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5. Sep 2024

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Wirtschaft

„Grüner Strom ist das Fundament unseres künftigen Energiesystems“ – mit Kerstin Andreae

Journalist: Thomas Soltau

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Foto: Abby Anaday/unsplash, Thomalso Photothek

Im Gespräch mit Kerstin Andreae vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).

KerstinAndreae_c_ThomasImo_Photothek-BDEW_1_online.jpg Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung und Mitglied des Präsidiums, Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)

Die Reduzierung des CO2-Ausstoßes ist ein zentrales Ziel der Energiewende. Welche Maßnahmen und Initiativen verfolgt der BDEW, um diesen Ausstoß zu minimieren, und wie sehen Sie die Fortschritte auf diesem Gebiet?

Die Energiewirtschaft hat bereits deutliche Fortschritte bei der Reduzierung des CO2-Ausstoßes erzielt. Gegenüber 1990 sind die Emissionen im Energiesektor um mehr als die Hälfte – 57 Prozent – gesunken. Bis 2030 sollen es minus 77 Prozent werden. Damit ist die Zielsetzung im Energiesektor deutlich höher als das sektorübergreifende Ziel bis 2030 von 65 Prozent. Die Erreichung der Klimaziele 2030 ist für den Energiesektor ein enormer Kraftakt. Um die Energiewende weiter voranzutreiben, müssen die Erneuerbaren Energien in noch nie dagewesenem Tempo ausgebaut werden. Hierfür müssen allerdings politische Hindernisse insbesondere im Bereich Windenergie an Land abgebaut werden. Die Energiebranche ist außerdem ein unverzichtbarer Player, wenn es um die dringend notwendige Reduzierung von CO2-Emissionen im Mobilitätssektor und im Wärmemarkt geht.

Inwiefern hat die Energiewende bisher die Wettbewerbsfähigkeit der Energiebranche beeinflusst? Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich daraus?

Die Energiewende führt zur Entwicklung neuer innovativer Technologien, davon können viele Unternehmen profitieren. Generell stärkt die Energiewende im Zusammenspiel mit der Digitalisierung die Innovationsfähigkeit in Deutschland. Die verstärkte Nutzung Erneuerbarer Energien eröffnet außerdem vielfältige Möglichkeiten für Beschäftigung und Innovation in Bereichen wie Solar- und Photovoltaik-Wirtschaft, Windkraft, Energiespeicherung und Energieeffizienz. So langsam gewinnt der europäische Gedanke der Resilienz auch bei Erneuerbaren Energien an Bedeutung. Wenn europäische Unternehmen auch weiterhin am sogenannten „Massenmarkt“ teilnehmen können, besteht weiterhin auch das Potenzial für produktbezogene Innovationen in Europa.

Können Sie einige der wichtigsten sozioökonomischen und ökologischen Auswirkungen der Energiewende auf die Gesellschaft und die Umwelt hervorheben?

Die Umstellung von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energiequellen ist bekanntermaßen entscheidend für den Kampf gegen den Klimawandel. Weniger Emissionen bedeuten dabei auch weniger Umweltverschmutzung. Wir machen dadurch unser Land lebenswerter. Gleichzeitig bedeutet Energiewende auch Strukturwandel, insbesondere in Regionen, die bisher stark von der Braunkohle abhängig waren. Das erfordert erhebliche Investitionen, um diese Standorte zukunftsfähig zu machen und neue, innovative und gut bezahlte Arbeitsplätze vor Ort zu schaffen.

Welche Bedeutung hat die Energiewende für die Schaffung nachhaltiger Geschäftsstrategien in der Energiebranche? Können Sie uns einige konkrete Beispiele für nachhaltige Ansätze und Innovationen nennen?

Ein konkretes Beispiel: Der Bedarf der Industrie an neuen Energielösungen ist heute bereits hoch und wird in den kommenden Jahren weiter steigen: Energieversorger treffen immer häufiger auf Kunden aus Gewerbe und Industrie, die zunehmend selbst Strom produzieren und managen wollen, um unabhängiger von externem Bezug und resilienter in der Sicherstellung ihrer Geschäftsaktivitäten zu sein. Dazu benötigen sie individuelle Services und Beratung, welche Energieversorger für eine gezielte Kundenunterstützung proaktiv anbieten können.

Gibt es zukünftig spezielle Technologien oder Entwicklungen, auf die wir besonders achten sollten?

Neben Elektrifizierung und Energieeffizienz spielen in Zukunft erneuerbare und dekarbonisierte Gase, insbesondere Wasserstoff, eine entscheidende Rolle, um die Energieversorgung klimaneutral und versorgungssicher zu gewährleisten. Speicher- und Transportfähigkeit sowie die Einsatzbreite machen Wasserstoff über die Sektorkopplung zu einem zentralen Baustein im Energiesystem der Zukunft. Daher sollten wir ein besonderes Augenmerk auf den Ausbau der Wasserstoffwirtschaft legen. Neben dem Aufbau des H2-Kernnetzes und des angeschlossenen Verteilnetzes geht es hier etwa auch um ein sinnvolles Vorgehen beim Markthochlauf, dem Aufbau von Erzeugungskapazität im Land und langfristigen Importlieferverträgen.

Die Energiewende erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen der Politik, der Wirtschaft und der Gesellschaft. Wie bewertet der BDEW die derzeitige Zusammenarbeit auf nationaler und internationaler Ebene? Stichwort: Bürokratie.

Bürokratieabbau ist Teil des Gelingens der Energiewende. Wir schleppen uns immer noch durch viele Prozesse, die schon sehr viel schneller laufen könnten. Deswegen ist der von Bundeswirtschaftsminister Habeck initiierte Austausch mit den großen Wirtschaftsverbänden zum Thema Bürokratieabbau so wichtig. Ein weiterer wichtiger Aspekt: Die Politik sollte die Expertise der Energie- und Wasserwirtschaft stärker und früher einbeziehen, bevor Gesetze und Verordnungen erlassen werden.

Inwiefern hat der Angriffskrieg die Energiewende und beeinflusst? Gibt es Lehren oder Erfahrungen, die Sie aus dieser Zeit für die Zukunft ziehen?

Die Energiekrise hat gezeigt, wie wertvoll der europäische Energiebinnenmarkt und die europäische Zusammenarbeit sind. Politik und Energieunternehmen haben in der Krise schnell gehandelt: Lieferketten gesichert und Lieferbeziehungen diversifiziert. Um unsere sichere Energieversorgung auch langfristig zu gewährleisten, gilt es, den Ausbau der Erneuerbaren Energien noch konsequenter voranzutreiben. Zudem müssen der Aus- und Umbau der Stromnetze sowie die Entwicklung von Speichern und innovativen Konzepten mit dem Erneuerbaren-Ausbau Hand in Hand gehen. Denn grüner Strom bildet zusammen mit Wasserstoff das Fundament unseres künftigen Energiesystems.

14. Nov 2024

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Wirtschaft

Tierfutter im Überblick

**Bio für weniger Rückstände** Biofutter wird aus biologisch erzeugten Zutaten und Inhaltsstoffen hergestellt. Aufgrund der Richtlinien für biologische Landwirtschaft werden dabei keine bzw. weniger synthetische Pestizide, chemische Düngemittel oder genetisch veränderte Organismen eingesetzt. Von Vorteil ist hierbei vor allem, dass dadurch weniger Rückstände, beispielsweise von Antibiotika im Futter enthalten sind. Gut zu wissen: Antibiotikarückstände in Fleisch sind enorm schlecht verträglich und können sogar zu Krankheiten führen. Auch wird bei Biofutter auf eine nachhaltige und artgerechte Tierhaltung Wert gelegt, was dem Schutz der Umwelt dient und die Lebensqualität der Tiere steigert. Häufig ist Biofutter gut geeignet für empfindliche Tiere, aufgrund der hochwertigen und natürlichen Inhaltsstoffe. Wenn Tiere beispielsweise Unverträglichkeiten haben, vertragen sie Biofutter meist besser. Ein Nachteil von Biofutter ist allerdings der Preis, welcher meist teurer ist als herkömmliches Futter. Allerdings ermöglicht der höhere Preis den Bio-Bauern ein nachhaltiges und angemessenes landwirtschaften. ![pexels-rdne-7782871.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/pexels_rdne_7782871_6a7a305874.jpg) **Probiotika und Zusatzfutter** Häufig bekommen Tiere mit einer empfindlichen Verdauung Probiotika oder Zusatzfutter verabreicht. Probiotika sind Futterzusätze, die aus lebenden Mikroorganismen bestehen und auch bei Menschen eine positive Wirkung auf das gesamte Verdauungssystem haben. Auch das Immunsystem kann durch die Einnahme von Probiotika gestärkt werden. Ein dritter positiver Aspekt von Probiotika: Das Wohlbefinden in Stresssituationen kann gesteigert werden. Bei Tieren ist dies beispielsweise der Tierarztbesuch. In Zusatzfutter allgemein sind auch häufig Vitamine, Mineralien oder andere Ergänzungen enthalten, abhängig von den Gesundheitszielen der Tiere. Durch die gezielte Zugabe bestimmter Zusatzstoffe im Futter können Mangelerscheinungen behoben und gesundheitliche Probleme gelindert werden. Hierzu zählen meist auch Allergien. Es sollte immer evaluiert werden, welches Tier welches Futter und gegebenenfalls welche Zusatzstoffe benötigt. Die Wirkung kann unterschiedlich ausfallen und nicht bei jedem Tier ist die Gabe von Probiotika gleichermaßen effektiv. Ein Nachteil ist – ähnlich wie beim Biofutter –, dass hochwertige probiotische Zusätze und Ergänzungen im Zusatzfutter meist teuer sind. ![pexels-mohd-adnan-khan-78969656-14965274.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/pexels_mohd_adnan_khan_78969656_14965274_1e096f4b04.jpg) **Performancefutter für aktive Tiere** Unter Performancefutter versteht man spezielles Futter, um den erhöhten Nährstoffbedarf von aktiven, arbeitenden oder sportlichen Tieren zu decken. Meist enthält Performancefutter einen erhöhten Anteil an Proteinen, Fetten und Energie. Vorteile dieses speziellen Futters sind die höhere Leistungsfähigkeit der Tiere, da das Futter auf den gesteigerten Energiebedarf angepasst ist. Insbesondere auch bei intensiver Bewegung wird gewährleistet, dass genügend Nährstoffe aufgenommen werden und die Tiere weiterhin Leistungsfähig bleiben. Auch enthält Performancefutter oft zusätzliche Nährstoffe, die Muskulatur, Gelenke und die allgemeine Fitness unterstützen. Hierzu zählen vor allem Omega-3-Fettsäuren. Diese tragen auch zu einer schnelleren Regeneration nach intensiver Aktivität bei. Es gilt zu beachten, dass dieses spezielle Futter nur für sehr aktive Tiere geeignet ist, da es ansonsten zu Übergewicht führen kann. Wie auch Zusatzfutter und Biofutter, ist bei Performancefutter aufgrund der speziellen und hochwertigen Inhaltsstoffe meist ein teurerer Preis zu erwarten. ![GemaesteteLarven_und_Junglarven.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Gemaestete_Larven_und_Junglarven_5eda974d54.jpg) **Insekten als Umweltretter** Larven der Schwarzen Soldatenfliege oder Mehlwürmer werden häufig aufgrund ihres Proteingehalts als Basis von Insektenfutter genutzt. Klingt erstmal überraschend? Futter aus Insekten ist der neueste Trend in der Landwirtschaft und auch im privaten Bereich. Es wird als umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen tierischen Proteinen wie Huhn oder Rind gesehen. Insektenprotein hat einen deutlich geringeren ökologischen Fußabdruck als die Fleischproduktion: weniger Wasserverbrauch bei der Erzeugung und deutlich weniger CO2-Emissionen. Auch für Tiere mit Allergien oder Unverträglichkeiten kann Insektenprotein eine gute Alternative gegenüber herkömmlichen Proteinquellen darstellen, da Insekten bei vielen Tieren zum natürlichen Nahrungsmittelspektrum zählen. Außerdem ist das Futter enorm nährstoffreich: Insekten bestehen aus einem großen Proteinanteil, essenziellen Aminosäuren und gesunden Fettsäuren. Da insektenbasiertes Tierfutter gerade erst etabliert wird, ist es meist noch etwas teurer und nicht so verbreitet wie herkömmliches Futter. Auch kann es vorkommen, dass Tiere und Tierhalter sich erst einmal an Insektenfutter gewöhnen und es akzeptieren müssen.