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7. Okt 2020

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Wirtschaft

Energiesouveränität und Klimaschutz sichern

Journalist: Ulrich Lissek, Head of Communications and Governmental Relations Nord Stream 2 AG

Die Gasproduktion der EU wird sich in den nächsten fünfzehn Jahren halbieren, der Gasbedarf dagegen stabil bleiben. Dadurch entsteht für die EU eine Importlücke von 120 Mrd. m3 pro Jahr. Diese Lücke kann sowohl durch Flüssiggas (LNG) als auch durch Pipelinegas geschlossen werden, allerdings im fairen Wettbewerb in einem freien Markt.

Für Europa und insbesondere für Deutschland ist eine sichere und wettbewerbsfähige Energieversorgung existentiell. Der Atomausstieg ist besiegelt, die geplante schrittweise Schließung von Kohlekraftwerken wird den Gasbedarf für Stromerzeugung deutlich ansteigen lassen.


Applikatoren zur Beschichtung der Schweißnaht an Bord der Audacia

Gaskraftwerke liefern verlässlich Strom und gleichen die Schwankungen der erneuerbaren Energien aus. Und das Potenzial des emissionsärmsten fossilen Brennstoffs ist bei Weitem noch nicht ausgereizt. Die komplette Verstromung der von Nord Stream 2 transportierten Jahresmengen (55 Mrd. m3 Erdgas) kann die Hälfte der EU-Stromerzeugung aus Kohle ersetzen und so 160 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen. Dies entspräche den gesamten CO2-Emissionen des deutschen Verkehrssektors von jährlich 163 Millionen Tonnen. Auch im Wärmesektor und in der Industrie lässt sich noch auf Jahre mit Erdgas der CO2-Ausstoß verringern.

Wer dieser Logik folgt, muss auch den Transport von Gas einem ökologischen Vergleich unterziehen. Das Ergebnis ist eindeutig: In Abhängigkeit von der Herkunft des LNG würde die Nord Stream 2-Route sowie die neuen Pipelines aus dem modernen Gasfeld im russischen Bowanenkowo 2,4- bis 4,6- mal weniger Treibhausgasemissionen als der LNG-Transport verursachen. Diese Einsparungen zwischen 17,1 und 44,6 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr entsprechen etwa den jährlichen Emissionen von Litauen beziehungsweise der Slowakei.

Auch die Kosteneffekte sind beachtlich: Nach Berechnungen des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI) würden europäische Verbraucher ohne die großen Mengen wettbewerbsfähigen Gases transportiert durch Nord Stream 2 mit Mehrkosten in Höhe von bis zu 4 Milliarden Euro pro Jahr belastet.

Nun allerdings drängen die USA mit immer schrilleren Sanktionen auf einen Baustopp von Nord Stream 2, einem 8 Milliarden-Projekt, was bereits zu 94 Prozent fertiggestellt ist und durch das Folge-Investitionen von mehr als 5 Milliarden getätigt wurden.

Für die USA ist das Spielfeld klar definiert: Neue Pipelines aus Russland würden die Abhängigkeit Europas erhöhen und Milliarden in Moskaus Kassen spülen, um damit Aggression und Krieg zu finanzieren. So einfach, so falsch. In der Realität ist Russland abhängig von Europa, denn es hat keinen anderen vergleichbaren Absatzmarkt für sein Gas. Im Gegenzug kann Europa – wenn es denn wollte – neben der eigenen Produktion sowie Importen aus Norwegen und weiteren Ländern sein Erdgas über die zahlreichen LNG-Häfen beziehen, zwar zu höheren Preisen, aber die Kapazitäten sind da.

Und was die Milliarden angeht: Da spielen die USA mit gezinkten Karten. Sie selbst spülen Moskau hohe Summen in die Kassen – ein Blick in die Handelsbilanzen ist selbsterklärend.


Schweißarbeiten an Bord des Offshore-Verlegeschiffes C10

Aber das ist nur die eine Seite. Auf der anderen erkennt man klar, dass es den USA auch um einen Angriff auf die europäische Souveränität geht. Nord Stream 2 ist – bei fairer Betrachtung – geopolitisch ein Leichtgewicht im Vergleich zu anderen Krisen. Es ist – und das sieht man mit zunehmender Besorgnis in den europäischen Hauptstädten – nur der Lackmustest der USA im Hinblick auf die europäische Standfestigkeit. Es ist das Vorgeplänkel für kommendes, die Felder sind klar definiert: Luftfahr- und Autoindustrie, Digitalwirtschaft oder Chemie. „America first“ duldet keine Konkurrenz.

Bereitwillig versteht sich die US-Außenpolitik als verlängerter Arm der US-Energiewirtschaft: Höchst selbstlos bieten die USA ihr Fracking-Gas als Ersatz für russisches Gas an – als „freedom gas“ für Europa.

Das fällt inzwischen auf: In einer FORSA-Umfrage im September 2020 sehen 95 % der Deutschen im Verkauf von LNG den Grund für US-Sanktionen. 60 % sprechen sich übrigens für die Fertigstellung von Nord Stream 2 aus.

Versorgungsicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und ein effektiver Klimaschutz in der Energieversorgung dürfen nicht der Wirtschaftswillkür der USA unterworfen werden. Dies müssen souveräne Entscheidungen Europas bleiben.

30. Apr 2025

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Wirtschaft

Bidirektionales Laden spart Milliarden , Elektroautos können viel mehr, als „nur“ leise und ohne Abgase zu fahren

Mit bidirektionaler Ladetechnologie (BiDi) können sie Strom speichern und ins Netz zurückspeisen. Eine aktuelle Studie von Transport & Environment (T&E) zeigt, dass dies für Europas Energieversorger und Autofahrer Einsparungen in Milliardenhöhe ermöglichen könnte. Die Einsparungen resultieren aus einer effizienteren Nutzung der Erzeugungskapazitäten und einem geringeren Kraftstoffverbrauch. Um das Potenzial dieser Technologie zu nutzen, sind jedoch geeignete regulatorische Rahmenbedingungen notwendig. Laut der T&E-Studie könnte das Einsparpotenzial für Energieversorger und Verbraucher in der EU bis zu 22 Milliarden Euro jährlich betragen, was etwa acht Prozent der Kosten für das EU-Energiesystem entspricht. Von 2030 bis 2040 könnte die BiDi-Technik EU-weit mehr als 100 Milliarden Euro einsparen, allein in Deutschland bis zu 8,4 Milliarden Euro jährlich. Ein Grund für die hohen Einsparungen ist die Möglichkeit, mehr Strom aus erneuerbaren Quellen, insbesondere Solarstrom, in das Energiesystem zu integrieren. Die Nutzung der Fahrzeugakkus könnte den Bedarf an teureren stationären Speichern in der EU um bis zu 92 Prozent senken und die installierte PV-Leistung um bis zu 40 Prozent steigern. Die Halter von Elektrofahrzeugen profitieren direkt vom bidirektionalen Laden, da sie mit geringeren Stromkosten rechnen können. Zudem dürfte die Lebensdauer der Fahrzeugakkus durch optimiertes Laden steigen. In Frankreich haben The Mobility House und Renault beispielsweise das erste Vehicle-to-Grid (V2G)-Angebot eingeführt. Besitzer eines V2G-fähigen Renault 5 können mit einer speziellen Wallbox kostenfrei laden und ihren Fahrzeugakku ins Energiesystem einspeisen. Dieses Angebot soll bald auch in Deutschland und dem Vereinigten Königreich verfügbar sein. Im deutschen Markt gibt es jedoch noch Herausforderungen, wie den langsamen Roll-out von Smart Metern und die Notwendigkeit, einen passenden rechtlichen Rahmen zu schaffen. Der zweite Europäische Gipfel für bidirektionales Laden hat klare Handlungsempfehlungen ausgesprochen, die nun umgesetzt werden müssen. Dazu gehört die Abschaffung der Doppelbelastung von zwischengespeichertem Strom durch Netzentgelte und die Sicherstellung, dass „grüner“ Strom seine Förderansprüche auch bei Zwischenspeicherung im Akku behält. Die Messe „The smarter E Europe“ 2025 wird dem Thema eine eigene Sonderschau widmen, um Chancen und Herausforderungen für die Mobilitäts- und Energiebranche aufzuzeigen. Die Veranstaltung findet vom 7. bis 9. Mai 2025 in München statt und vereint vier Fachmessen: Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe. Die Sonderschau auf „The smarter E Europe“ wird dabei Produkte und Lösungen für das bidirektionale Laden präsentieren und Raum für Austausch und Networking bieten. ## Factbox The smarter E Europe vereint als Europas größte Messeallianz für die Energiewirtschaft vier Fachmessen (Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe) und findet vom 7. bis 9. Mai 2025 auf der Messe München statt. https://www.powertodrive.de/home