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1. Okt 2025

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Wirtschaft

Holz trifft Hightech: Klimaneutral bauen, planbar wohnen – mit Dr. Mathias Schäfer, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Fertigbau (BDF)

Journalist: Katja Deutsch

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Foto: Presse, Artsemi Simanenkau/unsplash

Nachhaltigkeit, Klimaneutralität und digitalisierte Prozesse sind derzeit die zentralen Innovationstreiber der Baubranche. Doch um das Problem des bezahlbaren Wohnraums anzugehen, muss die Politik endlich deutschlandweit einheitliche und verlässliche Gesetze schaffen, fordert Mathias Schäfer, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Fertigbau (BDF).

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Dr. Mathias Schäfer, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Fertigbau (BDF)

Herr Schäfer, wie entwickelt sich der Markt für Fertighäuser in Deutschland und in Europa? Auch, wenn die Baubranche – übrigens in Europa insgesamt – im Bereich des Ein- und Zweifamilienhausbaus nach Covid stark eingebrochen ist, entwickelt sich der Markt für Fertighäuser in Deutschland grundsätzlich sehr positiv. Denn wir konnten in den letzten zehn Jahren eine Verdoppelung des Marktanteils auf 26 Prozent im Holzfertigbau für serielles Bauen im Ein- und Zweifamilienhausbereich erreichen.

Können Fertighäuser zur Bewältigung der Wohnungsbaukrise in Deutschland beitragen? Möglichst schnell bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, hat meiner Meinung nach alleroberste Priorität! In jedem Monat, in dem weniger gebaut wird als es dringend notwendig wäre, verteuern sich die Bestandsimmobilien. Das Angebot sinkt, die Mieten steigen – besonders in den Städten ein ungebrochener Trend. Das wird nur über Neubau funktionieren. Serielles Bauen ist eine zentrale Lösung: schnell, effizient und bezahlbar.

Welche Innovationen im Bereich Materialien, Energieeffizienz oder Kreislaufwirtschaft in prägen den Fertighausbau der Zukunft? Unsere Branche ist bei Digitalisierung, Automatisierung und Projektplanung weit fortgeschritten. Das ermöglicht eine ganzheitliche Betrachtung des Lebenszyklus von Gebäuden: Welche Ressourcen werden verbraucht, welche Materialien eingesetzt, wie lange bleiben sie gebunden und was kann später in der Kreislaufwirtschaft genutzt werden? Der Zugang zu diesen Daten ist eine große Aufgabe, doch wir waren hier schon früh und erfolgreich als eine der ersten in der Baubranche unterwegs. Nachhaltigkeit, Klimaneutralität und digitalisierte Prozesse sind derzeit die zentralen Innovationstreiber.

In jedem Monat, in dem weniger gebaut wird als es dringend notwendig wäre, verteuern sich die Bestandsimmobilien.

Wie können Fertighäuser zur Erreichung der Klimaziele beitragen? Der Holzfertigbau steht für Nachhaltigkeit: Wir verwenden erstens nachwachsende Rohstoffe und zweitens Rohstoffe, die man später recyceln kann. Hierbei wird auf Jahrzehnte, manchmal sogar Jahrhunderte, sehr viel CO2 im Gebäude gebunden. Seit langem setzen wir konsequent auf Energieeffizienz, nach dem Prinzip Die beste Energie ist die, die gar nicht verbraucht wird. Das Interesse am Holzfertigbau steigt besonders, wenn Energiepreise klettern. Unsere Gebäude benötigen ohnehin nur minimalen Energieeinsatz und überzeugen zusätzlich durch schnelle, planbare Prozesse von der Planung bis zur Fertigstellung. Ein weiteres großes Potenzial liegt in der seriellen Sanierung des Gebäudebestands, den wir bis 2045 klimaneutral darstellen wollen. Serielle Sanierung eröffnet unserer Branche damit ein enormes Potenzial.

Welche Ziele verfolgen Sie als Präsident des BDF besonders intensiv? Wir möchten die Vorteile des seriellen Holzfertigbaus sichtbarer machen, in der Politik ebenso wie bei privaten Bauherren. Der moderne Fertigbau kann längst mehr als Ein- und Zweifamilienhäuser: Wir realisieren Gebäude bis fünf Geschosse, bauen Kindergärten, Studentenapartments und Mehrfamilienhäuser. Doch wir brauchen endlich bundesweit einheitliche Bauordnungen und verlässliche Förderbedingungen, die sich nicht ständig ändern oder gestrichen werden! Das ist wichtiger als die Förderhöhe selbst. Kommunen sollten außerdem endlich von starren Vergaberegeln wegkommen und funktionale Ausschreibungen ermöglichen, bei denen Planung und Bau integriert vergeben werden. Denn serielles Bauen funktioniert nur gewerkeübergreifend – und das muss auch in den Ausschreibungen ermöglicht werden.

Nachhaltigkeit, Klimaneutralität und digitalisierte Prozesse sind derzeit die zentralen Innovationstreiber.

1. Okt 2025

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Wirtschaft

Die nächsten 24 Monate entscheiden: Deutschland im Transformationsfenster – Ein Beitrag von Prof. Dr. Henning Wilts

An den Begriff „Kreislaufwirtschaft“ haben die meisten Unternehmen lange Zeit einen gedanklichen Haken gemacht: Die eigenen Abfälle werden fachmännisch entsorgt, man hatte seine Hausaufgaben gemacht. Mit der Zeitenwende als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg und seitdem völlig veränderten geopolitischen Rahmenbedingungen hat sich jedoch auch das Verständnis von Kreislaufwirtschaft fundamental verändert: Von „Nice-to-have“ zur Schlüsselherausforderung eines auch mittel- und langfristig wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandorts, der sich schlagartig bewusst wurde, wie abhängig man doch ist von Rohstoffimporten – und der Bereitschaft vieler Länder, den Zugang zu diesen als strategisches Druckmittel zu nutzen. Dementsprechend gewinnen auch zirkuläre Geschäftsmodelle zunehmend an Bedeutung, die von Anfang an mitdenken, wie die Produkte – und damit auch die darin enthaltenen Rohstoffe – am Ende der Nutzungsphase wieder zurückkommen. Immer mehr Unternehmen experimentieren daher mit Pfandsystemen oder Leasingkonzepten – getrieben von der Idee, damit die Resilienz ihrer Rohstoffversorgung zu verbessern. Ein weiterer wichtiger Treiber sind die gesetzlichen Verpflichtungen der Unternehmen, ihre Prozesse klimaneutral aufzustellen – hier ist der Einsatz recycelter Rohstoffe natürlich nicht zum Nulltarif zu haben; auf lange Sicht sind die dafür notwendigen Technologien aber schon deutlich ausgereifter und die Kosten pro eingesparter Tonne CO2 bei entsprechender Skalierung niedriger. Aber obwohl das Thema Kreislaufwirtschaft damit immer stärker auch in den Strategieabteilungen der Unternehmen ankommt, faktisch fehlt es an einer selbsttragenden Innovationsdynamik. Noch immer beträgt das Verhältnis von recycelten Rohstoffen und Gesamtrohstoffbedarf gerade mal 13 Prozent; rechnerisch sind also 87 Prozent aller Rohstoffe noch immer Primärmaterial. Die dafür von vielen genannten Gründe sind einerseits rational: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten fehlt es an finanziellen Ressourcen, um ausreichend in die Transformation zur zirkulären Wertschöpfung zu investieren. Gleichzeitig ist den meisten sehr bewusst, dass Deutschland damit droht, seine eigentliche hervorragende Ausgangsbedingungen in diesem zentralen Zukunftsmarkt zu verspielen. Die Bundesregierung hat vor diesem Hintergrund im Dezember 2024 ihre „Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie“ (NKWS) verabschiedet. Erklärtes Ziel ist es, die Transformation zur Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen. Dafür benennt die Strategie ambitionierte Ziele, beispielsweise die faktische Halbierung des Bedarfs an primären Rohstoffen; im Kern aber vor allem über 130 konkrete Maßnahmen. Diese gehen weit über Abfallwirtschaft hinaus, sondern betreffen z. B. die fokussierte Digitalisierung im Recyclingsektor, innovative Finanzierungsmechanismen oder auch Mindestrezyklatquoten, um so einen sicheren Absatzmarkt für hochwertige Sekundärrohstoffe zu schaffen. Aber natürlich ist Papier geduldig und die eigentliche Herausforderung liegt in der jetzt anstehenden Umsetzung. Ein zentraler Schlüssel wird dabei sein, Allianzen zu schaffen – zwischen all den Akteuren, die in einer Kreislaufwirtschaft profitieren wollen von den erhofften positiven Effekten für Klimaschutz, einheimische Beschäftigung, Aufträgen für den Maschinenbau usw. Die in der NKWS angekündigte Plattform muss es daher schaffen, genau solche Allianzen zu bilden und sich nicht in endlosen Debatten über die 100 Prozent perfekte Lösung zu verlieren – denn die internationale Konkurrenz schläft nicht und es ist überhaupt nicht gegeben, dass die erhofften Vorteile tatsächlich am Standort Deutschland realisiert werden. Die nächsten 24 Monate werden daher maßgeblich darüber entscheiden, ob Deutschland am Ende zu den Gewinnern oder den Verlierern der zirkulären Transformation gehören wird.

1. Okt 2025

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Wirtschaft

Rohstoffkreisläufe für Umreifungsbänder schließen – mit Jürgen Scheiblehner, Geschäftsführer von Strapping Solutions bei Teufelberger, weltweit größter, systemunabhängiger Hersteller von High-Performance-Umreifungsbändern

![Scheiblehner_Jürgen_bettercollect2 ONLINE.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Scheiblehner_Juergen_bettercollect2_ONLINE_a360744382.jpg) ```Jürgen Scheiblehner, Geschäftsführer von Strapping Solutions bei Teufelberger, weltweit größter, systemunabhängiger Hersteller von High-Performance-Umreifungsbändern.``` Mit better.collect haben wir den Kreis zwischen Sammlung, Aufbereitung und Wiederverwertung von Umreifungsbänder geschlossen. Es ist ein bereits funktionierender Kreislauf – und eine Einladung an die gesamte Industrie, sich dieser Win-Win-Situation anzuschließen. Unsere Erfahrung der letzten fünf Jahre zeigt klar: Die eigene Abholung und Sammlung bei einzelnen Unternehmen ist weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll. Nur durch die Nutzung bestehender Entsorger-Logistik, die für die anderen Materialströme ohnehin regelmäßig zahlreiche Firmen anfahren, kann der Rohstoffkreislauf für Umreifungsbänder effizient geschlossen werden. Unser Ziel ist es, diesen Closed Loop gemeinsam zu etablieren und damit einen Standard für verantwortungsvollen Materialeinsatz zu setzen. Mein Appell an die gesamte Branche, einschließlich Wettbewerbender: Nutzen wir diese Synergien. Allein ist dieser Weg weder kosteneffizient noch nachhaltig darstellbar. Gemeinsam aber wird er zu einer starken Lösung für Unternehmen und Umwelt. >Nur durch die Nutzung bestehender Entsorger-Logistik, die für die anderen Materialströme ohnehin regelmäßig zahlreiche Firmen anfahren, kann der Rohstoffkreislauf für Umreifungsbänder effizient geschlossen werden.