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14. Sep 2023

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Lifestyle

Geschäftsreisen: Weniger ist mehr

Journalist: Chan Sidki-Lundius

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Foto: VDR

Hans-Ingo Biehl, Mitglied des Präsidiums beim VDR e. V.

Immer mehr Unternehmen erkennen, dass das Geschäft auch mit weniger Reisetätigkeit läuft. Das freut nicht nur das Klima, sondern auch den Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutsches Reisemanagement e.V. (VDR), Hans-Ingo Biehl. Wir haben mit ihm gesprochen.

Herr Biehl, was tut sich derzeit im Geschäftsreisesektor?
Unsere aktuelle VDR-Geschäftsreiseanalyse zeigt: Weniger ist heute mehr. Die Zahlen belegen aber auch einen deutlichen Anstieg des Geschäftsreisevolumens nach Corona. Der Aufwärtstrend im Jahr 2021 konnte auch 2022 fortgesetzt werden. Vor allem größere Unternehmen schickten wieder mehr Mitarbeitende auf Reisen. Hier hat sich der Anteil der Geschäftsreisenden im vergangenen Jahr verdoppelt. Unterm Strich wird jedoch seltener gereist, dafür aber mit einer längeren Aufenthaltsdauer von durchschnittlich 2,4 Tagen. Da werden oft Termine zusammengelegt. Am längsten waren 2022 Unternehmen mit über 1.500 Beschäftigten unterwegs. Bei ihnen dauerte jede vierte Geschäftsreise vier Tage und mehr.

Die USA und China haben im Geschäftsreise-Ranking ihre Vorrangstellung verloren.

Lässt sich auch etwas über die Zielländer sagen?
Durchaus. Die USA und China haben im Geschäftsreise-Ranking ihre Vorrangstellung verloren. Ebenfalls einen Rückgang von Geschäftsreisen ist für das aus der EU ausgetretene Vereinigte Königreich zu verzeichnen. Indien hat an Bedeutung gewonnen, Russland ist seit Beginn des Krieges aus dieser Statistik verschwunden.

Hat sich in deutschen Unternehmen auch die Einstellung zur Nachhaltigkeit geändert?
Tatsächlich ist der Anteil der Unternehmen bzw. Dienstleister, die sich aktiv für Nachhaltigkeit im Geschäftsreisebereich einsetzen, gestiegen. Das finde ich erfreulich. So sind Tagesreisen ins Ausland, aber auch innerdeutsch, im Hinblick auf klimabewusstes Reisen für viele Unternehmen nicht mehr zeitgemäß. Folglich wird der Reiseanlass genauer hinterfragt. In der Konsequenz hat sich die Reduktion der Reisetätigkeit bei 90 Prozent der von uns befragten Betriebe als bevorzugte klimaschonende Maßnahme durchgesetzt –oder sie ist zumindest geplant. Der Wechsel vom Flieger zum Zug bleibt mit 83 Prozent die zweitbeliebteste Maßnahme zur Förderung der Nachhaltigkeit. Ich bin der Meinung, dass wir alle gemeinsam – also auch international gesehen – dazu beitragen müssen, die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen. Hier möchte ich auf unser Nachhaltigkeitsprojekt ‚Klimaschonende Geschäftsreisen durch konsequente CO₂-Reduzierung’ hinweisen. Dabei handelt es sich um ein leicht umzusetzendes 8-Schritte-Modell, das wir Unternehmen und anderen Markteilnehmern kostenfrei zur Verfügung stellen.

Sind Sie ein Fan der Bahn?
Grundsätzlich ja. Aber ich spreche wahrscheinlich für alle Geschäftsreisenden, wenn ich sage, dass die Bahn ein verlässlicherer Reisepartner werden muss. Im Übrigen sind spezielle Abteile für Geschäftsreisende sehr zu befürworten.

Mit welchen Problemen müssen sich Business Traveller noch herumschlagen?
Der Fachkräftemangel führt dazu, dass Geschäftsreisen häufig nicht so wie geplant oder gewünscht ablaufen. Angesichts langer Wartezeiten und langer Schlangen, zum Beispiel am Flughafen oder beim Einchecken ins Hotel, bleibt der Reisespaß oft auf der Strecke. Ein anderes Thema sind die Kostensteigerungen, die uns allen und vor allem Verantwortlichen in den Unternehmen das Leben gerade schwer machen.

Wie lautet Ihre Prognose für die nächsten Jahre?
Ich bin vorsichtig optimistisch, dass insbesondere bei unseren Mitgliedsunternehmen in puncto Nachhaltigkeit endlich noch mehr Bewegung reinkommt. Noch mehr Verboten gegenüber bin ich jedoch kritisch. Ein Verbot von Inlandsflügen etwa passt nicht in unsere Welt. Außerdem gehe ich davon aus, dass die Tendenz zum Bündeln und zur Optimierung von Geschäftsreisen sich weiter durchsetzt. Und auch die Themen ‚Shared Mobility’ und ‚Mobilitätsbudgets’ werden weiter an Bedeutung gewinnen.

Ab 1. Oktober 2023 übernimmt Jens Schließmann die Funktion des VDR-Hauptgeschäftsführers und Sie verabschieden sich in den Ruhestand. Was waren die Highlights Ihrer 20-jährigen Amtszeit?
Sehr gefreut hat mich, dass ich von der Frankfurter Börse eine Einladung zu einem Vortrag erhalten habe. Eher skurril war dagegen, dass der Sender NTV während der Pandemie bei mir zuhause einen Beitrag produziert hat. Es ist auf alle Fälle nie langweilig gewesen. Dass wir die VDR-Geschäftsreiseanalyse vor 20 Jahren eingeführt haben, war eine gute Entscheidung, vor allem auch gegenüber der Politik. Das Thema Geschäftsreisen ist dadurch mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt – und der VDR hat sich einen Namen gemacht.

Hans-Ingo Biehl (65) absolvierte nach dem Studium (Sprach- und Sportwissenschaften) eine Ausbildung zum Reiseverkehrskaufmann. Zu seinen beruflichen Stationen zählen u. a. British Airways, die Lufthansa City Center Reisebüropartner GmbH, SAS, Sabena und Swissair. Biehl treibt viel Sport (Tennis, Golf, Laufen, Ski Alpin), er kocht gern und ist ein Fan seines Heimatvereins Darmstadt 98.

23. Okt 2025

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Lifestyle

Wie lassen sich Gaming und Streaming und Familie unter einen Hut bringen? – mit Maria Rapp (Rehleiin), Nordmann alias Tom

![Maria Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Maria_Online_f6d06845e6.jpg) ```Maria Rapp (Rehleiin), inspiriert seit 2024 ihre Community auf Twitch und TikTok mit einer einzigartigen Kombination aus entspanntem Durcheinander und trockenem Humor``` Mir ist es wichtig, dass meine Kinder Nähe und Verlässlichkeit spüren. Deshalb kommunizieren wir klar: Die Kinder wissen, wann ich streame, bei Events springt die Familie ein. Da die Kinder 50/50 bei beiden Eltern leben, plane ich in kinderfreien Wochen meine Streams und Social Media-Inhalte. In Kinderwochen hat der Alltag Vorrang, manchmal gehe ich abends spontan live. Meine Energie teile ich bewusst ein, um für die Kinder präsent zu sein. Mein Teilzeitjob ermöglicht mir Nachmittage mit ihnen, in kinderfreien Wochen arbeite ich Vollzeit. Ich lasse Puffer für Spontanes, Content vorproduzieren hilft enorm. Die Anfangszeit war schwierig, ans Aufhören dachte ich aber nie! Hilfe anzunehmen fällt mir noch schwer, aber ich arbeite daran (lacht). Seit Juli entlastet mich ein Management bei vielen Dingen. Und Yoga hilft mir, runterzukommen. Mein Tipp für alle, Familie und Streaming zu verbinden: Setzt klare Prioritäten, plant mit Puffern, damit Stress erst gar nicht entsteht, und kommuniziert offen mit Kindern und Community. Akzeptiert, dass Familienleben Einschränkungen mit sich bringt, das ist keine Schwäche, sondern Realität. Feste Absprachen helfen, und wenn die Kinder mich während eines Streams brauchen, sorgen meine Mods dafür, dass der Stream weiterläuft und können im Notfall sogar auf meine Hardware zugreifen (was glücklicherweise noch nie vorkam). Ein gutes Netzwerk aus Familie, Freunden oder Management, die den Rücken freihalten, ist einfach wichtig. Für mich zählen Konstanz und Ehrlichkeit mehr als Perfektion. ![Tom Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Tom_Online_65e2a5d872.jpg) ```Nordmann alias Tom begeistert als Streamer und Familienvater mit seiner Community-Nähe und kreativen Gaming-Inhalten``` Ich streame meist nachts, wenn zu Hause Ruhe einkehrt – so passt es am besten zum Familienalltag. Veranstaltungen plane ich frühzeitig, und dank der Unterstützung meiner Frau, Familie und Schwiegereltern lässt sich alles gut vereinbaren. Durch mein Homeoffice bin ich flexibel und erreichbar. Mein Management übernimmt Planung, Kommunikation und Verträge, wodurch ich mehr Struktur habe und mich voll auf Community, Streams und Content konzentrieren kann. Freizeit habe ich kaum, doch viele meiner Hobbys wie Boxen, Food-Vlogs oder Familienaktivitäten fließen eh direkt in meine Arbeit ein. Oft dachte ich: „Aufhören wäre jetzt einfacher.“ Eine Pause zeigte mir jedoch, wie sehr mir das Streaming als Ausgleich und durch den Austausch mit der Community fehlt. Der Anfang war tough: über 1.000 Stunden Stream im ersten Jahr bei nur wenigen Zuschauenden. Davon konnte ich meine Familie nicht ernähren. Es ist wie im Fußball: Entweder es kommt, oder nicht. Man muss da reinwachsen. Wichtig ist aber vor allem, dass es Spaß macht, man authentisch bleibt und es den Leuten gefällt. Kommunikation ist einfach das A und O, um Familie und Streaming zu vereinbaren. Pläne offen besprechen, klare Regeln vereinbaren und die gemeinsame Zeit bewusst pflegen. Rücksicht hat oberste Priorität! Die Familie darf nie leiden. Selbstständig zu sein ist generell nie einfach und als Streamer oder Influencer in der heutigen Zeit dauerhaft relevant zu bleiben oder überhaupt eine gewisse Reichweite aufzubauen, ist nochmal eine ganz eigene Herausforderung.