Diesen Artikel teilen:

3. Jul 2019

|

Gesellschaft

„Es gibt noch Luft nach oben“

Journalist: Armin Fuhrer

Berufliche Weiterbildung und lebenslanges Lernen werden für Arbeitnehmer immer wichtiger, sagt BIBB-Präsident Friedrich Hubert Esser.

Welche grundsätzliche Bedeutung hat die berufliche Weiterbildung in einer sich ständig weiterentwickelnden Berufswelt?

Wir können festhalten, dass die Bedeutung der Weiterbildung in den letzten Jahren eindeutig gestiegen ist. Der Ausbildungsberuf ist für immer mehr Menschen nicht mehr der Lebensberuf. Diese Entwicklung ist bedingt durch sich immer schneller vollziehende Wandlungsprozesse in der Wirtschaft und den sich damit verändernden Anforderungen an die Beschäftigten. Das gilt sowohl für die Arbeitsabläufe und -prozesse als auch für veränderte Wünsche der Kunden. Die Herausforderungen im Berufsalltag steigen, und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen darauf reagieren, wenn sie nicht Gefahr laufen wollen, vielleicht eines Tages ihre Arbeit zu verlieren. Heute sprechen wir einmal mehr von der Notwendigkeit des lebensbegleitenden Lernens. Diese Entwicklung hängt aber auch damit zusammen, dass sich die Ansprüche der Menschen hinsichtlich der Ausgestaltung ihrer eigenen Lebensbiografien ändern. Viele sind offener für Wechsel und Veränderungen. Und das gilt sowohl für den beruflichen wie auch den privaten Bereich. Solche Veränderungen erreicht man eben am besten, wenn man sich weiterbildet.

Haben Arbeitgeber auf der einen und Arbeitnehmer auf der anderen Seite die zunehmende Bedeutung der Weiterbildung erkannt? 

Durch die gute Konjunktur in Deutschland und die technische Entwicklung im Kontext „Wirtschaft 4.0“ ist Weiterbildung gerade in den vergangenen Jahren sowohl für Unternehmer als auch deren Beschäftigte wichtiger denn je geworden. Was die Akzeptanz und die Teilnahme betrifft, so gibt es bei uns gewiss noch Luft nach oben. Aber im internationalen Vergleich steht Deutschland gar nicht so schlecht da. Hier liegt die Teilnehmerquote an weiterbildenden Maßnahmen bei den 25- bis 64-Jährigen bei 52 Prozent. Damit liegen wir im europäischen Vergleich im oberen Mittelfeld. Das ist also nicht schlecht, aber man kann das natürlich noch steigern.

Gibt es Problemgruppen?

Die Weiterbildungsbereitschaft in Deutschland korreliert eindeutig mit dem Bildungsniveau. Schauen wir uns die Gruppe der Menschen an, die über ein eher niedriges Bildungsniveau verfügen, fällt hier deren geringe Weiterbildungsbereitschaft auf. Während sie bei Akademikern bei 60 Prozent liegt, liegt die Quote bei Menschen ohne Berufsausbildung bei nur 24 Prozent. Das bedeutet, dass gerade diejenigen, die es am nötigsten hätten, sich weiterzubilden, es am wenigsten tun. Das ist schade, denn die Weiterbildung ist der Hebel, um individuelle wie auch kollektive Veränderungsprozesse stemmen zu können.

Warum ist das Interesse gerade bei bildungsferneren Arbeitnehmern so niedrig?

Diese Menschen bringen nicht selten schlechte Erfahrungen aus der Schulzeit mit. Dadurch haben sie eine Aversion gegen das Lernen entwickelt. Es ist eine große Aufgabe von Politik und Unternehmen, ihnen diese Lernangst zu nehmen und ihre Lernmotivation wieder zu steigern. Man muss ihnen klarmachen, dass es Möglichkeiten gibt, ihnen zu helfen. Sehr wichtig ist in solchen Fällen eine persönliche Betreuung, ein gutes didaktisch-methodisches Design der Weiterbildungsangebote und natürlich auch die möglichst preiswerte beziehungsweise kostenlose Bereitstellung der Maßnahme – auch wenn dies zunächst als sehr aufwendig und teuer erscheinen mag. Jedoch: die Mühe lohnt sich. Denn es ist immer sinnvoller und auf lange Sicht rentabler, in die Menschen zu investieren, als später ihre Arbeitslosigkeit zu finanzieren.

Bildung ist nicht umsonst zu haben, man muss sie sich eben auch leisten können. Wie sieht es da aus?

Richtig, aber es gibt natürlich auch Fördermöglichkeiten. Bund und Länder machen da schon eine ganze Menge. Die Nationale Weiterbildungsstrategie soll beispielsweise neue und lukrative Weiterbildungsperspektiven für Beschäftigte und Unternehmen eröffnen. Aber auch hier kann man selbstverständlich noch mehr machen, zum Beispiel die Vollfinanzierung von für die Wirtschaft besonders bedeutsamen Lehrgängen in der Aufstiegsfortbildung oder die Freistellung von Prüfungsgebühren. 

9. Jul 2025

|

Gesellschaft

Die Herausforderungen des Wohnens heute und morgen – ein Beitrag vin Dr. Christine Lemaitre

Kaum ein Bereich des Lebens ist so individuell und emotional behaftet wie das Wohnen. Die Gestaltung des eigenen Zuhauses spiegelt unsere Persönlichkeit wider, zeigt, worauf wir Wert legen und was wir bereits erlebt haben. Die eigenen vier Wände bieten Sicherheit und sind Orte der Entspannung. Nun rückt das Thema Wohnen in der aktuellen Debatte immer wieder in den Fokus. Es herrscht ein Mangel insbesondere an bezahlbarem Wohnraum und das in allen Schichten der Gesellschaft. Gründe dafür gibt es viele, darunter der Bevölkerungswachstum, Binnenwanderung und gestiegene Baukosten. Lösungsansätze sind vorhanden, die nicht nur angesichts der politischen Klimaziele im Einklang mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz umgesetzt werden müssen. Denn die Auswirkungen des Klimawandels sind längst spürbar. Die Baubranche steht als einer der Hauptverursacher klar in der Pflicht, Gebäude und Außenräume wieder für den Menschen zu planen und auf eine langfristige, qualitätsvolle Nutzung auszulegen. Das größte Potenzial, um Ressourcen und CO2 einzusparen, bieten der Erhalt und bei Bedarf die Umnutzung bestehender Gebäude, wodurch auch gleich die baukulturelle Identität des Ortes bewahrt wird. Gerade in Städten, wo der Wohnraum besonders knapp ist, stehen Flächen leer deren ursprünglich vorgesehene Nutzung nicht mehr benötigt wird. Durch Offenheit und Mut kann hier etwas ganz Besonderes entstehen. Nachhaltige Strategien wie Suffizienz und Lowtech bieten sowohl im Neubau als auch im Bestand reizvolles Innovationspotenzial. Mit dem Suffizienz-Gedanken geht die Frage einher, wie viel genug ist. Sie sollte immer wieder gestellt werden, um abzuwägen, was bezüglich Fläche, Material und Gebäudetechnik wirklich gebraucht wird. Wer hier einspart, übernimmt Verantwortung. Das gesparte Geld lässt sich an anderer Stelle beispielsweise zugunsten einer hohen Qualität und guter Gestaltung sinnvoll investieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist Flexibilität, um auf sich ändernde Lebenssituationen reagieren zu können. Diese Ansätze sind wie geschaffen für einen neuen, zukunftsweisenden Trend beim Planen, Bauen und Erhalten von Gebäuden. Hilfestellung zur Umsetzung kann das speziell für kleine Wohngebäude entwickelte Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen geben. Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Neben dem ganz eigenen, individuellen Rückzugsraum, bestückt mit liebgewonnenen Möbelstücken und Accessoires, entsteht dadurch ein besonderer Wert, nämlich der der körperlichen und geistigen Gesundheit. >Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Als Non-Profit-Verein setzen wir uns bei der DGNB für die nachhaltige Transformation der Bau- und Immobilienwirtschaft ein. Wir klären auf, leisten Hilfestellung und sensibilisieren für ein verantwortungs- und qualitätvolles Bauen und Betreiben von Gebäuden. Das DGNB-Zertifizierungssystem verhilft dabei allen am Bau Beteiligten zu einem gemeinsamen Verständnis darüber, welche Möglich- aber auch Notwendigkeiten das nachhaltige Bauen mit sich bringt, um einen positiven Beitrag für Mensch, Umwelt und Wirtschaftlichkeit zu leisten.