Hier sieht man einen Solarpark mit Schafen die unter den Panels herumrennen

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28. Mär 2024

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Wirtschaft

„Für Landwirte sind Solarparks lukrativ“ – mit Bernhard Strohmayer

Journalist: Nadine Wagner

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Foto: Presse, Vincent Delsuc/pexels

Im Gespräch mit Bernhard Strohmayer, Leiter Erneuerbare Energien beim Bundesverband Neue Energiewirtschaft.

Bernhard_Strohmayer.jpg Bernhard Strohmayer, Leiter Erneuerbare Energien beim Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne)

Welche Chancen bietet Agri-PV? Agri-PV verbindet Energiewende und Landwirtschaft. Bekannt ist vor allem die Kombination aus Solarenergie und Obst- und Futtermittelanbau oder Tierhaltung. Diese Anlagen sind oft hoch aufgeständert oder schwenkbar, sodass auf den Flächen weiter Landwirtschaft betrieben werden kann. Es gibt aber noch eine weitere Variante: Bei der extensiven Agri-PV stehen die Module der Freiflächenanlagen weiter auseinander. Darunter und dazwischen kann sich die Natur erholen und die Artenvielfalt entwickeln. Auch diese Anlagen bedürfen professioneller landwirtschaftlicher Pflege, um Biodiversität zu „produzieren“. So schaffen Solarparks wertvolle Lebensräume für Pflanzen und Tiere. Dem dramatischen Artenrückgangs können sie ein Stück weit entgegenwirken. Beide Formen der Agri-PV lassen sich natürlich auch kombinieren: Warum nicht eine Agri-PV-Anlage mit einem Teil für Lebensmittel und einem anderen Teil für Blühwiesen umsetzen?

Wie gedenken Sie, den geringen Marktanteil von Deutschland im Bereich Agri-PV, der aktuell unter 1 % liegt, zu steigern? Agri-PV mit Lebensmittelproduktion oder Tierhaltung befindet sich noch in der Pilotphase. Es gibt nur sehr wenige Anlagen. Extensive Agri-PV könnte aus Sicht der Branche zum neuen Standard werden. Solarparks erzeugen so günstig saubere Energie und stärken gleichzeitig Naturschutz und ländlichen Raum. Dafür muss aber noch gesetzlich klar geregelt werden, dass diese Flächen weiter als Landwirtschaft gelten.

Welche Bedürfnisse von Landwirtschaft, Politik und Projektierern müssen Ihrer Meinung nach erfüllt werden, um die vermehrte Umsetzung von Agri-PV-Projekten in der Landwirtschaft zu fördern? Wenn es nicht um die eng definierten Anlagenkonzepte der klassischen Agri-PV geht, ist Photovoltaik auf Freiflächen rein rechtlich noch eine Art Fremdkörper in der Landwirtschaft. Die Flächen von Solarparks werden genauso eingestuft wie Siedlungs- und Verkehrsflächen. Das hat für Landwirtinnen und Landwirte gravierende Nachteile. Die bei einer Hofübergabe anfallende Erbschaftssteuer kann dadurch etwa zum Risiko werden. Landwirte sehen hier den Ausweg in der Agri-PV mit Lebensmittelproduktion oder Tierhaltung. Das zeigt, dass der rechtliche Rahmen noch nicht stimmt. Wenn anerkannt wird, dass professionelle Flächenpflege in Solarparks eine landwirtschaftliche Nutzung darstellt, löst sich das Problem auf.

Angesichts der Herausforderung, dass die doppelte Nutzung nicht zwangsläufig einen doppelten Ertrag bedeutet, welche Strategien sind notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit der gebeutelten Landwirtschaft zu erhalten? Für die Landwirte sind Solarparks lukrativ. Angesichts der zunehmenden Trockenheit ist diese zusätzliche und verlässliche Einnahmequelle als zweites Standbein wichtig. Wenn jetzt auch Landwirtschaft und Biodiversität in Solarparks einen Wert erhalten, werden Solarparks für Landwirte einfacher umsetzbar. Die Bundesregierung ist hier am Zug, um die extensive Agri-PV im Energie- und im Agrarrecht zu verankern.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Warum deutsche Gründlichkeit KI nicht killt, sondern krönt – mit Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH

![Markus Willems-2025 Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Markus_Willems_2025_Online_14a23ae24b.jpg) ``` Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH ``` Die Integration von Künstlicher Intelligenz in die deutsche Wirtschaft erfordert einen strategischen Balanceakt. Unternehmen müssen robuste Dateninfrastrukturen schaffen, in Fachkräfte investieren und eine Innovationskultur etablieren, die KI als Werkzeug versteht, nicht als Bedrohung. Die Absicherung von KI-Modellen gegen Angriffe wie Model oder Data Poisoning verlangt einen ganzheitlichen Ansatz: kontinuierliches Monitoring, regelmäßige Audits und die Implementierung des „Security-by-Design”-Prinzips. Besonders wichtig ist die Nachvollziehbarkeit von KI-Systemen durch transparente Dokumentation der Trainingsverfahren und Datenquellen. „Trustworthy AI” bedeutet im Cybersicherheitskontext konkret: Robustheit gegen Manipulationen, Transparenz in Entscheidungsprozessen und nachvollziehbare Compliance-Mechanismen. Deutschland kann hier durch die Verbindung seiner traditionellen Stärken in Qualitätssicherung mit innovativen KI-Ansätzen Standards setzen – nicht durch übermäßige Regulierung, sondern durch praxisnahe Zertifizierungsverfahren und Best Practice-Richtlinien. Die Cybersicherheitsanforderungen werden zur Chance, wenn sie sich als Qualitätsmerkmal „Made in Germany” etablieren lassen. Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden. Dabei lässt sich die technologische Abhängigkeit von Cloud-Anbietern durch hybride Ansätze reduzieren: Kritische Prozesse können in europäischen Cloud-Infrastrukturen verbleiben, während standardisierte Schnittstellen die Interoperabilität sicherstellen. Entscheidend ist stets die Entwicklung souveräner Kompetenzen für Datenverarbeitung und -analyse, ohne sich vom globalen Innovationsökosystem abzukoppeln. Letztlich wird erfolgreiche KI-Integration in Deutschland davon abhängen, ob es gelingt, Sicherheit nicht als Gegenpol zu Innovation zu begreifen, sondern als deren Fundament. >Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden.