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28. Mär 2023

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Wirtschaft

Ernährungssicherheit und Umweltschutz bedingen einander

Journalist: Katja Deutsch

Bundesumweltministerin Stefanie Lemke strebt den Schulterschluss von Umwelt und Landwirtschaft an.

Der russische Angriffskrieg gefährdet in nicht wenigen Ländern die Nahrungsmittelsicherheit. Neben den drei großen, globalen ökologischen Krisen Klimakrise, Artensterben und Verschmutzung verschärft der Krieg zusätzlich auch hierzulande die Grundlagen der Landwirtschaft und Ernährung. Bundesumweltministerin Stefanie Lemke möchte deshalb in Zukunft noch enger mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zusammenarbeiten, denn beide Minister betrachten Ernährungssicherheit und Umweltschutz nicht als Alternativen, sondern als Bedingung füreinander.  

Die Ministerien haben dazu im vergangenen Jahr die „strategische Allianz“ zwischen BMUV und BMEL gefestigt, die beide auf dem letzten Agrarkongress geschlossen hatten.
Dass Landwirtschaft und Umweltschutz nur gemeinsam funktionieren, wurde auch im letzten Jahr auf der Weltnaturkonferenz in Montreal deutlich: Die Staatengemeinschaft hat hier ein globales Abkommen zum Schutz der Natur beschlossen. Zusammen mit knapp 200 Staaten müssen diese nun umgesetzt werden. Ziele: Neben der Halbierung von Nährstoffüberschüssen wie auch der Pestizideinsätze bis 2030 sind das die Stärkung der Widerstandskraft landwirtschaftlicher Systeme durch ökologische Ansätze und Produktionsweisen, sowie der Aktionsplan der nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt im Boden – denn Böden sind die Grundlage allen Lebens. Ein Teelöffel Boden enthält mehr Organismen, als Menschen auf der Erde leben. Stefanie Lemke: „Eine nachhaltige, bodenschonende Landwirtschaft muss zum neuen Standard werden. Im Rahmen der Klimavorsorge will ich Böden schützen vor Verdichtung, Erosion, Humusverlust und wo immer möglich dafür sorgen, dass gesunde Böden wiederhergestellt werden.“

Da gesunde, fruchtbare Ackerböden immer knapper werden, plädiert Bundesumweltministerin Stefanie Lemke gemeinsam mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir dafür, landwirtschaftliche Vorrangflächen auszuweisen.
Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Ernährungs- und Landwirtschaft hält sie weitreichende Veränderungen für erforderlich: Weg von der industrialisierten Landwirtschaft hin zu einem ganzheitlich nachhaltigen System. „Dazu gehören auch die Weiterentwicklung der europäischen Agrarförderung und der Umbau unseres Ernährungssystems.“

Mehr pflanzliche Lebensmittel auf dem Teller können dem Klima, den Böden und der biologischen Vielfalt sehr helfen. Pflanzen gehören auf den Teller anstatt in den Tank. Die Ministerin lehnt deshalb Agrokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen ab und lobt das seit Januar dieses Jahres bestehende Verbot von Palmöl im Tank. Als nächsten Schritt fordert sie den Ausstieg aus Agrokraftstoffen aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen.

Ein weiterer Hebel liegt in der Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote), denn auch diese soll bei der Senkung des Biospritanteils helfen. Diese Quote verpflichtet Mineralölkonzerne dazu, ihren CO2-Ausstoß um einen Prozentsatz von aktuell sechs Prozent zu senken, bis 2030 sollen es 25 Prozent werden. Einen Teil dieser Quote können Konzerne mit Beimischung von Biosprit aus Futtermittelpflanzen erfüllen, Bundesumweltministerin Lemke möchte diesen Anteil auf null Prozent senken.

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.