Diesen Artikel teilen:

19. Jun 2024

|

Wirtschaft

„In die Pedale treten“ - mit Gundulah Ullah

Journalist: Armin Fuhrer

|

Foto: Tom Fisk/pexels, FUNKE

Im Gespräch mit Gundula Ullah, Vorsitzende des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME).

Gundula_Ullah.jpg Gundula Ullah, 1. Vorsitzende im Bundesvorstand des BME

Frau Ullah, welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit in der Logistik-Branche mit Blick auf die Lieferketten?

Eine sehr große, denn immerhin stammen 20 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland aus dem Transportbereich. Vor dem Hintergrund der Einsparziele der Politik bis 2030 muss die Branche ordentlich in die Pedale treten, wenn wir das Ziel noch erreichen wollen.

Sind Sie eher optimistisch oder pessimistisch, ob das Ziel erreicht werden kann?

Realistisch gesehen, werden wir das Ziel wohl reißen. Schauen Sie auf den schleppenden Ausbau der Ladeinfrastruktur, von einem flächendeckenden Einsatz von E-Lkw ganz zu schweigen. Die Politik formuliert ambitionierte Ziele, aber sorgt leider nicht in ausreichendem Maße für die entsprechenden Rahmenbedingungen. Wichtig in diesem Kontext ist mir jedoch, dass wir den Fokus nicht ausschließlich auf den ökologischen Aspekt legen sollten, da der Begriff „Nachhaltigkeit“ ja noch viele weitere Gesichtspunkte beinhaltet, denen wir uns offensiv stellen müssen.

Woran denken Sie da? In erster Linie sicher an den sozialen Aspekt?

Genau. Er spielt ebenfalls eine große Rolle, auch wenn er nicht immer so im Mittelpunkt steht. Dabei geht es um gute und faire Arbeitsbedingungen für die Menschen in den Herkunftsländern der Produkte. An dieser Stelle spielt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), das die Unternehmen verpflichtet, auf die Einhaltung dieser Regeln zu achten, eine wichtige Rolle. Und als dritten Aspekt geht es neben Environment und Social schließlich um Governance, also z. B. Regulatorik. Unser aller Ziel sollte sein, den nachfolgenden Generationen eine nachhaltige Welt zu hinterlassen.

Einige Unternehmen beklagen, dass sie mit vertretbarem Aufwand überhaupt nicht in der Lage sind, nachvollziehen zu können, unter welchen Bedingungen am Herkunftsort gearbeitet wird und dass sie die Bürokratie überfordert. Können Sie solche Klagen nachvollziehen?

Das deutsche LkSG bedeutet einen gewissen Zuwachs an Bürokratie, aber es geht um eine Bemühenspflicht für die wesentlichen Lieferanten. Eigentlich müssen die Unternehmen nicht mehr tun, als gute und auf Nachhaltigkeit bedachte Einkäufer im Rahmen eines ordentliches Lieferantenmanagements ohnehin schon machen. Jeder weiß, dass nachhaltige Produkte im Sortiment USP‘s sind und zunehmend für Einkäufer wichtig werden.

Deutschland und Italien haben die Verabschiedung das geplanten Lieferkettengesetzes der EU ausgebremst. Wie könnte es damit jetzt weitergehen?

Erfreulicherweise konnte sich die europäische Gemeinschaft nun doch auf einen gemeinsamen Nenner verständigen und hat die CSDDD am 24. April 2024 verabschiedet, wenn auch in deutlich abgeschwächter Form. Passenderweise fand diese Verabschiedung am #FashionRevolutionDay statt, der an die Katastrophe von Rana Plaza in Bangladesch erinnert, die unter anderem eine der Auslöser für diese Gesetzgebung war.

Idealerweise sollte nun ein Schritt weitergedacht und eine zentrale Clearingstelle geschaffen werden, die die Unternehmen bei der Kontrolle der Lieferketten stärker entlastet und damit Aufwände reduziert.

4. Jul 2025

|

Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.