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6. Jun 2024

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Gesellschaft

„Ein bissle was geht immer noch“ – Christian Müller

Journalist: Thomas Soltau

Porsche erweitert sein Angebot an vollelektrischen Sportlimousinen um zwei neue PS starke Modelle: den Taycan Turbo GT und den Taycan Turbo GT mit dem Weissach-Paket. Welche technischen Herausforderungen Projektleiter Christian Müller meistern musste, erklärt er im Interview.

Herr Müller, der Taycan Turbo GT ist ein wahrer Höllenritt auf Rädern. Wie fühlt es sich an, die Launch Control zu aktivieren und innerhalb von 2,2 Sekunden auf 100 km/h zu beschleunigen?

Das ist schon ein unglaubliches Gefühl, die enorme Beschleunigung des Fahrzeugs zu spüren. Für mich persönlich ist aber der 0-200km/h-Wert von 6,4s fast noch beeindruckender. In Summe bietet der Taycan tatsächlich Fahrleistungen, die in diesem Segment vor einiger Zeit noch unvorstellbar waren.

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Warum ist diese Rakete noch ein Alltagswagen, der auch von Nicht-Rennfahrern beherrschbar ist?

Uns war es wichtig, auch bei diesem Fahrzeug eine hohe Alltagstauglichkeit anzubieten. Die Regelsysteme sind sehr ausgewogen abgestimmt. Sie können mit dem Turbo GT einfach dahin cruisen oder eben auch auf die Rundstrecke gehen. Darum bieten wir das Fahrzeug auch optional mit Weissach-Paket an.

Porsche hat beim Taycan Turbo GT stark in Effizienz investiert. Könnten Sie uns näher erläutern, welche Innovationen dabei zum Tragen kommen und wie Sie die Leistung des Fahrzeugs beeinflussen?

Wir haben im Rahmen der Taycan Produktaufwertung generell einen starken Fokus auf Effizienzsteigerung gelegt. Beim Turbo GT haben wir es geschafft, trotz der Performance-Steigerung eine WLTP-Reichweite von 555 km bzw. 554 km zu erreichen. Ein Baustein war hier der Einsatz eines neuen 900Ampere Silizium Carbide Inverters am Hinterachsantrieb.

Die Integration von Keramikscheibenbremsen hat die Leistung und Sicherheit des Taycan Turbo GT verbessert. Welche Aspekte des Fahrzeugs machen Sie besonders stolz?

Besonders stolz bin ich darauf, dass wir es dank einer tollen Teamleistung geschafft haben, ein sehr stimmiges Gesamtpaket zu schnüren. Das Ziel war es, ein emotionales, fahrerorientiertes BEV zu schaffen, das die traditionellen Eigenschaften eines Porsche in sich trägt: klares Design, wertige Materialien und Best in Class Fahrperformance.

Das Taycan Turbo GT-Modell bietet über 1.100 PS und 1240 Newtonmeter Drehmoment. Gibt es ein Limit bei der Power und wären noch mehr PS überhaupt sinnvoll?

Bei uns in der Region sagt man gerne: „ein bissle was geht immer noch“. Die Grenzen werden sich auch in diesem Bereich verschieben und die Frage wird eher sein, in welchem Bauraum, bei welchem Gewicht und zu welchen Preisen sich Leistung installieren lässt. Die Sinnhaftigkeit ist dabei vom Einsatzzweck abhängig. Wir haben es bei den E-Fahrzeugen konzeptbedingt immer noch mit tendenziell schwereren Fahrzeugen im Vergleich zu den Verbrennern zu tun. Es kann daher vor allem für so spitz positionierte Derivate schon sinnvoll sein, zukünftig auch noch mehr Leistung bereitzustellen.

Neben der beeindruckenden Leistung hat Porsche auch das Fahrwerk des Taycan GT verbessert. Welche Vorteile bietet es in Bezug auf Komfort und Performance?

Das neue Porsche Active Ride Fahrwerk bietet die Möglichkeit, einen sehr weiten Bereich abzudecken.

Wir haben bei der Abstimmung großen Wert auf diese Ausgewogenheit zwischen Alltagstauglichkeit bis hin zur Möglichkeit, das Fahrzeug auf einer Rundstrecke zu bewegen, gelegt. Das aktive Fahrwerk ist beim Turbo GT bereits als Serienumfang enthalten.

Eine präzise und kommunikative Lenkung ist für Sportwagen unerlässlich. Wie wurde die Lenkung des Taycan Turbo GT entwickelt, um ein optimales Fahrerlebnis zu gewährleisten?

Die Lenkung selbst unterscheidet sich beim Turbo GT nicht von den anderen Taycan Derivaten. Durch die optimierte Abstimmung des Fahrwerks auf die neuen Performance Reifen erreichen wir aber eine noch direktere Fahrzeugreaktion, zudem unterstützen die serienmäßige Hinterachslenkung, sowie eine auf das Fahrzeug optimierte Regelstrategie des Porsche Torque Vectoring.

Mit einer Spitzenladeleistung von 270 bis 320 kW setzt der Taycan neue Maßstäbe im Schnellladen. Wie hat Porsche es geschafft, dieses breite Plateau für schnelles Aufladen zu erreichen?

Wir setzen hier bei allen neuen Taycan Derivaten eine weiterentwickelte Zellchemie ein, was zu einer deutlichen Erweiterung des Schnellladekennfeldes führt. In einem Bereich zwischen 10 % und 80 % SOC, sowie bereits ab 15°C Batterietemperatur kann nun mit bis zu 320 kW abhängig von der Infrastruktur geladen werden. Somit können bei optimalen Bedingungen in 10 min ca. 300 km bzw. von 10 % auf 80 % in 18min nachgeladen werden.

Wie sehen Sie die Zukunft der Elektromobilität bei Porsche im Hinblick auf die Weiterentwicklung des Taycan und die Integration neuer Technologien?

Wir haben die Ambition, im Jahr 2030 mehr als 80 Prozent unserer Neufahrzeuge vollelektrisch auszuliefern – abhängig von der Nachfrage und der Entwicklung der Elektromobilität in den Weltregionen. Deshalb arbeiten wir beim Taycan konkret daran, dass sich die Reichweiten verlängern, die Ladezeiten verkürzen, sowie die Fahrleistungen noch weiter gesteigert werden.

30. Apr 2025

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Gesellschaft

Eine benutzerfreundliche Infrastruktur ist ein Muss für den Erfolg der Elektromobilität in Deutschland – mit Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM)

![Christian Heep Vize-Präsident BEM Bundesverband eMobilität -Online.JPG](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Christian_Heep_Vize_Praesident_BEM_Bundesverband_e_Mobilitaet_Online_14b581b45a.JPG) ``` Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM) ``` **Welche strategischen Bereiche stehen derzeit im Fokus des BEM?** Wir setzen auf die systemische Transformation des Mobilitätssektors. Dabei liegt unser Augenmerk auf dem flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur, der Verknüpfung mit erneuerbaren Energien, klaren regulatorischen Rahmenbedingungen und der Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland. **Wie gestaltet sich der Ausbau der Ladeinfrastruktur?** Ein leistungsfähiges Ladenetz ist entscheidend für die Akzeptanz der Elektromobilität. Wir fördern eine interoperable und benutzerfreundliche Infrastruktur, die intelligente Netzintegration, bidirektionales Laden und Speicherlösungen umfasst. Bestehende Tankstellen sollen als multifunktionale Energiehubs umgerüstet werden. **In welcher Verbindung stehen E-Mobilität und erneuerbare Energien?** Elektromobilität ist nur dann nachhaltig, wenn der Strom aus Wind und Sonne kommt. Daher muss eine direkte Verbindung zwischen Ladeinfrastruktur und erneuerbaren Energien geschaffen werden – unterstützt durch intelligente Netzsteuerung, lokale Erzeugung und Speicherlösungen. Regulatorische Anreize sollen Betreibende und Nutzende dazu motivieren, verstärkt Grünstrom zu verwenden. >Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. **Welche Rolle spielt die Verkehrswende im Klimaschutz?** Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. Neben der Elektrifizierung des Straßenverkehrs setzen wir auf multimodale Verkehrskonzepte und die effiziente Nutzung vorhandener Infrastruktur. **Wie trägt E-Mobilität zur Stärkung der deutschen Wirtschaft bei?** Der Übergang zur Elektromobilität bietet Deutschland die Chance, sich von fossilen Technologien zu lösen und in Zukunftsbranchen zu investieren. Wichtige Bereiche sind hier die Forschung, Entwicklung und Produktion von Batterien, Ladeinfrastruktur und digitalen Mobilitätsdiensten – essenziell, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. **Ist staatliche Förderung noch notwendig?** Ja, staatliche Förderungen bleiben essenziell, müssen aber zielgerichtet, degressiv und langfristig ausgerichtet sein. Sie sollen den Markthochlauf, den Infrastrukturausbau und die Forschung unterstützen – während gleichzeitig Subventionen für fossile Kraftstoffe reduziert werden müssen. >Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. **Wie sollten staatliche Fördermaßnahmen gestaltet sein?** Es braucht eine Förderpolitik, die die Transformation gesamtheitlich betrachtet: Infrastruktur, Fahrzeugflotten, Speichertechnologien und Netzintegration. Gleichzeitig müssen regulatorische Hemmnisse abgebaut werden, etwa bei Netzentgelten oder Abgaben auf Eigenstromnutzung. Neben regulatorischen Rahmenbedingungen und politischer Lenkungswirkung sind sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Förderungen notwendig. Jeder investierte Euro zahlt sich langfristig aus, indem er Innovationskraft, Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Klimaschutz sichert. **Wie bewertet der BEM die erhöhten Zölle auf chinesische Elektroautos?** Protektionismus ist kein zielführender Ansatz. Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. ## Factbox: **Christian Heep ist Vorstand beim BEM** und leitet Marketing, Medien, PR, Kommunikation, Politik, Messen und Events. Seine Leidenschaft für erneuerbare Energien und Elektromobilität inspiriert ihn zu innovativen Projekten für eine nachhaltige Mobilität.