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28. Mär 2023

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Wirtschaft

Für Unternehmen wird es komplizierter

Journalist: Armin Fuhrer

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Foto: Tom Fisk/pexels

Es wurde lange kontrovers diskutiert, doch nun ist das neue Lieferkettengesetz in Kraft. Und dank der EU werden die Regeln bald noch strenger.

Seit dem 1. Januar dieses Jahres müssen tausende ohnehin schon von viel Bürokratie geplagten deutschen Unternehmen zusätzlich einer neuen Verpflichtung nachkommen: dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Das Ziel des Gesetzes ist mehr ökologische und soziale Nachhaltigkeit; es geht um einen besseren Schutz der Umwelt und um die konsequente Einhaltung von Menschenrechten. Das Gesetz betrifft zunächst Unternehmen ab 3.000 Mitarbeitern mit Sitz in Deutschland, ab 2024 wird es auf Unternehmen ab 1000 Mitarbeitern ausgeweitet.

Zu den Pflichten, die den Unternehmen jetzt auferlegt werden, gehört beispielsweise die Einrichtung eines Risikomanagements, mit dessen Hilfe Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen verhindert werden sollen. Eine wichtige Bestimmung lautet, dass die Identifizierung dieser Risiken entlang der gesamten Lieferkette erfolgen muss. Die Beobachtung erstreckt sich also nicht nur auf die direkten Zulieferer des Unternehmens, sondern auch auf deren Zulieferer – im Prinzip bis zum jeweiligen Ursprung. Das LkSG beschreibt elf international anerkannte Menschenrechte, die entlang der Lieferketten jetzt strikt eingehalten werden müssen. Unter anderem handelt es sich um das Verbot von Sklaverei, Kinder- und Zwangsarbeit. Ebenso müssen nicht nur angemessene Löhne bezahlt, sondern auch die Bestimmungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz eingehalten werden.  

Für die Überwachung der Einhaltung des Gesetzes wurde eigens eine neue Außenstelle des Bundesamtes für Wirtschaft und Außenkontrollen eingerichtet. Bei einem Verstoß gegen das neue Gesetz können happige Bußgelder in einer Höhe von bis zu acht Millionen Euro oder zwei Prozent des weltweiten Jahresumsatzes verhängt werden. Zusätzlich können ertappte Unternehmen von Ausschreibungen der öffentlichen Hand ausgeschlossen werden.

So wichtig die Einhaltung der Menschenrechte ist, so herausfordernd wird die Umsetzung der neuen Regelungen in der Praxis für viele Unternehmen sein, denn sie stellen sie vor eine Reihe von Schwierigkeiten. Bei Unternehmen mit relativ wenigen Zulieferern ist eine Kontrolle zwar möglich, aber andere Unternehmen haben eine Kette von Zulieferern, die sie gar nicht überblicken können. Die Zahl entlang der gesamten Kette kann bei einem Großunternehmen in die Tausende gehen; viele Unternehmen haben überhaupt keinen Überblick über die Zulieferer ihrer Zulieferer. Zumindest für einen Mittelständler ist es zudem sehr schwierig, die tatsächlichen Produktionsbedingungen vor Ort konsequent zu kontrollieren.

Experten raten den Unternehmen, ein Organigramm über ihre Zulieferer anzufertigen, ein sogenanntes Supply-Chain-Management. Das ist zwar aufwendig, aber auf dem Markt werden Software-Lösungen angeboten, die diese Arbeit übernehmen. Sie standardisieren die Berichterstattung und sind stets aktuell. Mittelständler, die ab dem kommenden Jahr unter die Regeln des LkSG fallen, können sich bereits in den nächsten Monaten an die Einpflegung einer solchen Software-Lösung machen, um am 1. Januar kommenden Jahres startklar zu sein.

Doch auch noch kleinere Unternehmen sollten sich darauf vorbereiten, dass sie in absehbarer Zeit in die Pflicht genommen werden. Denn auch auf der Ebene der Europäischen Union wird an einem entsprechenden Gesetz gearbeitet, der „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“ (CSDDD). Es soll im Frühsommer verabschiedet werden und ist erheblich strenger ausgelegt als die deutschen Regeln. Vor allem fallen bereits Unternehmen ab 500 Mitarbeitern und mehr als 150 Millionen Euro unter das Gesetz. In sogenannten Risikobranchen, zu denen zum Beispiel die Textilbranchen, die Lederindustrie, die Land- und Forstwirtschaft und der Bergbau fallen, liegt die Grenze sogar nur bei knapp 250 Mitarbeitern. Das deutsche Gesetz wird nach der Verabschiedung der voraussichtlich strengeren EU-Regeln an diese angepasst werden müssen.

Im Vorfeld beklagten Verbände und Unternehmen, dass deutschen Firmen durch das neue Gesetz ab diesem Jahr ein Wettbewerbsnachteil gegenüber ausländischen drohe. Das trifft im direkten Vergleich nicht auf Unternehmen anderer EU-Mitgliedsstaaten zu, ebenso wenig auf die USA, wo es bereits ein vergleichbares Gesetz gibt. Da aber in Schwellenländern solche Regelungen nicht existieren, droht hier tatsächlich ein Wettbewerbsnachteil. Demgegenüber steht der unzweifelhaft wichtige Schutz der Menschenrechte und des Klimas.

 Im Vorfeld beklagten Verbände und Unternehmen, dass deutschen Firmen durch das neue Gesetz ab diesem Jahr ein Wettbewerbsnachteil gegenüber ausländischen drohe.

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.