21. Jun 2021
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Wirtschaft
Journalist: Armin Fuhrer
Der wachsende E-Commerce und der Wunsch nach schnellen Lieferungen sorgen für einen Boom. Über Chancen und Hemmnisse spricht Raimund Paetzmann vom ZIA.
Raimund Paetzmann, stellvertretender Ausschussvorsitzender Logistikimmobilien des Zentralen Immobilienausschusses (ZIA), Foto: yosefhakimi-photography.com
Ist ein zeitgemäßer Lieferservice ohne den Betrieb von Logistikzentren eigentlich noch zu schaffen?
Nein, das würde ohne Verteilzent-ren nicht klappen. Die Kunden fordern immer schnellere Lieferungen der von ihnen bestellten Waren. Möglichst sollen sie noch am selben Tag ankommen. Es gibt daher derzeit einen großen Hype um Logistikzentren und das gilt nicht nur für den Online-Handel, sondern auch für den stationären. Die Nachfrage nach neuen Logistikstandorten ist groß, das Angebot wird allerdings immer knapper.
Warum?
Jeder möchte gerne seine Lieferung möglichst sehr schnell bekommen, aber niemand möchte ein Logistikzentrum vor der Tür haben. Und neben diesem Akzeptanzmangel gibt es auch einen Mangel an verfügbaren Grundstücken. Aber trotzdem wird der Bedarf weiter steigen, das zeigt schon die Erwartung, dass der E-Commerce und der Wunsch nach einer Same-Day-Delivery auch nach der Pandemie weiterwachsen wird. Dadurch werden wir auch weitere Logistikflächen benötigen.
Haben Logistikzentren auch Vorteile aus Sicht der Unternehmen oder geht es nur um die Kunden?
Klar, sie ermöglichen einen großen und optimierten Warenumschlag. Produkte können viel schneller in die Region geschickt werden, wo sie gebraucht werden. Das vermeidet ein unnötiges Hin- und Hertransportieren. Ein guter Warenfluss, vom Hersteller zu einen Inbound Distributionszentrum, zum Fullfillment Center und von dort in die Carrier-Netzwerke (DHL, Hermes u. a.) optimiert Lieferverkehren und garantiert eine schnelle Lieferung zum Kunden.
Müssen Unternehmen ihre Zentren unbedingt selbst betreiben?
Nein, das geht sehr häufig auch per Dienstleister (3PL). Die meisten großen E-Commerce-Player machen das aber selber, bzw. stellen häufig die Assets wie die Halle und die sehr spezialisierte Warenfluß im Gebäude, während die Dienstleister die Anlagen dann Betreiben. Davon existiert inzwischen eine ganze Reihe. Die 3 PL Dienstleister stellen auch selber Gebäude und Anlagen bereit, um für viele Unternehmen eine reibungslose Verteilung der Ware zur Verfügung zu stellen.
Dienen Logistikzentren eigentlich auch der Nachhaltigkeit?
Das ist sogar ein ganz wesentlicher Punkt. Bei der Logistik geht es immer um Optimierung und diese Optimierung bedeutet auch eine Reduktion des Transports. Und weniger Transport bedeutet weniger CO2-Emissionen, weniger Verkehr und geringere Kosten. Immer mehr Unternehmen haben sich ja eine Senkung der Emissionen hohe Klimaziele gesetzt. Leider spielt die Politik da bislang nicht immer mit.
Wie meinen Sie das?
Oft steht bei der Umsetzung von klimafreundlichen Arbeiten die Bürokratie im Wege. Wenn wir zum Beispiel Logistikzentren klimafreundlich aus Holz bauen wollen, sind Behörden häufig noch sehr skeptisch, weil es schwer ist unsere heutigen Vorschriften auf neue Bauweisen anzuwenden und man bei Holz fälschlicherweise häufig glaubt, dass davon eine größere Brandgefahr ausgehe.
Oder nehmen wir das Beispiel Solarenergie: Die Dächer von Logistikhallen bieten sich als Fläche zur Gewinnung von Sonnenergie eigentlich gut an. Aber Unternehmen, die das machen, haben trotzdem Probleme, die Autos ihrer Mitarbeiter mit dem eigenen Solarstrom aufzuladen. Denn in dem Augenblick, in dem sie einen LKW an die Steckdose anschließen, gelten sie als Stromverkäufer, und das zieht eine Reihe von Komplikationen nach sich. Ich würde mir erheblich mehr Kreativität und Zusammenarbeit und weniger bürokratische Hemmnisse in Deutschland wünschen.