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14. Dez 2023

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Gesellschaft

„Ein niedriger Strompreis ist für den Erfolg der Wärmepumpe entscheidend“

Journalist: Jakob Bratsch

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Foto: Carlos Lindner/unsplash

Nach dem Heizungsstreit ist die Verunsicherung der Verbraucherinnen und Verbraucher groß. Robert Busch, Geschäftsführer des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft (bne), erklärt im Interview, wie Deutschland bei der Wärmewende aufholen kann. Wärmepumpen sind die effizienteste und langfristig günstigste Form des Heizens, so der Verbandschef.

Gasheizungen boomen. Wie ist Ihre Bilanz nach der Debatte rund um das Heizungsgesetz?
Die Debatte war sehr irrational und politisch aufgeladen. Das wurde der Sache nicht gerecht. Das Gesetz war eigentlich angewandter zukunftsorientierter Verbraucherschutz. Im Ergebnis wurden allerdings die ursprünglich vereinbarten Vorgaben für neue Heizungen massiv aufgeweicht. Das Verbot neuer Öl- und Gasheizungen gilt nur noch für Neubauten in reinen Neubaugebieten. Außerdem blieb die Förderung zu lange unklar. Wer sich jetzt allerdings noch eine neue Gasheizung einbauen lässt, dürfte in den nächsten Jahrzehnten in ein finanzielles Desaster laufen – durch immer höhere Gaspreise, den steigenden nationalen CO2-Preis und explodierende Gasnetzentgelte. Denn die Lebensdauer einer Heizung beträgt zwanzig Jahre. Rational betrachtet sprechen alle Argumente für die Wärmepumpe.

 

Welche Rolle spielen Wärmepumpen auf dem Weg zur angestrebten Klimaneutralität? 
Wärmepumpen gehören schon heute im Neubau zum Standard und auch im Bestand gibt es Fortschritte. Zwei von drei Wärmepumpen werden in der Sanierung eingesetzt. Der große Vorteil liegt darin, dass sie mit der Zukunftsenergie erneuerbarer Strom laufen. Im Laufe ihrer Betriebsdauer werden sie daher durch den wachsenden Anteil der Erneuerbaren am Strommix immer grüner und günstiger. Wer eine eigene Photovoltaikanlage hat, kann zudem die Stromkosten sofort weiter drücken.

 

Wo stehen wir in Deutschland bei der Verwendung von Wärmepumpen? 
Bei den Absatzzahlen liegt Deutschland europaweit auf dem drittletzten Platz. Vorreiter sind Finnland und Norwegen. Entscheidend für den Erfolg ist das Verhältnis vom Strom- zum Gaspreis: In Deutschland haben wir immer noch zu viele Abgaben und Umlagen auf Strom, die den Umstieg auf die Wärmepumpe erschweren. Das muss sich ändern, ebenso wie das System der Netzentgelte.

 

Wie hat sich der Absatz entwickelt und welche Entwicklung erwarten Sie?
In Deutschland sind rund 1,6 Millionen Heizungswärmepumpen im Einsatz. Bis 2030 müssen mindestens sechs Millionen dazuzukommen, bis 2050 brauchen wir mindestens 16 Millionen Geräte. Getrieben durch die Angst um die Gas-Versorgungssicherheit war 2022 ein Rekordjahr für die Branche. Allerdings sind die Aufträge in den letzten Monaten drastisch eingebrochen – Wärmepumpen waren ja zwischenzeitlich schon fast zum politischen Kampfbegriff geworden. Die Nachteile haben nun die Verbraucher, die durch Verzögerungen und Falschinformationen verunsichert sind.

 

Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesteckt, ab 2024 jährlich 500.000 Wärmepumpen zu erreichen. Was muss passieren, damit das klappt?
Die Sanierung ist der zentrale Hebel für die Wärmewende. Für den Heizungsaustausch hat die Bundesregierung mit der überarbeiteten Bundesförderung für Effiziente Gebäude (BEG) für großzügige Unterstützung gesorgt. Ein niedriger Strompreis ist jetzt für den Erfolg der Wärmepumpe entscheidend. Die Abgaben auf Wärmepumpen-Strom müssen runter. Der Wegfall der EEG-Umlage war ein erster Schritt. Jetzt braucht es weitere Entlastungen, etwa bei der Reduktion der Stromsteuer. Parallel benötigen wir starke marktliche Signale, um teure Fehlinvestitionen in fossile Technik zu verhindern. Durch den ansteigenden CO2-Preis im nationalen Emissionshandel und die damit stetig teureren fossilen Energien werden immer mehr Verbraucher umsteigen.

 

Wie sieht es denn mit der staatlichen Förderung genau aus?
Die Investitionskosten sind bei Wärmepumpen noch höher als bei fossilen Heizungen. Dafür werden Wärmepumpen mit maximal 75 Prozent der Investitionskosten staatlich gefördert. Der Basissatz liegt bei 30 Prozent. Hinzu kommen 25 Prozent Klimabonus für den Austausch besonders alter Kessel. Haushalte mit einem Einkommen unter 40.000 Euro im Jahr erhalten einen weiteren Bonus in Höhe von 30 Prozent.

 

Gleichzeitig mit dem Gebäudeenergiegesetz tritt ab Januar auch das Wärmeplanungsgesetz in Kraft. Wie schätzen Sie das ein?
Das Gesetz zeigt grundsätzlich in die richtige Richtung. Die Kommunen haben allerdings bis 2028 viel zu lange Zeit, um ihre Wärmepläne vorzulegen. Bis dahin abzuwarten, wäre keine gute Idee. Dazu kommt, die Fernwärme ist nicht per se „grün“ und wird auch nicht plötzlich vom Himmel fallen. Denn Fernwärme lohnt sich nur bei einer hohen Anschlussdichte, vor allem in urbanen Gebieten. Auch „H2ready”-Gasheizungen sind keine Lösung für die Breite, grüner Wasserstoff wird auf absehbare Zeit nicht für die Wärmeversorgung zur Verfügung stehen. Mehr und mehr Kommunen lehnen zudem eine Umrüstung der Gasnetze auf Wasserstoff aus Kostengründen ab.

 

Was ändert sich noch ab 2024?
Neu ist, dass der Netzbetreiber den Anschluss von Wärmepumpen nicht mehr ablehnen oder verzögern darf. Grundlage dafür ist die Festlegung der Bundesnetzagentur zu Paragraf 14a im Energiewirtschaftsgesetz. Der Clou dabei: Verbraucher erhalten reduzierte Netzentgelte und damit einen günstigeren Wärmepumpenstrom. Im Gegenzug kann der Netzbetreiber den Strombezug der Wärmepumpe vorübergehend reduzieren, wenn nachweislich eine akute Netzüberlastung droht. Die Wärmeversorgung ist dabei nicht gefährdet.

 

Sollten die Wärmepumpe mit einer eigenen Solaranlage auf dem Dach verbunden werden?
Die Kombination von Wärmepumpe und Photovoltaik senkt die Stromkosten durch den günstigen selbst erzeugten Strom, ist also die Premium-Lösung. Gerade im Herbst und Frühjahr kann man einen großen Anteil des Stroms, der für die Wärmepumpe gebraucht wird, selbst erzeugen, für eine eventuelle Kühlung im Sommer sowieso.

 

Lohnt sich eine Speicherbatterie? Und wie weit ist die Technik? 
Definitiv, die Batterie speichert die günstige solare Ernte für jegliche elektrische Anwendung im Haus, nicht nur für die Wärmeerzeugung. Die Batterietechnik macht große Fortschritte und wird ständig günstiger, bei steigenden Kapazitäten. Da Heizungen meist Wasser-geführte Systeme sind, bieten sich auch thermische Pufferspeicher an.

Wie lange muss man für den Austausch planen?
Aktuell geht der Austausch wesentlich schneller als noch vor einem Jahr. Zwischen Auftragseingang und Installation liegen oft nur acht bis zehn Wochen.

9. Jul 2025

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Gesellschaft

Die Herausforderungen des Wohnens heute und morgen – ein Beitrag vin Dr. Christine Lemaitre

Kaum ein Bereich des Lebens ist so individuell und emotional behaftet wie das Wohnen. Die Gestaltung des eigenen Zuhauses spiegelt unsere Persönlichkeit wider, zeigt, worauf wir Wert legen und was wir bereits erlebt haben. Die eigenen vier Wände bieten Sicherheit und sind Orte der Entspannung. Nun rückt das Thema Wohnen in der aktuellen Debatte immer wieder in den Fokus. Es herrscht ein Mangel insbesondere an bezahlbarem Wohnraum und das in allen Schichten der Gesellschaft. Gründe dafür gibt es viele, darunter der Bevölkerungswachstum, Binnenwanderung und gestiegene Baukosten. Lösungsansätze sind vorhanden, die nicht nur angesichts der politischen Klimaziele im Einklang mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz umgesetzt werden müssen. Denn die Auswirkungen des Klimawandels sind längst spürbar. Die Baubranche steht als einer der Hauptverursacher klar in der Pflicht, Gebäude und Außenräume wieder für den Menschen zu planen und auf eine langfristige, qualitätsvolle Nutzung auszulegen. Das größte Potenzial, um Ressourcen und CO2 einzusparen, bieten der Erhalt und bei Bedarf die Umnutzung bestehender Gebäude, wodurch auch gleich die baukulturelle Identität des Ortes bewahrt wird. Gerade in Städten, wo der Wohnraum besonders knapp ist, stehen Flächen leer deren ursprünglich vorgesehene Nutzung nicht mehr benötigt wird. Durch Offenheit und Mut kann hier etwas ganz Besonderes entstehen. Nachhaltige Strategien wie Suffizienz und Lowtech bieten sowohl im Neubau als auch im Bestand reizvolles Innovationspotenzial. Mit dem Suffizienz-Gedanken geht die Frage einher, wie viel genug ist. Sie sollte immer wieder gestellt werden, um abzuwägen, was bezüglich Fläche, Material und Gebäudetechnik wirklich gebraucht wird. Wer hier einspart, übernimmt Verantwortung. Das gesparte Geld lässt sich an anderer Stelle beispielsweise zugunsten einer hohen Qualität und guter Gestaltung sinnvoll investieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist Flexibilität, um auf sich ändernde Lebenssituationen reagieren zu können. Diese Ansätze sind wie geschaffen für einen neuen, zukunftsweisenden Trend beim Planen, Bauen und Erhalten von Gebäuden. Hilfestellung zur Umsetzung kann das speziell für kleine Wohngebäude entwickelte Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen geben. Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Neben dem ganz eigenen, individuellen Rückzugsraum, bestückt mit liebgewonnenen Möbelstücken und Accessoires, entsteht dadurch ein besonderer Wert, nämlich der der körperlichen und geistigen Gesundheit. >Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Als Non-Profit-Verein setzen wir uns bei der DGNB für die nachhaltige Transformation der Bau- und Immobilienwirtschaft ein. Wir klären auf, leisten Hilfestellung und sensibilisieren für ein verantwortungs- und qualitätvolles Bauen und Betreiben von Gebäuden. Das DGNB-Zertifizierungssystem verhilft dabei allen am Bau Beteiligten zu einem gemeinsamen Verständnis darüber, welche Möglich- aber auch Notwendigkeiten das nachhaltige Bauen mit sich bringt, um einen positiven Beitrag für Mensch, Umwelt und Wirtschaftlichkeit zu leisten.