15. Dez 2023
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Lifestyle
Journalist: Armin Fuhrer
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Foto: Ralf Jürgens
Vor der Anschaffung sollte sich der potenzielle Halter stets fragen, ob der Vierbeiner zu den eigenen Lebensumständen passt, rät Hundeexperte Martin Rütter.
Herr Rütter, wie wichtig ist es für das Wohlbefinden eines Hundes, ihm Zeit und Achtsamkeit zu widmen?
Das ist total wichtig. Hunde sind soziale Wesen und grundsätzlich nicht gern allein. Für einen Hund muss man einfach Zeit haben. Und damit meine ich nicht nur die Zeit für die Pflege wie beispielsweise Kämmen oder Krallen schneiden. Ein Hund ist ein Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen, über die man sich gut informieren muss. Auch deswegen finde ich, dass es sehr wichtig ist, noch bevor man einen Hund in sein Leben holt, eine Art Checkliste zu erstellen und sich zu fragen: Welcher Hund passt überhaupt zu mir und meinen Lebensumständen? In jeder guten Hundeschule kann man sich vor der Anschaffung übrigens dahingehend beraten belassen. Und was auch noch ganz wichtig ist: So gut wie jeder Hund braucht auch den Kontakt zu seinen Artgenossen.
Es gibt aber auch viele Hundebesitzer, die vermenschlichen ihren Hund regelrecht. Wo ist der richtige Mittelweg?
Bei dem Thema Vermenschlichung muss man ein wenig differenzieren. Wenn man seinen Hund mal vermenschlicht, geht ja nicht direkt die Welt unter. Ich habe meinem Hund abends auf der Couch auch schon mal meine Sorgen und Nöte des Tages erzählt. Kein Problem. Es darf nur nicht so eskalieren, dass ich permanent meine Wünsche auf den Hund projiziere. Das schürt Erwartungen, die der Hund niemals erfüllen kann. Die Kernfrage lautet: Was stört den Hund? Solange der Hund in seiner geistigen und körperlichen Freiheit nicht eingeschränkt wird und nach seinen natürlichen Bedürfnissen entspannt leben kann, ist alles okay. So ist beispielsweise gegen ein mit Diamanten besetztes Halsband nichts zu sagen, denn es beeinträchtigt den Hund nicht. Das gilt auch für das pinkfarbene Märchenschloss als Hundehütte. Gefährlich wird’s aber, wenn der Hund zum Oktoberfest ins Dirndl gezwängt wird. Da hört der Spaß auf, das ist Tierquälerei.
Jetzt steht Weihnachten vor der Tür – ist es eine gute Zeit, um einen Hund zu verschenken?
Ich rate davon ganz klar ab, weil es das Schlimmste und Blödeste ist, was man dem Tier antun kann. Ein Hund wäre damit doch völlig überfordert: Das ganze Haus ist voll von Verwandten, da steht ein Tannenbaum, bei dem er aber nicht an die Kugeln darf, überall liegt Schokolade rum. Am besten holt man sich einen Hund, wenn gerade Alltag herrscht – und nach reichlich Überlegung natürlich.
Und wenn doch unbedingt verschenkt werden soll – worauf sollte man unbedingt achten?
Ich bin wirklich komplett dagegen, einen Hund zu verschenken. Aber ich sage Ihnen gerne, was ich den Leuten rate, die sich einen Hund in ihrem Leben wünschen (nicht als Geschenk) und sich das sehr gut überlegt haben: Geht ins Tierheim. Viele Menschen haben den Irrglauben, dass man mit einem Welpen vom Züchter automatisch vor allen Problemen dieser Welt gefeit sei. Das ist natürlich Quatsch. Auch bei Züchtern gibt es gute und schlechte. Oft haben die Leute Angst, einen Tierheim-Hund zu nehmen, weil sie denken, der hat auf jeden Fall eine Schraube locker. Das ist Unsinn. Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass Hunde, die eine zweite Chance bekommen, einfach wahnsinnig dankbar sind.