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18. Dez 2019

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Wirtschaft

Es tut sich was am POS

Journalist: Katja Deutsch

Verkäuferlose Geschäfte, On Demand-Services, Voice Technologie, RFID-Anhänger, Push-Nachrichten – im stationären Handel wird viel investiert.

Um der gestiegenen Konkurrenz reiner Online-Anbieter, die gerade die zehn Prozent-Marke überschritten haben, zu begegnen, investiert der stationäre Handel derzeit Millionensummen in digitale Handelstechnologien: So wurden 2019 weltweit geschätzt 203,6 Milliarden US-Dollar allein für Retail-Technologie ausgegeben.

Was den stationären Handel weltweit eint, sind Versuche, die Neugier potentieller Kunden zu wecken. Wichtigster Baustein hierzu ist das Smartphone, das der Kunde immer und jederzeit griffbereit hat. Denn über das Smartphone können Kunden bereits vor dem Geschäft kontaktiert werden: Dazu werden Bluetooth Beacons am Ladeneingang angebracht, die – sofern der Nutzer seine Bluetooth-Funktion aktiviert und die entsprechende App installiert hat – Push-Nachrichten schickt und den Kunden dadurch zum Eintreten animieren soll. Andere Systeme funktionieren über die Ortung per GPS.

Bluetooth-Beacons werden auch von Payback eingesetzt, indem Payback-Kunden im Laden über die Bonus-App Nachrichten auf ihr Smartphone geschickt bekommen, wenn sie sich bestimmten Sonderangeboten nähern. Bei Mitnahme locken weitere Rabattcoupons von Payback

Im Fashionbereich können vernetzte Umkleidekabinen eine tolle Option sein, sofern sie gut gemacht sind und die restliche Ausstattung stimmt. Befindet sich der Touchscreen nicht gerade ungeschickt platziert mitten auf dem einzigen Spiegel der Umkleide, kann ein Self-Service-System mit zusätzlichen Informationen zu weiteren Farb- und Größenoptionen, Cross-Selling-Artikeln und Verfügbarkeit sehr hilfreich sein und sehr gut ankommen.

Interaktive Bildschirme im Schaufenster generieren Kontakt zu potentiellen Kunden und locken sie dadurch schneller ins Geschäft. Selbst Hundehalsbänder können Kundenkontakt herstellen: Trägt der Vierbeiner beim Betreten des finnischen Tierbedarfspezialisten Musti ja Mirri ein Halsband mit RFID-Anhänger, wird er über Radiowellen identifiziert und auf einem großen Bildschirm mit seinem Foto begrüßt, während Herrchen oder Frauchen individuell passende Produkte angeboten bekommen.

Insgesamt zeigt sich eine zunehmende Verschmelzung von Online und Offline. Da sich gerade der Kauf von Bekleidung trotz der massiven Onlinepräsenz für viele Kunden als schwierig erwiesen hat (siehe Rücksendequoten von 50 Prozent), bevorzugen etliche nun wieder öfter den Weg ins Geschäft, wo sie in Ruhe anprobieren können. Zudem besteht bei großen Onlinehändlern grundsätzlich die Gefahr einer Kontosperrung bei hohen Rücksendequoten. Mit „Click & Collect“ lässt sich die online ausgewählte Ware unverbindlich direkt in den Shop liefern und dort anprobieren.

Das Alsterhaus in Hamburg hat den Shopping on Demand-Service namens „See, Love, Snap, Chat…& Buy!“ eingeführt. Wer direkt im Laden etwas Schönes gesehen und mit dem Kauf gezögert hat, kann nun via Smartphone den Personal Shopper des Alsterhauses kontaktieren und das Objekt seiner Begierde ordern. Nach der Bestellung wird das erworbene Stück direkt nach Hause geliefert.

Auch so genannte Smart Stores verbinden die Vorteile von online und stationär: Fachverkäufer beraten ausgiebig, bestellen das Produkt jedoch mit dem Kunden zusammen online und lassen es zu ihm nach Hause liefern.

Interaktive Instore-Bildschirme sind neben dem Mode-Einzelhandel auch im Lebensmittelhandel und in Baumärkten auf dem Vormarsch. Augmented Reality wiederum bietet im Möbelhandel große Vorteile – für Händler wie auch für Kunden. Otto erstellt sämtliche Varianten seiner lieferbaren Möbel am Computer, sodass sich nicht nur die Größe, sondern auch zig verschiedene Farben und Materialien vor dem Kauf auf dem Bildschirm vergleichen lassen. Im Luxusbereich haben unter anderem Jan Kath und das Stilwerk eigene Apps entwickelt, mittels denen man Teppiche des Designers und Möbel verschiedener Stilwerk-Lieferanten vor dem Kauf in ein Foto des eigenen Zuhauses platzieren kann.

Am meisten nerven Kunden jedoch lange Wartezeiten an der Kasse, weshalb der Handel allerorts fieberhaft nach neuen Bezahlmethoden sucht. Mobile Point of Sale-Technologie, die traditionelle Kassensysteme durch Smartphones ersetzen und Mobile Apps, die den Kunden beim Checkout automatisch belasten, sind zwar noch selten, dürften sich aber durchsetzen. Mit „Saturn Smart Pay“ können Kunden (erstmals nur in Hamburg Altstadt) direkt am Regal bezahlen, indem sie die Saturn-App herunterladen, den Barcoder scannen, und im Besitz von Kreditkarte, Google Pay oder PayPal sind.

Ikea bietet schon seit Jahren für Kunden, die nur wenige, kleine Artikel kaufen, Self-Scanning-Kassen an. Andere Anbieter probieren gerade völlig verkäufer- und kassenlose Geschäfte. Sie sind oft recht klein und bieten Dinge des täglichen Bedarfs, der Eintritt erfolgt zu jeder Tags- und Nachtzeit via Smartphone. Wire Card testet den „Grab and Go“-Store in Aschheim, Valon macht ähnliches mit der avec Box im Zürcher Hauptbahnhof, Albert Heijn in den Niederlanden. Bezahlt wird automatisch ebenfalls mit dem Smartphone.

Als wichtiges Tool wird zudem Voice Technologie eingeschätzt, auch im stationären Handel.

Denn noch nie war es für den Handel einfacher, direkt präsent zu sein und mit dem Verbraucher zu kommunizieren. Das funktioniert auch im Auto, wo personalisiertem Storytelling eine große Zukunft prognostiziert wird.

Knapp sechs von zehn Verbraucher erwarten, dass Instore-Technologie zukünftig ihre Auswahl der Einzelhandelsgeschäfte beeinflussen wird. Ein Großteil der technischen Innovation am POS wird über das Smartphone erfahrbar sein. Als Medium für Produktpräsentation, Zusatzinformation, Angebote, Rabatte, Events und auch als Zahlungsmittel und Identifikation wird es zunehmend in den Vordergrund rücken.

30. Apr 2025

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Wirtschaft

Bidirektionales Laden spart Milliarden , Elektroautos können viel mehr, als „nur“ leise und ohne Abgase zu fahren

Mit bidirektionaler Ladetechnologie (BiDi) können sie Strom speichern und ins Netz zurückspeisen. Eine aktuelle Studie von Transport & Environment (T&E) zeigt, dass dies für Europas Energieversorger und Autofahrer Einsparungen in Milliardenhöhe ermöglichen könnte. Die Einsparungen resultieren aus einer effizienteren Nutzung der Erzeugungskapazitäten und einem geringeren Kraftstoffverbrauch. Um das Potenzial dieser Technologie zu nutzen, sind jedoch geeignete regulatorische Rahmenbedingungen notwendig. Laut der T&E-Studie könnte das Einsparpotenzial für Energieversorger und Verbraucher in der EU bis zu 22 Milliarden Euro jährlich betragen, was etwa acht Prozent der Kosten für das EU-Energiesystem entspricht. Von 2030 bis 2040 könnte die BiDi-Technik EU-weit mehr als 100 Milliarden Euro einsparen, allein in Deutschland bis zu 8,4 Milliarden Euro jährlich. Ein Grund für die hohen Einsparungen ist die Möglichkeit, mehr Strom aus erneuerbaren Quellen, insbesondere Solarstrom, in das Energiesystem zu integrieren. Die Nutzung der Fahrzeugakkus könnte den Bedarf an teureren stationären Speichern in der EU um bis zu 92 Prozent senken und die installierte PV-Leistung um bis zu 40 Prozent steigern. Die Halter von Elektrofahrzeugen profitieren direkt vom bidirektionalen Laden, da sie mit geringeren Stromkosten rechnen können. Zudem dürfte die Lebensdauer der Fahrzeugakkus durch optimiertes Laden steigen. In Frankreich haben The Mobility House und Renault beispielsweise das erste Vehicle-to-Grid (V2G)-Angebot eingeführt. Besitzer eines V2G-fähigen Renault 5 können mit einer speziellen Wallbox kostenfrei laden und ihren Fahrzeugakku ins Energiesystem einspeisen. Dieses Angebot soll bald auch in Deutschland und dem Vereinigten Königreich verfügbar sein. Im deutschen Markt gibt es jedoch noch Herausforderungen, wie den langsamen Roll-out von Smart Metern und die Notwendigkeit, einen passenden rechtlichen Rahmen zu schaffen. Der zweite Europäische Gipfel für bidirektionales Laden hat klare Handlungsempfehlungen ausgesprochen, die nun umgesetzt werden müssen. Dazu gehört die Abschaffung der Doppelbelastung von zwischengespeichertem Strom durch Netzentgelte und die Sicherstellung, dass „grüner“ Strom seine Förderansprüche auch bei Zwischenspeicherung im Akku behält. Die Messe „The smarter E Europe“ 2025 wird dem Thema eine eigene Sonderschau widmen, um Chancen und Herausforderungen für die Mobilitäts- und Energiebranche aufzuzeigen. Die Veranstaltung findet vom 7. bis 9. Mai 2025 in München statt und vereint vier Fachmessen: Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe. Die Sonderschau auf „The smarter E Europe“ wird dabei Produkte und Lösungen für das bidirektionale Laden präsentieren und Raum für Austausch und Networking bieten. ## Factbox The smarter E Europe vereint als Europas größte Messeallianz für die Energiewirtschaft vier Fachmessen (Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe) und findet vom 7. bis 9. Mai 2025 auf der Messe München statt. https://www.powertodrive.de/home