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10. Jul 2023

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Lifestyle

„E-Sport ist in der Gesellschaft angekommen“

Journalist: Thomas Soltau

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Foto: Presse

TV-Moderatorin und Multimedia-Expertin Phylicia Whitney über die Etablierung von E-Sport in der deutschen Gaming-Landschaft.

Wenn Sie 20 Jahre zurückschauen: Hätten Sie gedacht, dass der E-Sport in Deutschland heute so einen Stellenwert in der Kultur besitzt?
Vor 20 Jahren gab es eine so rapide Entwicklung in der Digitalisierung, so wie sie heute ist, noch nicht. Das Tempo, die Innovationen und Entwicklungen wurden in den letzten zehn Jahren erst richtig hochgefahren. Der Stellenwert könnte aber gerade deshalb in der Gesellschaft höher sein. Der E-Sport gewinnt an Akzeptanz, ja. Aber mit einem Blick auf Schweden, Frankreich oder die USA, wo E-Sports bereits als Sportart anerkennt wird, ist noch Luft nach oben in Deutschland.

Fußballvereine haben eine eigene E-Sport-Liga, wo Gamer wie Fußball-Profis verehrt werden. Hat der Kick zu einem Boost bei anderen Games geführt?
Fußball ist der beliebteste Sport der Deutschen, allein deshalb haben Profizocker aus Fußballvereinen einen Vorteil in Sachen Bekanntheitsgrad, Anerkennung und Reichweite. Spiele wie Rocket League, Gran Turismo & Co. sind als Sportsimulations-Games in E-Sports-Kreisen längst angekommen. Oft geht es eben nicht nur rein um die Spiele, sondern um die Menschen. Besondere Charaktere machen den Wettbewerb erst interessant. Auch in anderen Disziplinen wie Counter-Strike gibt es richtige Stars der Szene.

Bei welchen Events hat man die besten Einschaltquoten?
Je nach Wettbewerb und Disziplin gibt es hier Unterschiede. Mit den „traditionellen Sportarten“ kann sich der E-Sports aber durchaus messen: Bei der IEM Cologne 2022 etwa waren es 1,25 Millionen gleichzeitiger Zuschauer im Broadcast, mit über 35.000 Zuschauern vor Ort in der Arena. Für die IEM in Rio wurde sogar das Ticketkontingent auf 100.000 erhöht. 2021 hatte das Finale der League of Legends World Championships eine durchschnittliche Zuschauerzahl von über 30 Millionen Personen pro Minute.

Frauen interessieren sich auch zunehmend für E-Sport. In welchen Bereichen sind sie zu finden – und wie erfolgreich sind sie im globalen Bereich?
Es gibt bekannte Männer-Teams, die Frauen eine Bühne geben - ihre eigenen Frauen-Teams gegründet haben. Zum Beispiel Team „BIG“, das im letzten Jahr das Frauen-Team „EQUIPA“ an den Start brachte. Oder G2, aus dem das Team G2 Hel hervorgeht. Andere Frauen wiederum gründen ihre eigenen Teams. Grundsätzlich aber ist es so, dass Frauenteams im professionellen E-Sports immer noch die Ausnahme sind, und es so auch diverse Organisationen gibt, die sich gegen die Diskriminierung im E-Sports einsetzen. Allein die Gründung dieser genannten Teams ist also schon als Erfolg zu werten.

Deutsche Top-Gamer wie Kuro "KuroKy" Takhasomi haben in ihrer Karriere über fünf Millionen Euro an Preisgeldern eingesammelt. Wo stehen wir im internationalen Vergleich?
Die Abweichung zu internationalen Spielern ist gar nicht mal so groß. Kuro "KuroKy" Takhasomi ist in Sachen Preisgeld schon in den Top 10 der Weltrangliste vertreten. Die derzeitige Nummer 1, Johan Sundstein „n0tail“ aus dem Team „OG“, liegt mit ca. 7,2 Millionen US Dollar ganz vorne. 

Wie sieht die Zukunft des E-Sports aus?
Der E-Sport wächst und wird in der Gesellschaft immer mehr ankommen und auch angenommen werden. E-Sports-Events sind Familien-Events. Die älteren Generationen, die sich mit der Lebenswelt ihrer Kinder und der jüngeren Generationen befassen, werden diese Form der Digitalisierung und des Sports immer mehr verstehen und nachvollziehen können. Es gibt keinen Weg zurück, nur den nach vorne.