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22. Dez 2021

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Wirtschaft

Klimaschutz steht bei Logistikunternehmen seit vielen Jahren auf der Agenda

Journalist: Katja Deutsch

Digitalisierung ist der größte Hebel für weniger Emissionen – Dr. Christian Grotemeier, Geschäftsführer der Bundesvereinigung Logistik (BVL) im Interview über Innovationen, Nachhaltigkeit und den Einfluss der Digitalisierung auf die Logistik.

Effizienz, Schnelligkeit und Verbindlichkeit waren die Argumente, die das Unternehmen von Gottfried Schenker vor 150 Jahren zum Transport-Weltmarktführer machten – und diese Werte bestimmen heute mehr denn je das Denken und Handeln der Logistikbranche in der gesamten Welt. 

„Mit dieser umfassenden Konsolidierung versuchen Logistiker, Transportkapazitäten so gut wie möglich zu nutzen, um Kosten und auch Emissionen zu sparen“, sagt Dr. Christian Grotemeier. Das Thema Nachhaltigkeit diskutieren wir in der Logistik schon seit sehr vielen Jahren.“

Transporte verursachen ein Viertel der Treibhausgasemissionen in der EU. Obwohl die Fahrzeuge heute durchweg effizienter sind, sind die CO2-Emissionen seit 1995 um mehr als 20 Prozent gestiegen. Jahr für Jahr werden größere Warenmengen über den gesamten Erdball transportiert. Welche Weichen stellt die Branche, um nachhaltiger zu werden? 

„Digitalisierung ist ein großer Hebel für uns“, sagt Dr. Grotemeier. „Wer genauer weiß, wo die Ware wann ist, kann besser planen und viel effizienter arbeiten. Auch Plattformen, die im Konsumgüter- und im B2C-Bereich schon lange etabliert sind, verbreiten sich jetzt stark im Transportwesen.“ 

Schon Gottfried Schenker setzte mit 60 Güterwaggons Standards. Heute wissen wir, dass der Transport auf dem Schienenweg eine weitaus bessere Klimabilanz aufweist als der auf Straße, Luft und See. Die Deutsche Bahn AG unternimmt viel zur Förderung des kombinierten Verkehrs und baut beispielsweise zunehmend Kombiterminals aus, um den Bahntransport wieder interessanter zu machen. Für ihr gut durchdachtes Logistikkonzept zum Transport für Stahl und Stahlschrott im täglichen Kreislauf erhielt DB Cargo den diesjährigen Deutschen Logistikpreis. 

Doch welche Antriebslösungen sind auf Asphalt am nachhaltigsten? Dr. Grotemeier: „Das kann man leider zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht wirklich sagen. Wir müssen dazu den Wettbewerb der Technologien noch ein Stück weit abwarten und uns detailliert mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen auseinandersetzen.“ Für den funktionierenden Einsatz elektrisch fahrender Lkw fehle derzeit die Infrastruktur, während Brennstoffzellen sehr anfällig und kompliziert seien und einen sehr hohen Energieaufwand benötigten. Der Geschäftsführer der BVL plädiert deshalb dafür, das Thema E-Fuels mehr in den Fokus zu nehmen, da sich mit diesen die bestehenden Flotten zumindest weiterhin nutzen ließen. 

Der Organisation der Lager fällt eine entscheidende Rolle zu, denn erstens lassen sich vor Ort mittels automatisierter Flurförderzeuge Waren auf kürzestem Wege transportieren, zweitens kann man durch ein automatisiertes Lager seine Emissionen bis um die Hälfte reduzieren. „Wir sind im Bereich der Digitalisierung in der Intralogistik weiter als im Bereich der Transportlogistik, da es hierbei weniger Schnittstellen mit Partnern von außen in der Transportkette gibt. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz lassen sich sowohl geschlossene Systeme wie auch Flurförderzeuge viel leichter optimieren.“ 

Der stark wachsende Markt des E-Commerce hat viel zur Verbreitung von künstlicher Intelligenz beigetragen, ohne KI-optimierte Lagerabläufe wäre der E-Commerce nicht mehr denkbar. Insgesamt schätzt Dr. Grotemeier die Anzahl vollautomatisierter Lager in Deutschland auf etwa 20 bis 25 Prozent.

Bei Luft- und Seefracht fallen die Emissionen besonders ins Gewicht und rein physikalisch sind die Varianten der Antriebstechnologie nicht so breit wie im Straßenverkehr. Zudem fehlen hierzu weltweit einheitliche Vorgaben. Um klimaneutraler zu werden, denkt man in der Seefahrt über künstliche Kraftstoffe und die Beimischung von Biokraftstoffen nach, im Luftbereich werden erste Versuche zu E-Fuels gemacht. Man ist hier noch ganz am Anfang. Dr. Grotemeier geht davon aus, dass Klimaneutralität in der Luft und auf See nur über Kompensation möglich ist. 

In der Transportlogistik wird berechnet, wie viel CO2 pro gefahrener Tonne pro Kilometer verbraucht wird. Dabei spielt das Thema Auslastung eine wichtige Rolle. Laut Statistik ist jede vierte bis fünfte Lkw-Fahrt auf unseren Straßen eine Leerfahrt. Plattformen und Börsen helfen zwar zunehmend dabei, diese zu verringern, von einer hundertprozentigen Auslastung sind wir jedoch meilenweit entfernt. 

„Wir brauchen flexible und unbürokratische Unterstützung im Ausprobieren neuer Antriebstechnologien, außerdem verlässliche Vorgaben. Die Branche selbst muss besonders im Bereich der Transportlogistik weitaus mehr und schneller digitalisieren, damit die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit besser funktioniert“, fordert der BVL-Geschäftsführer. Denn die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig und gleichzeitig verletzlich unsere Lieferketten sind. Damals wie heute sorgt sie für Transportketten, die auch unter sich verändernden Klima- und Umweltbedingungen robust sind – mit Effizienz, Schnelligkeit und Verbindlichkeit.

30. Apr 2025

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Wirtschaft

Bidirektionales Laden spart Milliarden , Elektroautos können viel mehr, als „nur“ leise und ohne Abgase zu fahren

Mit bidirektionaler Ladetechnologie (BiDi) können sie Strom speichern und ins Netz zurückspeisen. Eine aktuelle Studie von Transport & Environment (T&E) zeigt, dass dies für Europas Energieversorger und Autofahrer Einsparungen in Milliardenhöhe ermöglichen könnte. Die Einsparungen resultieren aus einer effizienteren Nutzung der Erzeugungskapazitäten und einem geringeren Kraftstoffverbrauch. Um das Potenzial dieser Technologie zu nutzen, sind jedoch geeignete regulatorische Rahmenbedingungen notwendig. Laut der T&E-Studie könnte das Einsparpotenzial für Energieversorger und Verbraucher in der EU bis zu 22 Milliarden Euro jährlich betragen, was etwa acht Prozent der Kosten für das EU-Energiesystem entspricht. Von 2030 bis 2040 könnte die BiDi-Technik EU-weit mehr als 100 Milliarden Euro einsparen, allein in Deutschland bis zu 8,4 Milliarden Euro jährlich. Ein Grund für die hohen Einsparungen ist die Möglichkeit, mehr Strom aus erneuerbaren Quellen, insbesondere Solarstrom, in das Energiesystem zu integrieren. Die Nutzung der Fahrzeugakkus könnte den Bedarf an teureren stationären Speichern in der EU um bis zu 92 Prozent senken und die installierte PV-Leistung um bis zu 40 Prozent steigern. Die Halter von Elektrofahrzeugen profitieren direkt vom bidirektionalen Laden, da sie mit geringeren Stromkosten rechnen können. Zudem dürfte die Lebensdauer der Fahrzeugakkus durch optimiertes Laden steigen. In Frankreich haben The Mobility House und Renault beispielsweise das erste Vehicle-to-Grid (V2G)-Angebot eingeführt. Besitzer eines V2G-fähigen Renault 5 können mit einer speziellen Wallbox kostenfrei laden und ihren Fahrzeugakku ins Energiesystem einspeisen. Dieses Angebot soll bald auch in Deutschland und dem Vereinigten Königreich verfügbar sein. Im deutschen Markt gibt es jedoch noch Herausforderungen, wie den langsamen Roll-out von Smart Metern und die Notwendigkeit, einen passenden rechtlichen Rahmen zu schaffen. Der zweite Europäische Gipfel für bidirektionales Laden hat klare Handlungsempfehlungen ausgesprochen, die nun umgesetzt werden müssen. Dazu gehört die Abschaffung der Doppelbelastung von zwischengespeichertem Strom durch Netzentgelte und die Sicherstellung, dass „grüner“ Strom seine Förderansprüche auch bei Zwischenspeicherung im Akku behält. Die Messe „The smarter E Europe“ 2025 wird dem Thema eine eigene Sonderschau widmen, um Chancen und Herausforderungen für die Mobilitäts- und Energiebranche aufzuzeigen. Die Veranstaltung findet vom 7. bis 9. Mai 2025 in München statt und vereint vier Fachmessen: Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe. Die Sonderschau auf „The smarter E Europe“ wird dabei Produkte und Lösungen für das bidirektionale Laden präsentieren und Raum für Austausch und Networking bieten. ## Factbox The smarter E Europe vereint als Europas größte Messeallianz für die Energiewirtschaft vier Fachmessen (Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe) und findet vom 7. bis 9. Mai 2025 auf der Messe München statt. https://www.powertodrive.de/home