steigern wir Umsatz und sind viel nachhaltiger

Journalist: Katja Deutsch

Matthias Franz, Geschäftsführer von Modellbau Härtle, erzählt über die Vorteile seines neuen automatisierten Kleinteillagers.

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Foto: Presse

Seit 130 Jahren vertreibt Härtle Modellbauteile der unterschiedlichsten Anbieter. Wann kam der Gedanke auf, dass Automatisierung hilfreich sein könnte?

Matthias Franz: Bereits 1997 hatten wir als einer der ersten deutschen Mittelständler einen Onlineshop mit „Kaufen“-Button. Seitdem hat sich unser Geschäft immer weiter Richtung E-Commerce verlagert, gleichzeitig wurde unser Sortiment immer größer. Irgendwann kamen wir schwer ins Grübeln, ob man nicht diese vielen manuellen Prozesse, mit diesen vielen Händen – die ja leider auch öfter fehlerbehaftet sind – in eine Automatisierung überführen könnte. Im Jahr 2008 haben wir mit automatisierten Abgleichen der Shopdaten begonnen, gefolgt von spezieller E-Commerce-Software und der Automatisierung von Kundenzahlungsdaten. Die Automatisierung unseres Kleinteillagers nahmen wir erst im vorletzten Jahr, nach zwei unfreiwilligen Umzügen, in Angriff.

Warum haben Sie auch Ihr Kleinteillager automatisiert?

Matthias Franz: Wir fragten uns, ob wir weiterhin eine Fläche bewirtschaften wollten – oder doch besser ein Volumen. Denn wir wachsen ja nach wie vor, und je größer die Fläche wird, desto länger und ineffizienter werden die Laufwege der Mitarbeiter. Deshalb haben wir uns für Volumen entschieden. Wichtigstes Kriterium waren uns Skalierbarkeit und Wachstum des Systems bei laufendem Betrieb. Das Arbeiten mit dem Lager ist jetzt hocheffizient: Über 100 Roboter arbeiten auf zwölf Ebenen.

Soll noch mehr automatisiert werden?

Matthias Franz: Im August werden wir die Rechnungsverbuchungen automatisieren, denn wir haben oftmals Rechnungen, die über 50 Seiten gehen. Jede einzelne Position muss ja hierbei (bisher manuell) genau verbucht werden, damit jeder Artikel seinen richtigen Preis hinterlegt hat. Eine wirklich ermüdende und für Menschen sinnlose Tätigkeit!

Der Auftragseingang ist schon länger automatisiert: Der Kunde wird automatisch angelegt, der Auftrag automatisch erzeugt und freigegeben, die Ware automatisch entnommen, danach Rechnung und Lieferschein automatisch erstellt. Und dann – und darauf sind wir tatsächlich sehr stolz – kommt die Ware in ein maßgeschneidertes Paket.

Weshalb sollte man seine Verpackungen bei der Automatisierung seines Lagers ebenfalls ins Auge fassen?

Matthias Franz: Weil das die logische Folge ist. Durch die maßgenauen Verpackungen sparen wir bis zu 40 Prozent Volumen beim Versand. Wenn man das hochrechnet auf LKWs, die 30 Prozent Luft in den zu großen Umverpackungen transportieren bis zum CO2-Ausstoß, der Feinstaubbelastung, dem Reifenabrieb, dann sieht man hier das riesige Einsparpotenzial.

Wie nachhaltig ist ein automatisiertes Kleinteillager?

Matthias Franz: Wir haben nur drei Materialien verbaut: Stahl für die Grundkonstruktion, Holz für die Fahrebenen, und Trays, also Regalbretter und Kartonagen für die Aufbauten. Alle Baumaterialien können problemlos dem Kreislauf zugeführt werden. Wir haben keinerlei fossile Brennstoffe, alles läuft über Wärmepumpen. Auf dem Dach befindet sich eine große Photovoltaikanlage, über die wir einen großen Energieüberschuss erzeugen. Durch unser automatisiertes Kleinteillager sind wir tatsächlich Vorreiter geworden!

Unsere Angestellten haben von uns übrigens allesamt eine Arbeitsplatzgarantie bekommen, niemand wurde im Zuge der Automatisierung gekündigt.

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.