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16. Mär 2023

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Wirtschaft

„Ich esse mit Emotionen“

Journalist: Armin Fuhrer

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Foto: Jens Hartmann

Alexander Herrmann, Koch, Gastronom und Kochbuchautor

Kochen kann jeder und der Zeitaufwand in der Küche wird überschätzt, sagt TV-Koch Alexander Herrmann. Sein Tipp für Anfänger: Einfach mal anfangen.

Herr Herrmann, Sie haben zwei Michelin-Sterne und sind als TV-Koch bekannt. Ist für Sie kochen eigentlich Beruf oder Berufung?

Ehrlich gesagt kann ich nur schwer unterscheiden zwischen beruflichem und privatem Kochen. Es gibt aber doch einen Unterschied: Wenn ich beruflich am Herd stehe, bin ich wesentlich präziser, denn dann muss alles perfekt stimmen. Wenn ich privat für mich und meine Familie koche, dann lasse ich auch schon mal alle fünf gerade sein – da ist es nicht so schlimm, wenn von einem Gewürz mal eine Prise zu viel verwendet wird.  

Braucht man unbedingt viel Zeit, um sich ein gutes Essen zu zaubern?
Die Klage, dass ein Gericht zuzubereiten so wahnsinnig viel Zeit kostet, fand ich schon immer etwas mühsam. Alles, was wir machen, benötigt doch Zeit. Wenn Sie zum Beispiel ein paar Mal pro Woche ins Fitnessstudio gehen, um sich sportlich und fit zu halten, ist dafür auch ein großer Zeitaufwand nötig. Die Frage ist: Wofür bin ich bereit, meine Zeit zu nutzen? Aber wenn ich zuhause koche, benötige ich im Alltag ohnedies selten länger als eine halbe Stunde. Kochen kann ja übrigens auch gemeinsame Zeit bedeuten. Ich halte es zum Beispiel für sehr wichtig, dass Familien zusammen kochen. Einen Gurkensalat können auch Kinder zusammenschnipseln, der muss nicht unbedingt perfekt aussehen. Allerdings gebe ich zu, dass gerade die deutsche Küche ein Problem hat, wenn es um den Zeitaufwand geht.

Inwiefern?
Keine andere Küche ist so zeitintensiv wie die Deutsche. Das gilt selbst für ein einfaches Gericht wie Bratkartoffeln – Sie müssen die Kartoffeln erst kochen, dann auskühlen lassen, schneiden und braten. Mediterrane Gerichte wie Penne Arrabiata gehen viel schneller. Und mediterrane Küche verzeiht auch eher kleine Fehler, wie z.B. die Beigabe von zu vielen Gewürzen.

Frische Zutaten oder Fertigprodukte?
Wenn man selbst mit gesunden und frischen Zutaten kocht, tut man seiner Gesundheit etwas Gutes. Deshalb finde ich, dass man solche Zutaten zumindest dann verwenden sollte, wenn man sich am Wochenende Zeit nimmt für die Zubereitung einer Mahlzeit. Das bedeutet für mich auch Lebensqualität.

Wir sprachen über Zeit – aber ein gewisses Talent braucht man doch auch, oder?
Beim Kochen ist so wie mit dem ersten Kuss: Ein bisschen Talent ist durchaus sinnvoll. Aber irgendwann versucht es trotzdem jeder und wem das naturgegebene Talent fehlt, der muss sich eben ein bisschen mehr anstrengen. Ich bin der Meinung, dass jeder fähig ist, zu kochen, und es gibt viele gute Kochbücher für Anfänger, in denen man sich Ratschläge holen kann. Mein Tipp: Einfach mal machen.

Was sollte es in jeder Küche eines Hobbykochs geben?
Für Gerichte für zwei bis vier Personen reichen in der Regel zwei Töpfe völlig aus. Im Größeren mit etwa fünf Liter kann man dann beispielsweise Nudeln kochen. Daneben sollte eine Küche mit zwei unterschiedlich großen Pfannen ausgestattet sein. Zum Schneiden sind drei Messer ausreichend, davon ein Sägemesser für Brot. Als elektrisches Gerät verwende ich zuhause nur einen Pürierstab mit verschiedenen Aufsätzen. Mehr braucht man nicht. 

Und was wird in deutschen Küchen besonders gerne gekocht?
Pasta ist des Deutschen liebstes Kind. Das ist schnell gemacht und wie schon gesagt: Die mediterrane Küche verzeiht sehr viel. Kartoffeln und Reis teilen sich den zweiten Platz bei den Stärkegerichten. Hierzulande wird gerne auch bürgerlich und deftig gekocht, also z.B. Kartoffelgratin und Lasagne. Ebenso hat die asiatische Küche viele Freunde. Auch einfache deutsche Gerichte sind sehr beliebt. Wenn man eine Scheibe Leberkäse mit einem Spiegelei belegt, ist das schnell gemacht – für mich übrigens eine große Delikatesse. Fleisch wird nach wie vor sehr viel gegessen, aber die heranwachsenden Generationen legen viel größeren Wert auf Gemüse. Übrigens gibt es gerade einen Trend, Gemüse zu fermentieren. Das ist eine tolle Sache, denn eingemachtes Gemüse ist gesund und der Körper wird es einem danken. Mein Restaurant hat ein eigenes Labor, in dem wir das testen.

Zum Schluss einmal Hand aufs Herz: Gibt es bei Ihnen auch manchmal Fast Food oder eine Portion Pommes mit Majo und Ketchup?
Auch wenn ich professioneller Koch bin, bedeutet das nicht, dass ich immer nur High-End esse. Ich esse mit Emotionen und daher finde ich auch manchmal den Weg zur Imbissbude oder mache mir eine Leberkäs-Semmel.

Wenn Alexander Herrmann gerade nicht am Herd steht und leckere Gerichte zubereitet, dann ist er gerne auch mal - um im Bild zu bleiben - eine Couch-Potato. „Ich kann zum Entspannen einfach auf dem Sofa liegen und Nichts tun“, sagt der 58-Jährige. Ebenso hört er gerne Romane als Hörbücher.

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.