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10. Jul 2023

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Wirtschaft

Immobilien werden gerade immer schneller immer älter

Journalist: Katja Deutsch

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Foto: Presse

Prof. Dr. Thomas Beyerle, Head of Communications & Strategy der Catella Real Estate AG, Head of Group Research für die internationale Catella-Gruppe sowie Lehrstuhlinhaber für Immobilienforschung an der Hochschule Biberach spricht über den Immobilienmarkt.

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Prof. Dr. Thomas Beyerle, Managing Director Catella Property Valuation GmbH

Im Moment bewegt sich der Immobilienmarkt in Deutschland höchstens in kleinen Seitwärtsbewegungen, weil alle darauf warten, dass sich ein neues Preisniveau einpendelt. Voraussichtlich im Herbst wird sich das ändern und der Aufschwung – im Gegensatz zu den vorangegangenen Krisen – relativ stark sein. Denn erstens ist Kapital verfügbar und zweitens ist die Nachfrage nach Immobilien ja nicht abgebrochen, sondern latent vorhanden. Nach der nächsten EZB-Sitzung im Mai rechne ich mit einem Ende der Aufwärtsbewegung der Kreditzinsen.

„Hausbesitzer, die jetzt 30 oder 40 Jahre lang ihr Haus abbezahlt haben, haben heute meistens einen Sanierungsstau.“

Hausbesitzer, die jetzt 30 oder 40 Jahre lang ihr Haus abbezahlt haben, haben heute meistens einen Sanierungsstau. Denn diese Immobilien, die jetzt verkauft werden wollen (oder müssen), sind alt, und sie werden gerade immer schneller immer älter! Das bedeutet, die Eigentümer müssen etwa 25 Prozent des bisher angenommenen Wertes abziehen – was den Kosten für die erforderlichen energetischen Sanierungsmaßnahmen entspricht. Viele werden sich diese 150.000 bis 250.000 Euro Kosten nicht leisten können, sondern dann lieber mit Abschlag verkaufen. Für Grundentwickler und Investoren sind diese Grundstücke trotzdem sehr spannend, denn sie lassen sich neu bebauen.

Büroimmobilien brauchen wir immer weniger, gefragt sind vor allem effiziente, moderne, coole, dynamische und attraktive Innenstadtlagen mit hochwertiger Ausstattung, am besten an U-Bahn-Knotenpunkten. Gewerbeparks der 80er-Jahre dagegen fallen sehr weit zurück.

Von der Politik wünsche ich mir Planungssicherheit – zumindest mal für die kommenden fünf Jahre. Privatleute wie auch Investoren sind verunsichert und warten erstmal ab, denn jede neue Regierung ändert die Vorgaben beim Bauen. Mein Hauptpunkt ist jedoch die Beschleunigung aller Prozesse der Baumaßnahmengenehmigungsverfahren. Bis der Antrag auch nur gelesen wird, vergehen zwei Jahre. Jede Bundesregierung hat eine Baulandfindungskommission und eine Baugesetzbucherschaffungskommission, wir haben immer mehr Vorschriften und dabei kommen immer weniger neue Wohnungen auf den Markt: Von den 400.000 versprochenen wurden gerade mal 180.000 geliefert. Das wiederum treibt den Preis für Mietwohnungen nach oben.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Warum deutsche Gründlichkeit KI nicht killt, sondern krönt – mit Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH

![Markus Willems-2025 Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Markus_Willems_2025_Online_14a23ae24b.jpg) ``` Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH ``` Die Integration von Künstlicher Intelligenz in die deutsche Wirtschaft erfordert einen strategischen Balanceakt. Unternehmen müssen robuste Dateninfrastrukturen schaffen, in Fachkräfte investieren und eine Innovationskultur etablieren, die KI als Werkzeug versteht, nicht als Bedrohung. Die Absicherung von KI-Modellen gegen Angriffe wie Model oder Data Poisoning verlangt einen ganzheitlichen Ansatz: kontinuierliches Monitoring, regelmäßige Audits und die Implementierung des „Security-by-Design”-Prinzips. Besonders wichtig ist die Nachvollziehbarkeit von KI-Systemen durch transparente Dokumentation der Trainingsverfahren und Datenquellen. „Trustworthy AI” bedeutet im Cybersicherheitskontext konkret: Robustheit gegen Manipulationen, Transparenz in Entscheidungsprozessen und nachvollziehbare Compliance-Mechanismen. Deutschland kann hier durch die Verbindung seiner traditionellen Stärken in Qualitätssicherung mit innovativen KI-Ansätzen Standards setzen – nicht durch übermäßige Regulierung, sondern durch praxisnahe Zertifizierungsverfahren und Best Practice-Richtlinien. Die Cybersicherheitsanforderungen werden zur Chance, wenn sie sich als Qualitätsmerkmal „Made in Germany” etablieren lassen. Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden. Dabei lässt sich die technologische Abhängigkeit von Cloud-Anbietern durch hybride Ansätze reduzieren: Kritische Prozesse können in europäischen Cloud-Infrastrukturen verbleiben, während standardisierte Schnittstellen die Interoperabilität sicherstellen. Entscheidend ist stets die Entwicklung souveräner Kompetenzen für Datenverarbeitung und -analyse, ohne sich vom globalen Innovationsökosystem abzukoppeln. Letztlich wird erfolgreiche KI-Integration in Deutschland davon abhängen, ob es gelingt, Sicherheit nicht als Gegenpol zu Innovation zu begreifen, sondern als deren Fundament. >Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden.