Ein Mann der am Tablet Daten auswertet

Diesen Artikel teilen:

9. Apr 2024

|

Wirtschaft

Ehrlich zu sich selbst zu sein, ist unabdingbar – mit Marcus Diekmann

|

Foto: Towfiqu Barbhuiya/unsplash, Simon Thon

Marcus Diekmann, Experte für disruptive Geschäftsmodelle und digitale Transformation, Unternehmer und Start-up-Investor, spricht über seine Erfolge beim Change. Und was der Blick in den Spiegel damit zu tun hat.

Online_Diekmann.jpg Marcus Diekmann, Investor, Entrepreneur & „Teilzeit-CEO“

Marcus, du hast auf LinkedIn eine spektakuläre Arbeitgebersuche für einen „letzten großen Job“ gestartet, medial begleitet vom Manager Magazin. Warum jetzt schon der letzte?

Ich bin seit meinem 23. Lebensjahr selbstständig, habe mein ganzes Leben immer Vollgas gegeben und alles dem Job untergeordnet. Ab 2003 habe ich alles für meine Firma gegeben, danach bin ich – trotz des Versprechens an meine Frau, ein Jahr Pause zu machen – sofort Digitalchef von Beter Bed geworden. So ging es immer weiter. Aber jetzt haben Familie und Freunde Vorrang. Viele Firmen haben sich bei mir beworben, jetzt bin ich beratender Beiratsvorsitzender bei der Fair-Trade-Modemarke Armedangels.

Bei ROSE Bikes hast du dich entschieden, acht von 13 Ländern aufzugeben und dafür die Kernmärkte auszubauen. Warum? Kleinvieh macht auch Mist.

Meine wichtigste Faustregel lautet „Reduce to the Max“. Wenn in den fünf Kernmärkten nicht jeder ROSE kennt, warum dann in 13 Ländern? Man hat immer nur eine begrenzte Kapazität. Wo gewinnen wir am schnellsten? Ich bin ein Anhänger des Pareto-Prinzips. Denn die Komplexität, ein Unternehmen aufzubauen, ist heute viel zu hoch.

Was hat diese Entscheidung bewirkt?

Wir sind sofort um 30 Prozent gewachsen! Wir haben die acht Länder verlassen, gleichzeitig das Marketingbudget erhöht, die IT ausgebaut und eine ganze E-Commerce-Agentur gekauft und integriert. Durch die Konzentration auf diese drei Punkte sind wir durch die Decke gegangen.

Was ist deine Mission bei Armedangels?

Grow to matter! Wenn man faire und nachhaltige Mode verkauft, muss man dafür sorgen, dass sie von möglichst vielen Menschen getragen wird, denn sonst tragen sie Mode, die eben nicht nachhaltig und fair produziert wurde. Die Stellschrauben sind bei Armedangels andere als bei ROSE: Bekanntheitsgrad erhöhen, Internationalisierung vorantreiben, Whole Sale etablieren. Aber das Wichtigste ist, dass ich mir vorgenommen habe, nur noch Dinge zu machen, die die Welt ein bisschen besser machen!

Kann man eine Kollektion wie Armedangels wirklich weltweit erfolgreich etablieren, wenn Temu, der chinesische Marktplatz für Billigware, bereits im ersten Jahr auf dem deutschen Markt Milliardenumsätze mit Textilien macht?

Sehr gute Frage. Auch in der Modebranche stirbt die Mitte in der Positionierung der Unternehmen. Auf der einen Seite radikal billig, auf der anderen Seite gute Qualität zu einem vernünftigen Preis. Ich glaube, wir brauchen einen kompletten gesellschaftlichen Wandel im Sinne von „zurück zum Sonntagsbraten“. Nur einmal in der Woche Fleisch, dafür aber sehr gutes. Weniger Kleidung, dafür schöne, nachhaltig produzierte, die man viele Jahre trägt.

Dein Fokus liegt auf der digitalen Transformation. An welchen Stellschrauben kann man hier drehen, um Erfolge zu sehen?

Für mich gibt es zwei Säulen der Digitalisierung: das Geschäftsmodell und die Automatisierung aller Prozesse. Jedes Unternehmen muss heute zuerst mit Produkt, Preis, Service und Marketing online wettbewerbsfähig sein, erst dann kann es auch offline erfolgreich werden. Sortiments- und Einkaufsplanung, Filialbestückung, Chatbots für die Kundenkommunikation, all das kann automatisiert und KI-gesteuert ablaufen.

Wie wichtig ist dein Bauchgefühl bei unternehmerischen Entscheidungen?

Ich höre immer auf mein Bauchgefühl. Ich bin ein schneller und sehr mutiger Entscheider. Test, learn, build bigger – lieber ausprobieren als nicht zu entscheiden! Zweitens bin ich super kreativ, auch ein Bauchgefühl. Ich bin eine seltene Mischung aus wirklich kreativ und gleichzeitig zahlengetrieben, weil ich alles mit Zahlen verknüpfe.

In Konzernen fühlst du dich nicht wohl, aber wenn ein Start-up „erwachsen“ wird, wird es doch ein Konzern...

Konzerne haben ihre Stärken, aber sie demokratisieren zu viele Prozesse. Ich mache zwei Dinge komplett anders als Konzerne: Strategische Entscheidungen trifft ausschließlich die Geschäftsführung, in taktischen und operativen Prozessen hat mein Team maximale Freiheit. Ich sehe mich als Fußballtrainer: Wenn die Mannschaft verliert, kann man mich feuern.

Wann ist für dich der richtige Zeitpunkt zu gehen?

Ich bin sehr gut darin, diesen Umbruch, diesen Change auszulösen und Unternehmen voranzubringen. Aber dann kommt irgendwann die Phase des moderateren Wachstums. Und für diese Prozessoptimierung bin ich nicht der Richtige.

Wie können Unternehmen in diesen Zeiten resilient bleiben oder werden?

Es ist dabei besser, in der Krise realistisch zu sein, anstatt über Resilienz nachzudenken. Viele Unternehmen wollen zum Beispiel online Gas geben und stellen dafür zehn Leute ein. Aber wenn der Mitbewerber 200 Leute dafür hat, sind sie nicht konkurrenzfähig. Auch wer nur das anbietet, was es schon an jeder Ecke gibt, wird es schwer haben. Der ehrliche Blick in den Spiegel ist gefragt. Die meisten Unternehmen fallen in der Krise zudem in die gefühlte Sicherheit des Altbewährten zurück. Sie sollten die Krise aber als Chance nutzen, die Komfortzone zu verlassen und sich radikal verändern.

30. Apr 2025

|

Wirtschaft

Bidirektionales Laden spart Milliarden , Elektroautos können viel mehr, als „nur“ leise und ohne Abgase zu fahren

Mit bidirektionaler Ladetechnologie (BiDi) können sie Strom speichern und ins Netz zurückspeisen. Eine aktuelle Studie von Transport & Environment (T&E) zeigt, dass dies für Europas Energieversorger und Autofahrer Einsparungen in Milliardenhöhe ermöglichen könnte. Die Einsparungen resultieren aus einer effizienteren Nutzung der Erzeugungskapazitäten und einem geringeren Kraftstoffverbrauch. Um das Potenzial dieser Technologie zu nutzen, sind jedoch geeignete regulatorische Rahmenbedingungen notwendig. Laut der T&E-Studie könnte das Einsparpotenzial für Energieversorger und Verbraucher in der EU bis zu 22 Milliarden Euro jährlich betragen, was etwa acht Prozent der Kosten für das EU-Energiesystem entspricht. Von 2030 bis 2040 könnte die BiDi-Technik EU-weit mehr als 100 Milliarden Euro einsparen, allein in Deutschland bis zu 8,4 Milliarden Euro jährlich. Ein Grund für die hohen Einsparungen ist die Möglichkeit, mehr Strom aus erneuerbaren Quellen, insbesondere Solarstrom, in das Energiesystem zu integrieren. Die Nutzung der Fahrzeugakkus könnte den Bedarf an teureren stationären Speichern in der EU um bis zu 92 Prozent senken und die installierte PV-Leistung um bis zu 40 Prozent steigern. Die Halter von Elektrofahrzeugen profitieren direkt vom bidirektionalen Laden, da sie mit geringeren Stromkosten rechnen können. Zudem dürfte die Lebensdauer der Fahrzeugakkus durch optimiertes Laden steigen. In Frankreich haben The Mobility House und Renault beispielsweise das erste Vehicle-to-Grid (V2G)-Angebot eingeführt. Besitzer eines V2G-fähigen Renault 5 können mit einer speziellen Wallbox kostenfrei laden und ihren Fahrzeugakku ins Energiesystem einspeisen. Dieses Angebot soll bald auch in Deutschland und dem Vereinigten Königreich verfügbar sein. Im deutschen Markt gibt es jedoch noch Herausforderungen, wie den langsamen Roll-out von Smart Metern und die Notwendigkeit, einen passenden rechtlichen Rahmen zu schaffen. Der zweite Europäische Gipfel für bidirektionales Laden hat klare Handlungsempfehlungen ausgesprochen, die nun umgesetzt werden müssen. Dazu gehört die Abschaffung der Doppelbelastung von zwischengespeichertem Strom durch Netzentgelte und die Sicherstellung, dass „grüner“ Strom seine Förderansprüche auch bei Zwischenspeicherung im Akku behält. Die Messe „The smarter E Europe“ 2025 wird dem Thema eine eigene Sonderschau widmen, um Chancen und Herausforderungen für die Mobilitäts- und Energiebranche aufzuzeigen. Die Veranstaltung findet vom 7. bis 9. Mai 2025 in München statt und vereint vier Fachmessen: Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe. Die Sonderschau auf „The smarter E Europe“ wird dabei Produkte und Lösungen für das bidirektionale Laden präsentieren und Raum für Austausch und Networking bieten. ## Factbox The smarter E Europe vereint als Europas größte Messeallianz für die Energiewirtschaft vier Fachmessen (Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe) und findet vom 7. bis 9. Mai 2025 auf der Messe München statt. https://www.powertodrive.de/home

16. Apr 2025

|

Wirtschaft

Games für einen starken Wirtschaftsstandort Deutschland – mit Felix Falk, Geschäftsführer des game – Verband der deutschen Games-Branche

Computer- und Videospiele verbinden weltweit Milliarden Menschen. Sie begeistern Jung wie Alt, Frauen wie Männer und über alle Grenzen hinweg. Technologisch setzt und entwickelt die Games-Branche die wichtigsten Trends – von Künstlicher Intelligenz über Gamification bis hin zu Virtual Reality. Mit ihrer riesigen Community und Innovationskraft sind Games zentraler Treiber der gesamten Medienindustrie. So soll der globale Markt für Games laut Marktforscher „McKinsey“ bis 2040 um bis zu 330 Prozent auf rund 910 Milliarden US-Dollar wachsen; schon heute ist der Umsatz größer als von Film und Musik zusammengenommen. In diesem global bedeutsamen Markt kann auch Deutschland zukünftig eine noch wichtigere Rolle spielen. Mit Games werden hierzulande rund 9,4 Milliarden Euro umgesetzt. Damit ist der deutsche Games-Markt bereits die Nummer 1 in Europa und der fünftgrößte weltweit. 6 von 10 Deutschen spielen Games. Das Durchschnittsalter liegt bei über 38 Jahren. Während hier nach wie vor viele Games konsumiert werden, sind Games-Produktionen aus Deutschland jedoch kaum an diesen starken Umsätzen beteiligt. Anders als an anderen Top-Standorten wie Großbritannien, Kanada oder Frankreich fehlen für die Games-Unternehmen in Deutschland verlässliche und international konkurrenzfähige Rahmenbedingungen. Diese braucht es aber, um die riesigen Chancen für Wirtschaft, Digitalisierung und Gesellschaft auch hierzulande zu nutzen. Denn die Potenziale sind da: Deutsche Games-Unternehmen sind kreativ, vielfältig und innovationsstark. Hier werden herausragende Ideen, Geschichten und Technologien auf Weltniveau geboren. Das zeigen in jedem Jahr etwa die nominierten Spiele beim Deutschen Computerspielpreis. Doch auf dem global hart umkämpften Markt – viele Titel konkurrieren um die begrenzte Zeit der Spielenden – sind wir als Branche, die noch am Anfang ihrer Aufholjagd zu den besten Games-Standorten ist, im Nachteil. Während andere erfolgreiche Länder bereits vor vielen Jahren die Weichen für eine starke Unterstützung ihrer Games-Branchen gestellt haben, haben wir in Deutschland erst vor wenigen Jahren angefangen. >Mit einem planbaren Fördermodell kann die Games-Branche endlich auch hierzulande zu einem starken Wachstums- und Innovationstreiber werden. Dafür setzen wir uns als Branche in Deutschland ein. Jetzt liegt es an der neuen Bundesregierung, ein verlässliches und konkurrenzfähiges Förderprogramm zügig aufzustellen. Ein wichtiger Schritt war dabei 2020 der Start der Games-Förderung des Bundes. Diese zeigte gerade zu Beginn eine Starke Wirkung: Die Anzahl der Games-Unternehmen und -Beschäftigten stieg deutlich an und es sind zahlreiche neue Spieleprojekte entstanden. Bedingt durch die hohe Nachfrage und die begrenzt zur Verfügung gestellten Fördermittel kam es jedoch mehrfach zu längeren Förderstopps. Das hat die positive Dynamik der vergangenen Jahre wieder zum Erliegen gebracht. Die entscheidende und wettbewerbsfähige Maßnahme ist dabei eine zusätzliche steuerliche Games-Förderung. Diese wird an international erfolgreichen Games-Standorten bereits seit vielen Jahren eingesetzt und bietet dort im Vergleich zu Deutschland Kostenvorteile von rund 30 Prozent. Aus wirtschaftlicher Perspektive würde das steuerliche Fördermodell Vorteile für den gesamten Wirtschaftsstandort bringen – so würde jeder Euro für die steuerliche Games-Förderung 4,80 Euro zusätzliche Investitionen auslösen, 3,40 Euro zusätzliche Steuereinnahmen und Sozialabgaben generieren und 8,70 Euro zusätzliche Brutto-Wertschöpfung nach sich ziehen. Mit einem planbaren Fördermodell kann die Games-Branche endlich auch hierzulande zu einem starken Wachstums- und Innovationstreiber werden. Dafür setzen wir uns als Branche in Deutschland ein. Jetzt liegt es an der neuen Bundesregierung, ein verlässliches und konkurrenzfähiges Förderprogramm zügig aufzustellen. Und wer sich von den Potenzialen, Innovationskraft und Kreativität von Games überzeugen möchte, ist auf der gamescom im August genau richtig! Von den neuesten Spielen und Gaming-Trends über die spannendsten Technologien bis hin zu E-Sport und Popkultur rund um Games: Tausende Menschen aus aller Welt treffen sich auf dem weltgrößten Games-Event vor Ort in Köln, um gemeinsam diese einzigartige Kultur zu feiern. Hunderte Millionen weltweit schalten bei den digitalen Formaten zu. Einmal im Jahr schlägt damit das Herz der Games-Welt hier in Deutschland. Eines ist aber klar: Damit auch das ganze Jahr über alle Augen auf uns gerichtet sind, braucht die Games-Branche verlässliche und international wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen!