Diesen Artikel teilen:

10. Jul 2023

|

Wirtschaft

Grüner Wasserstoff: Energieträger der Zukunft

Journalist: Chan Sidki-Lundius

Wasserstofftechnologien werden derzeit konsequent weiterentwickelt – aus gutem Grund.

Das Bundeskabinett hat die Nationale Wasserstoffstrategie beschlossen. Zur Umsetzung und Weiterentwicklung der Strategie wird eine Governance-Struktur geschaffen. Im Mittelpunkt steht dabei die Einrichtung eines Nationalen Wasserstoffrates. Hierzu erklärte die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek: „Grüner Wasserstoff ist der Energieträger der Zukunft. Wir wollen bei dieser Zukunftstechnologie vorne in der Welt dabei sein. Je früher und beherzter wir einsteigen, desto größer ist unsere Chance, dass der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft zu einem neuen Jobmotor in Deutschland wird.“ Geplant ist unter anderem, dass die Bundesregierung weiter in die Förderung von Forschung und Innovation zum grünen Wasserstoff investiert: von der Erzeugung, über Speicherung, Transport und Verteilung bis zur Anwendung. Bis 2023 werden dafür zusätzlich 310 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. 

Grüner Wasserstoff wird durch Wasser-Elektrolyse mit erneuerbarem Strom hergestellt. Die Herstellung ist CO2-frei und damit klimafreundlich. Eine Tonne Wasserstoff enthält eine Energiemenge von 33.330 Kilowattstunden. Das entspricht dem durchschnittlichen jährlichen Strom-Energieverbrauch von elf Drei-Personen-Haushalten in einem Mehrfamilien-haus (ohne Durchlauferhitzer). Wasserstoff hat eine Menge Talente. Er ist in der Lage, Brennöfen der Industrie zu beheizen – zum Beispiel in der Stahlindustrie. Zudem ist er für die Nutzung von Abgasen relevant: In einem vom BMBF-geförderten Projekt beispielsweise braucht es Wasserstoff, um aus Abgasen Dünger-, Kunst- und Kraftstoff-Vorläufer zu produzieren. Zuletzt können mithilfe von Wasserstoff in Power-to-X Verfahren wichtige Rohstoffe für die Chemieindustrie produziert werden. 
Auch im Verkehrsbereich spielt grüner Wasserstoff eine wichtige Rolle. Relevant ist das Gas vor allem in Bereichen, in denen Elektrifizierung in absehbarer Zeit nicht möglich ist, also im Flug-, Fern-, Schwerlast- und Schiffsverkehr. Durch Wasserstoff in synthetischen Kraftstoffen lassen sich diese Verkehrsbereiche klima- freundlich umgestalten. Auch der Antrieb durch reinen Wasserstoff ist eine Option. 
Und welche Rolle spielt Wasserstoff bei der Wärmeversorgung? Wasserstoff kann in gewissen Mengen bereits heute in das bestehende Gasnetz beigefügt werden. Zudem lässt sich mithilfe von Brennstoffzellen aus Wasserstoff vergleichsweise effizient Wärme gewinnen.
Grüner Wasserstoff lässt sich dort am sinnvollsten produzieren, wo genügend erneuerbare Energie zur Verfügung steht,um die Wasser-Elektrolyse zu betreiben. Das Bundesforschungsministerium setzt daher auf Partnerschaften mit Süd- und Westafrika sowie mit Australien. Dort herrschen gute Bedingungen, um Strom aus Wind und Sonne auf ungenutzten Flächen zu produzieren. Die genauen Kosten für die Herstellung von grünem Wasserstoff sind derzeit noch nicht absehbar. Sicher ist allerdings, dass grüner Wasserstoff umso günstiger wird, je günstiger sich erneuerbarer Strom produzieren lässt und je weiter die Entwicklung der Wasser-Elektrolyse fortschreitet. Wert-volle Ergebnisse wurden beispielsweise in einem BMBF-geförderten Projekt erzielt: Darin konnte der Anteil des seltenen Materials Iridium, welches ein Kostenfaktor bei der Wasserelektrolyse ist, um den Faktor Zehn reduziert werden.

4. Jul 2025

|

Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.

30. Jun 2025

|

Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.