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1. Sep 2023

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Business

Fahrzeuge wie der Ferrari Enzo sind Ikonen, die weiterhin im Wert steigen

Journalist: Katja Deutsch

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Foto: nathan shintas/unsplash, Presse

Hamid Mossadegh, einer der bekanntesten und charmantesten Autohändler Deutschlands, trauert immer noch seinem Traumwagen nach. Wie er die Zukunft von Luxusfahrzeugen sieht und ob er an einen Oldtimer-Markt für Elektroautos glaubt, erzählt er im Interview.

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Hamid Mossadegh, Luxus- und Sportwagenhändler

Sie haben als Autohändler mit gebrauchten VW-Käfern angefangen. Sind die heute noch gefragt?
Das hängt vom Modell ab. Als ich mit dem Verkauf von Käfern angefangen habe, waren die Mexiko-Käfer sehr begehrt, aber inzwischen haben sie alle ein historisches Kennzeichen. Wenn man sich heute für einen schönen Käfer interessiert, zum Beispiel das Modell 1302 (Baujahr 1970 bis 1972), dann muss man schon zwischen 15.000 und 25.000 Euro auf den Tisch legen. Sehr gut erhaltene Exemplare knacken auch die 30.000-Euro-Marke. Gebrauchte wurden damals für 5.000 DM gehandelt! Das liegt daran, dass es immer weniger davon gibt, weil die meisten völlig durchgerostet sind. Ein VW Käfer in gutem Zustand ist heute extrem selten und extrem teuer. 

Wie sind Sie vom Gebrauchtwagenhändler zum Händler von Luxuskarossen geworden?
Bei einem Poloturnier in Timmendorf sprach mich jemand an, der viel mit dem HSV zu tun hatte. Er suchte für seinen Kunden, einen Profisportler, ein ganz besonderes Auto. Wir trafen uns dann in den Katakomben des HSV, wo der Interessent, Nigel, einen Plymouth Barracuda bei mir bestellte. Daraus entstand erst eine Freundschaft, dann eine berufliche Partnerschaft und schließlich das Autohaus. Eigentlich hatten wir uns immer auf Oldtimer konzentriert, aber plötzlich wollte der eine Kunde einen alten Bentley, der nächste einen Ferrari und der dritte einen seltenen Aston Martin. Da haben wir ganz schnell auf Luxusautos umgestellt. Ich hatte die Chance und habe sie sofort ergriffen.

Was ist Ihr persönliches Traumauto?
Meinen ganz persönlichen Traumwagen habe ich 2015 gekauft – nach tagelangen Gesprächen, in denen mich der Besitzer, ein älterer römischer Anwalt, über mein ganzes Leben ausgefragt hat. Der Mann wollte sich nach und nach von seiner wirklich schönen Ferrari-Sammlung trennen und verkaufte mir schließlich tatsächlich einen Ferrari Enzo! Dieser Enzo, der immer noch auf 399 Stück weltweit limitiert ist, gilt als das Auto schlechthin im Ferrari-Segment.
Ein Jahr später bekam ich ein extrem gutes Angebot dafür – und ich bereue es immer noch zutiefst, ihn verkauft zu haben. Denn erstens bekommt man so ein Auto nie wieder, und zweitens hat sich sein Wert fast vervierfacht. 2015 kosteten sie zwischen einer und eineinhalb Millionen Euro, heute werden sie für mindestens drei bis 3,5 Millionen Euro verkauft, bei speziellen Farbkombinationen original ab Werk sogar für über vier Millionen. Aber das sind Dinge, die man nicht vorhersehen kann. Ein Ferrari Enzo ist immer noch mein Traumauto!

Auch wenn die neuen Modelle der Supersportwagen jetzt auch als Hybrid- und Elektrofahrzeuge auf den Markt kommen, sind die Käufer verunsichert, denn eine kaputte Batterie kostet schnell mal 150.000 Euro.

Überall wird das Ende des Verbrennungsmotors diskutiert. Wie sehen Sie die Zukunft Ihrer Luxusautos?Das ist eine schwierige Frage. Gott sei Dank haben wir Bestandsschutz, zumindest in Deutschland, aber ich merke, dass durch Politik und Presse eine extreme Unruhe und Unsicherheit in den Markt kommt. Die Leute fragen sich, ob sie wirklich mehrere Millionen in ein Auto investieren wollen, das vielleicht in zehn Jahren gar nicht mehr gefahren werden darf, oder der Sprit dafür unerschwinglich wird. Wir wissen es nicht. Absolute Nischenfahrzeuge wie der Ferrari Enzo, der LaFerrari oder der legendäre 300 SL Flügeltürer werden diese Phase aber mit Sicherheit überleben und weiter an Wert gewinnen. Sie sind legendär, sie sind Ikonen.
Beim „normalen“ Ferrari-Fahrer sehe ich das kritischer. Auch wenn die neuen Modelle der Supersportwagen jetzt auch als Hybrid- und Elektrofahrzeuge auf den Markt kommen, sind die Käufer verunsichert, denn eine kaputte Batterie kostet schnell mal 150.000 Euro, die kann man nicht reparieren wie einen Motor. Bei E-Ferraris kann die Batterie inzwischen ausgetauscht werden, bei anderen Herstellern ist das noch nicht möglich.

Glauben Sie, dass es in Zukunft einen Markt für E- Oldtimer geben wird?
Ich glaube nicht, dass in 20 Jahren jemand eines der ersten Elektroautos kaufen will. Nicht nur, dass diese Fahrzeuge keinen Charakter haben und alle austauschbar aussehen, auch die gesamte Technik ist dann völlig veraltet, die Elektrik wird wahrscheinlich gar nicht mehr funktionieren, weil die Software-Updates nicht mehr hochgeladen werden können. Heute läuft alles über Apps. Je mehr Elektronik drin ist, desto mehr kann kaputt gehen, die Automatik, die Fenster und Türen, der Kofferraum, alles.
Ich sehe noch nicht einmal, dass sich die E-Mobilität wirklich durchsetzt. Die nicht subventionierten Fahrzeuge bleiben oft einfach stehen, keiner kauft sie. Die Infrastruktur ist noch schwierig und kompliziert. Wenn die Fahrzeuge brennen, kann man sie nicht löschen. Vieles im Bereich E-Mobility ist noch nicht zu Ende gedacht, auch die Frage, was mit kaputten Batterien passiert, ist noch nicht beantwortet.

Wie geht es bei Ihnen weiter?
Ich bin ja nicht nur Händler, ich liebe Autos über alles, ich lebe für Autos! Mit meinen Beiträgen für die Sendung „GRIP – Das Motormagazin" auf RTLZWEI und meinem YouTube-Channel „Hamid Tailormade Cars“ möchte ich den Menschen die Möglichkeit geben, in ein ganz spezielles Segment einzutauchen, und auch zeigen, dass alle nur mit Wasser kochen. Alle. Alle Menschen auf dieser Erde sind gleich. Ich habe das Glück, mit einem tollen Team in den schönsten Autos der Welt unterwegs zu sein, und solange ich das noch kann, genieße ich jede Sekunde davon. Sollte es mir aber irgendwann keinen Spaß mehr machen, höre ich sofort auf. Aber im Moment kann es wegen mir immer genauso weitergehen wie jetzt!

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Nachhaltig, transparent und partnerschaftlich – Im Interview mit Barbara Frenkel, Vorstandsmitglied Porsche AG

**Warum bekommt die Beschaffung oft so wenig Aufmerksamkeit – obwohl so viel von ihr abhängt?** Weil Beschaffung meist im Hintergrund läuft – und erst dann in den Blickpunkt rückt, wenn etwas fehlt. Das kennt jeder aus dem Alltag: Fehlt beim Kochen eine Zutat oder beim Möbelaufbau eine Schraube, steht meist alles still. Im industriellen Maßstab kann das bedeuten: keine Teile, kein Auto. Unsere Lieferketten sind heute hochgradig komplex, global und auf Effizienz ausgelegt. Fällt ein einziges Teil aus, sei es durch eine Naturkatastrophe, einen Cyberangriff oder geopolitische Span-nungen, kann dies die Produktion gefährden. Deshalb denken wir bei Porsche Be-schaffung heute anders: vorausschauender, vernetzter und deutlich resilienter. **Welche Strategie verfolgen Sie, um Lieferketten auch in Krisenzeiten stabil und widerstandsfähig zu halten?** Entscheidend ist die Transparenz in der gesamten Lieferkette – also über unsere direkten Lieferanten hinaus. Uns interessiert: Wer sind die Partner dahinter? Wo haben sie ihre Standorte und welchen Risiken sind sie ausgesetzt? Dabei simulie-ren wir beispielsweise Wetterereignisse oder Cyberattacken. Wir bewerten globale Rohstoffverfügbarkeiten und identifizieren Single-Source-Situationen. Über allem steht die Frage: Wo könnte ein möglicher Ausfall besonders kritisch für uns sein? **Und welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Risiken zu minimieren?** Hier braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel. Als vergleichsweise kleiner Her-steller können wir nicht überall auf eine Zwei-Lieferanten-Strategie setzen. Statt-dessen überlegen wir uns etwa, wo wir bei kritischen Materialien gezielt Lagerbe-stände in Werksnähe aufbauen. Oder wir beauftragen zusätzliche Werkzeugsätze, die bei Bedarf schnell aktiviert werden können. **Wie wählen Sie Lieferanten aus, welche Kriterien sind dabei besonders wichtig?** Die Auswahl unserer Lieferanten ist immer Teamwork. Beschaffung, Entwicklung und Produktion arbeiten eng zusammen. Häufig entwickeln wir die Lösungen ge-meinsam mit unseren Lieferanten. Hierbei spielt die technische Bewertung in en-ger Abstimmung mit unserer Entwicklung eine wichtige Rolle. Die Produktion wie-derum achtet sehr stark auf die Logistik. Jeder potenzielle Partner durchläuft ein umfassendes Auditverfahren. Dabei geht es um Qualitäts- und Machbarkeitsaudits. Aber auch um eine umfassende Risikoanalyse. Ein fester Bestandteil bei der Aus-wahl sind zudem Kriterien bei der Nachhaltigkeit. Also rechtliche, ethische und ökologische Standards. >Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpas-sungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. **Wie wichtig ist Ihnen die Einbindung mittelständischer Lieferanten in Ihrer Lie-ferkette?** Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpas-sungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. Vor allem, wenn sie sich in unmittelbarer Werksnähe befinden. Vorteile sind kurze Wege und schnelle Reaktionszeiten. Als in Deutschland verwurzeltes Unternehmen ist uns zudem daran gelegen, die heimische und europäische Lie-ferkette zu stärken. **Sie haben die Nachhaltigkeit bereits angesprochen. Nochmals konkret: Wie integrieren Sie diese Kriterien in den Beschaffungsprozess?** Wie gesagt, wir denken hier ganzheitlich und in drei Dimensionen: ökologisch, so-zial und ethisch. Im ökologischen Bereich legen wir besonderen Wert auf den CO₂-Fußabdruck in der Lieferkette. Hier entscheiden der Energiemix, die verwendeten Rohstoffe und der Anteil an recyceltem Material. Auch der Wasserverbrauch wird immer wichtiger. Soziale und ethische Aspekte sind ebenfalls von Bedeutung. Wir erwarten, dass internationale Arbeitsstandards eingehalten und faire Löhne ge-zahlt werden. **Wie haben Sie Einkaufprozesse bzw. das Lieferantenmanagement erfolgreich verbessert?** Rund 80 Prozent der Wertschöpfung entsteht bei uns in der Lieferkette. Entspre-chend hoch ist die Bedeutung eines effizienten und partnerschaftlich ausgerichte-ten Lieferantenmanagements. Deshalb setzen wir bewusst früh an: Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemein-sam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. Über diesen engen Austausch entstehen belastbare Part-nerschaften – von Anfang an. **Wie reagieren Sie auf regionale Marktanforderungen?** Angesichts fragmentierter Märkte gewinnt die regionale Verankerung an Bedeu-tung. In China arbeiten wir beispielsweise gezielt mit starken lokalen Partnern zu-sammen. Mit dem Ziel, marktgerechte Lösungen zu entwickeln – etwa beim Info-tainment. Auch regulatorische Anforderungen erfordern spezifische Lösungen, das Aufspüren innovativer Technologien und innovativer Partner. Immer mehr handelt es sich dabei auch um Start-ups aus branchenfremden Bereichen, etwa beim au-tonomen Fahren, der Konnektivität oder Software. >Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. ## Infos zur Person Barbara Frenkel: Als Kind wollte sie Astronautin werden. Heute leitet Barbara Frenkel das Vor-standsressort Beschaffung der Porsche AG. Frenkel war die erste Frau im Vorstand des Sportwagenherstellers. Sie blickt auf eine mehr als 20-jährige Management-karriere bei Porsche zurück. Zuvor war sie bei verschiedenen Automobilzulieferern tätig. Barbara Frenkel (62) scheidet zum 19. August 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Porsche-Vorstand aus und übergibt ihre Verantwortung an Joachim Schar-nagl (49), der ihre Nachfolge antritt. Privat genießt sie Ausfahrten mit ihrem Oldti-mer, einem 911 G-Modell. Sie ist begeisterte Taucherin und unternimmt gerne Aus-flüge mit ihrem Hund in die Natur.