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28. Sep 2023

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Wirtschaft

„KI schafft mehr Resilienz“

Journalist: Armin Fuhrer

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Foto: Tima Miroshnichenko/pexels

Künstliche Intelligenz stärkt Unternehmen der Logistikbranche in vielen Bereichen, ist aber kein Allheilmittel, sagt Logistik-Experte Christian Mandl.

Herr Professor Mandl, als Leiter des Schwerpunkts „Digitales Beschaffungsmanagement und Supply Chain Management” der Technischen Hochschule Deggendorf haben Sie tiefe Einblicke in die Entwicklungen der Logistik-Branche. Diese steht unter dem Zwang, möglichst effizient zu arbeiten. Ist KI das Allheilmittel?
Die Logistik ist eine Branche, die sehr von stark von Prozessen geprägt ist. Diese Prozesse gilt es zu optimieren. Hier nimmt Künstliche Intelligenz schon heute einen großen Stellenwert ein, der in den kommenden Jahren sicher weiter steigen wird. Grundsätzlich haben jedoch alle verarbeitenden Industrien entsprechende Logistikfragestellungen zu lösen – nicht nur die Logistikbranche. Ein Allheilmittel ist KI jedoch nicht. Unternehmen müssen Use Cases identifizieren, Potentiale bewerten und dort KI einführen oder entwickeln, wo es speziell in ihren Fällen Sinn macht.

KI kann helfen, Lieferzeiten und Bedarfe besser zu prognostizieren, sodass beides adressiert wird: Der geringstmögliche Sicherheitsbestand bei größtmöglicher Resilienz.

Welche technologischen Innovationen ermöglichen die gesteigerte Effizienz? Können Sie Beispiele nennen?
Nehmen wir das Beispiel der optimalen Tourenplanung. Eine LKW-Tour soll so geplant werden, dass der LKW-Fahrer möglichst wenige Kilometer zurücklegen muss bzw. die Dauer der Touren minimiert. Das ist ein altbekanntes Problem der mathematischen Optimierung. KI kann jedoch helfen, dieses Problem effizienter zu lösen – auch unter Berücksichtigung von beispielsweise Stauprognosen. Ein weiteres Beispiel ist die Bestandsoptimierung: Unternehmen wollen ihre Bestände möglichst gering halten, weil diese Kapital binden. Auf der anderen Seite helfen Sicherheitsbestände Lieferengpässe, wie wir sie seit einiger Zeit nicht nur aus der Halbleiterindustrie kennen, zu überbrücken. KI kann helfen, Lieferzeiten und Bedarfe besser zu prognostizieren, sodass beides adressiert wird: Der geringstmögliche Sicherheitsbestand bei größtmöglicher Resilienz.

Der wachsende E-Commerce bringt eine gesteigerte Erwartungshaltung der Kunden an kurzen Lieferzeiten mit sich. Zugleich wollen Unternehmen Kunden auf allen Kanälen bedienen – Stichwort Omnichannel. Ist beides ohne KI eigentlich überhaupt noch zu erfüllen? 
Aus meiner Sicht haben Unternehmen, die KI in der Beschaffungs- und Distributionslogistik nutzen, einen erheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber Unternehmen, die ohne KI planen. Speziell der E-Commerce-Bereich bietet den Vorteil, dass dort jeden Tag Unmengen an Daten generiert werden – beispielsweise Klickraten in Webshops. Damit ist dieser Bereich prädestiniert für KI-Anwendungen. Denn damit KI-Algorithmen effektiv eingesetzt werden können, müssen sie typischerweise auf einer Vielzahl von historischen Daten trainiert werden. Nur so können Muster erkannt werden, die uns dann im zweiten Schritt helfen bessere Logistikentscheidungen zu treffen.

Bedeutet mehr Effizienz auch mehr Nachhaltigkeit?
Nicht notwendigerweise. Kosteneffiziente Logistikketten und -netzwerke wurden in der Vergangenheit sicher nicht hinsichtlich des Gesichtspunkts der Nachhaltigkeit optimiert.

Gibt es auch hierfür konkrete Beispiele?
Aus Kosteneffizienzgründen ist es meist sinnvoll, Produkte global zu beschaffen. Dies führt in der Regel zu globalen Supply Chains bei denen Produkte über tausende Kilometer transportiert werden – ökologisch ist das sicherlich wenig sinnvoll. Es gibt aber noch einen zweiten Grund, warum hier in den vergangenen zwei bis drei Jahren ein Umdenken stattgefunden hat: Stichwort Resilienz. Globale Lieferketten sind typischerweise störungsanfälliger als lokale Lieferketten. Eine Verschiebung der Ziele von der reinen Kostenbetrachtung hin zu Nachhaltigkeits- und Resilienz-optimierten Logistikketten führt deshalb oft zu einer Rekonfiguration der Supply Chain. Man spricht hier häufig von „Local for Local“-Strategien.

Kann KI Lieferketten resilienter machen?
Ja, eindeutig. Hierfür wird KI auch schon erfolgreich eingesetzt. So ist KI in der Lage, lokale Medien an fernen Lieferantenstandorten in Echtzeit nach potenziellen Risiken zu durchstöbern. Beispielsweise erhält die Einkäuferin oder der Einkäufer frühzeitig Warnhinweise, wenn an einem Lieferantenstandort schwere Unwetter vorhergesagt oder Arbeitnehmerstreiks geplant sind. Basierend darauf, können Vorkehrungen getroffen werden, um die Belieferung sicherzustellen, indem man beispielsweise auf einen Backup-Lieferanten oder eine sogenannte „Dual Source“ ausweicht.

Manche Experten sprechen für die Zukunft statt von Lieferketten eher von Liefernetzen. Sehen Sie das auch so und worin liegt der Unterschied?
Die sequenzielle Lieferkette gibt es im Prinzip so nicht mehr. Alle Stufen (sogenannte Tiers) der Lieferkette sind hochgradig miteinander vernetzt. Ich habe Dual Sourcing angesprochen. Insbesondere aus Risikogesichtspunkten ist es wichtig, sich bei strategischen Bauteilen nicht nur auf einen Lieferanten zu verlassen, der seine Rohmaterialien wiederum nur bei einem Lieferanten einkauft. Die resultierenden Liefernetzwerke sind hochkomplex und lassen sich nur mit Hilfe von Algorithmen optimal gestalten. Und damit wären wir wieder beim Thema KI.

Ihr Fazit: Welche Rolle spielt KI für die Zukunft der Logistik?
Die Anwendungsfelder werden noch breiter werden. Das liegt zum einen daran, dass die Datenqualität sowie die -Menge ständig wächst und zum anderen auch die zum Training der Algorithmen notwendige Rechenkapazität. Auch Quantencomputer werden in Zukunft eine Rolle spielen. Schon heute ist die Optimierung von Logistiknetzen ein Paradebeispiel für das immense Potential der Quantentechnologie – nämlich schneller bessere Lösungen zu finden. Es wird also ein Mix aus Technologien sein, die in Zukunft die Logistik mitgestalten.

Christian Mandl gilt als ausgewiesener Experte rund um das Thema Lieferketten. Zum Entspannen spielt er gerne Tennis und geht in den Alpen wandern. „Aus Gründen der Nachhaltigkeit verlege ich meine Wanderungen allerdings immer häufiger in den Bayerischen Wald“, sagt Mandl, der an der Technischen Hochschule Deggendorf lehrt und forscht.

11. Sep 2024

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Wirtschaft

4 Gütesiegel in der Landwirtschaft

**AMA-Siegel – staatlich geprüft** Das AMA-Gütesiegel ist das bekannteste österreichische Gütesiegel, dessen Grundlage das österreichische AMA-Gesetz von 1992 ist. Es zeichnet konventionell erzeugte Lebensmittel aus, die nach strengen Kriterien in Bezug auf Qualität, Herkunft und Sicherheit produziert wurden. Neben nachvollziehbarer österreichischer Herkunft gehören dazu Anforderungen an die Tierhaltung, den Einsatz von Futtermitteln und die Hygiene in den Verarbeitungsbetrieben. Das ganzheitliche Qualitätssicherungsprogramm basiert auf strengen Kontrollen entlang der gesamten Produktionskette – vom Bauernhof bis zur Theke. So werden sämtliche AMA-Produkte in einem dreistufigen Kontrollprozess aus Eigenkontrolle, externer Kontrolle und stichprobenartiger Überkontrolle geprüft. Die Anforderungen an die Produkte gehen über die gesetzlichen Bestimmungen hinaus, welche in den jeweiligen Richtlinien geregelt sind. Bei den Tierschutzstandards gibt es freiwillige Zusatzmodule. Vergeben wird das Gütesiegel von der Marktordnungsstelle Agrarmarkt Austria (AMA) im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags. Weiterführende Informationen unter: amainfo.at ![artem-beliaikin-8wtuWVzQbpE-unsplash.jpg](https://fra1.digitaloceanspaces.com/cwbucket/artem_beliaikin_8wtu_W_Vz_Qbp_E_unsplash_ec4014f31a.jpg) (c) Artem Beliaikin/unsplash **Bio Austria – mehr Bio geht kaum** Das Bio Austria-Gütesiegel kennzeichnet eine breite Palette von pflanzlichen und tierischen Bio-Lebensmitteln und steht für höchste Qualität, umfassende Nachhaltigkeit und ethische Verantwortung. So geht das vom Anbauverband österreichischer Biobauern herausgegebene Label deutlich über die Mindestanforderungen des EU-Bio-Siegels hinaus. Der gesamte Betrieb muss biologisch bewirtschaftet werden und es gelten strengere Kriterien bei Art, Ausmaß und Zeitpunkt des Einsatzes von biologischen Pflanzenschutz- und Düngemitteln sowie für Futtermittelimporte. Hierzu gehört beispielsweise der Verzicht auf chemisch-synthetische Pestizide und Düngemittel, die Förderung von Biodiversität sowie der Einsatz von gentechnikfreiem Saatgut und Futtermitteln. Im Bereich der Tierhaltung legt das Siegel besonderen Wert auf artgerechte Bedingungen, wie ausreichend Platz und Bewegung sowie Zugang zu Freiland. Die Futtermittel stammen primär aus Österreich, Rinder bekommen im Vergleich zu gewöhnlichem Bio deutlich weniger Kraftfutter. Zu finden ist das Siegel hauptsächlich auf direkt vermarkteten Bio-Produkten in Hofläden, Bauernmärkten aber auch in Supermärkten. Weiterführende Informationen unter: www.bio-austria.at ![pexels-pixabay-164504.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/pexels_pixabay_164504_c2df8ec61d.jpg) (c) Pixabay/pexels **Tierwohl kontrolliert - Haken dran** Die Gütezeichen “Tierwohl kontrolliert” steht für biologische Tierhaltung, welche über die EU-Bio-Verordnung hinausgeht. Es kennzeichnet Lebensmittel bei deren Herstellung das Wohl der Tiere im Mittelpunkt steht. Dazu gehören artgerechte Haltung, wiederkäuergerechte Fütterung und der Ausschluss von qualgezüchteten Rassen. Es gibt zwei Varianten des Siegels. “Tierwohl kontrolliert 2 Häkchen“ kennzeichnet diverse Verbesserungen im Tierhaltungs-Standard des biologischen Landbaus aber erreicht noch nicht den höchsten möglichen Standard. Es werden konkrete Richtlinien für Mast- und Milchrinder sowie Mastschweine definiert. Das Siegel “Tierwohl kontrolliert 3 Häkchen“ steht für noch strengere Anforderungen und bietet den Tieren erheblich mehr Platz und noch bessere Lebens- und Schlachtbedingungen. Neben Richtlinien für Mastschweine, Mast- und Milchrinder gibt es weitere für Legehennen, Masthühner und -enten sowie Milchschafe und -ziegen. Jede Richtlinie unterliegt einer permanenten Evaluierung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse sowie Kontrollergebnissen aus Tierhaltung, Landwirtschaft und Verarbeitung. Siegel-Herausgeber ist die Gesellschaft !Zukunft Tierwohl! Weiterführende Informationen unter: www.zukunfttierwohl.at ![daniel-leone-LXQx98FPPQ4-unsplash.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/daniel_leone_LX_Qx98_FPPQ_4_unsplash_7a422f1f60.jpg) (c) Daniel Leone/unsplash **Geschützte Ursprungsbezeichnung – sicher vermarktet** Das EU-Kennzeichen "geschützte Ursprungsbezeichnung" (g.U.) garantiert, dass die Erzeugung, Verarbeitung und Zubereitung von Erzeugnissen in einem bestimmten geografischen Gebiet nach festgelegten Herstellungsverfahren erfolgt ist. Die Lebensmittel, Weine und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnisse weisen somit aufgrund ihrer Herkunft und spezieller Produktionsverfahren besondere Eigenschaften und Qualitäten auf. So dürfen beispielsweise der Tiroler Graukäse (g.U.), die Pöllauer Hirschbirne (g.U.) oder die Steirische Käferbohne (g.U.) mit dem geschützten geografischen Namen bezeichnet und vermarktet werden. Jeder Verarbeitungsschritt – also Erzeugung, Verarbeitung und Zubereitung – muss dabei in der jeweiligen Region erfolgen. Gebiet und Herstellungsverfahren sind in einer Produktspezifikation festgelegt. Das Siegel zielt darauf ab, traditionelle Herstellungsverfahren zu bewahren, die Produzenten vor Nachahmung zu schützen und ihnen einen Marktvorteil bei der EU-weiten Vermarktung zu verschaffen. Vergeben wird das Siegel von der Europäischen Kommission in Zusammenarbeit mit einer nationalen Behörde. Weiterführende Informationen unter: www.svgh.at ![alexander-maasch-KaK2jp8ie8s-unsplash.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/alexander_maasch_Ka_K2jp8ie8s_unsplash_59dbc11c7a.jpg) (c) Alexander Maasch/unsplash