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6. Nov 2019

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Wirtschaft

Klimawende – ohne Erdöl und Erdgas wird sie nicht gelingen

Journalist: Jörg Wernien

Erdöl, Erdgas, die chemische Industrie – sie alle stehen am Pranger des Klimaschutzes. Doch schaffen wir wirklich die Energiewende, wenn wir ganze Industrien verteufeln?

Dr. Ludwig Möhring ist Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Erdgas, Erdöl und Geoenergie e. V. (BVEG). Wir haben mit ihm über das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung gesprochen und wie die Bundesrepublik die ehrgeizigen Ziele erreichen kann.

Das Kabinett hat das Klimaschutzgesetz beschlossen – der Weg ist vorgegeben – mit welchen Konsequenzen für Ihren Verband und seine Mitglieder?

Mit dem Klimaschutzgesetz begeben wir uns auf die nächste Etappe in Richtung einer CO2-armen Energielandschaft. Alle, Bürger wie Unternehmen, sind aufgerufen, ihren Beitrag zur CO2-Reduzierung zu leisten – auch wir als Erdgas- und Erdölproduzenten. Die Bedeutung der heimischen Förderung ist in diesem Zusammenhang nicht zu unterschätzen, denn unsere CO2-Bilanz ist wesentlich besser als bei Importen. 

Welche Möglichkeiten haben wir in der Zukunft – der „all electric world“-Weg wird es nicht alleine schaffen?

„All electric“ war eher eine schöne Utopie als ein realistisches Ziel: Nur rund 20 Prozent des deutschen Energiebedarfs werden aktuell durch Strom gedeckt. Politisches Ziel ist es, bis 2030 65 Prozent erneuerbare Energien im Strommix zu haben – das ist überaus ambitioniert. Gut, dass die Regierung sich jetzt das ganze Bild anschaut und feststellt, dass wir für eine sichere Energieversorgung neben zunehmend erneuerbarem Strom insbesondere gasförmige Energieträger benötigen. 

Warum sollten wir uns zur „Zwei-Energieträger-Welt“ bekennen und was bedeutet das für die Erreichung der CO2-Ziele?

Sagen wir es mit den Worten der Kanzlerin: sie ist alternativlos. Wind und Sonne allein werden es nicht leisten, beide decken bisher lediglich sechs Prozent des Energiebedarfs in Deutschland. Um die CO2-Reduzierung beschleunigen zu können, brauchen wir neben zunehmend erneuerbarem Strom ebenfalls zunehmend erneuerbare gasförmige Energieträger. Gas, seine Speicher und das sehr gut ausgebaute Netz sind zentrale Bausteine für das Gelingen der Energiewende. 

Besonders die Komponente Wasserstoff wurde in diesem Land kaum beachtet – wird das jetzt anders?

Ja, Wasserstoff ist auch in der Politik als relevanter Energieträger erkannt worden, der industriell aber auch bei den Verbrauchern eine breite Anwendung finden kann – sowohl als reiner Wasserstoff sowie auch als Erdgas-Wasserstoff-Gemisch. Schon heute können viele Endgeräte (Heizungen/Gasturbinen) in die Lage versetzt werden, bis zu 20 Prozent zugemischten Wasserstoff im Erdgas zu verbrennen. Aus technischer Sicht ist es entscheidend, dabei Schwankungen des Wasserstoff-Anteils zu vermeiden.  Unter Klimagesichtspunkten ist es wichtig, die CO2-Emissionen bei der Wasserstoff-Erzeugung so gering wie möglich zu halten, z.B. indem er aus erneuerbarem Strom oder auch aus Erdgas gewonnen wird.

Wie können die fossilen Energieträger CO2 neutral werden – welche Entwicklungen müssen da gemacht werden?

Innovationen brauchen Technologieoffenheit. Wir sollten uns die Optionen für die Dekarbonisierung von fossilen Energieträgern anschauen: über eine CO2-freie Erdgaspyrolyse wurde vor einigen Jahren nicht einmal diskutiert. Ich bin optimistisch und sehr gespannt auf die weiteren Entwicklungen. CO2 mag neu eingeordnet werden als industriell verwertbarer Wertstoff. Die Anfänge sind längst gemacht.  

Der VCI (Verband der chemischen Industrie) hat in einer Studie über die Dekarbonisierungsziele der Chemischen Industrie und eine CO2-neutrale Industrie berichtet – ist das erreichbar? 

Der VCI hat zwei Dinge herausgestellt: zum einen, dass die angestrebte Dekarbonisierung erreichbar und technisch realistisch ist. Zum zweiten, dass klare Randbedingungen dafür erfüllt sein müssen. Die in Deutschland ansässigen Industrien befinden sich im globalen Wettbewerb. Wenn die Wettbewerbsfähigkeit nicht mehr gesichert ist, folgt daraus ein „Carbon Leakage“ der anderen Art, nämlich das Ende dieser Industrie hier im Land. Zu Recht mahnt der VCI entweder globale Abkommen an oder Maßnahmen zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit – eine einseitige Vorleistung der deutschen chemischen Industrie birgt kaum beherrschbare Risiken für den Standort Deutschland.    

Schaffen wir die Ziele bis 2050?

Im globalen Kontext wird das sehr schwer: eine wachsende Weltbevölkerung, zunehmender Energieverbrauch in heute wenig entwickelten Ländern und auch die Kosten der Dekarbonisierung sind Riesenherausforderungen. Selbst Deutschland mit seinen hohen Ambitionen muss sich strecken. Ich bin aber optimistisch, dass durch den großen Druck genügend Forschungsmittel verfügbar sein werden, um bahnbrechende Innovationen zu entwickeln, die dann global eingesetzt werden können. Ich hoffe, dass deutsche Technologien dabei eine Schlüsselrolle spielen.  

23. Dez 2025

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Gesellschaft

Warum es so wichtig ist, konsequent nachhaltig zu bauen – Ein Beitrag von Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand DGNB e.V.

Nachhaltiges Bauen bedeutet weit mehr als energieeffiziente Gebäude oder den Einsatz ökologischer Materialien. Es beschreibt einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem Gebäude über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg betrachtet werden: von der Planung über den Bau und die Nutzung bis hin zu Umbaumaßnahmen oder den Rückbau. Ziel ist es, Umweltbelastungen zu minimieren, Ressourcen zu schonen, Menschen gesunde und lebenswerte Räume zu bieten und gleichzeitig wirtschaftlich sinnvolle Lösungen zu schaffen. Stand heute ist der Bausektor nach wie vor für einen erheblichen Teil der globalen CO2-Emissionen, den Verbrauch natürlicher Ressourcen und den zunehmenden Verlust der Biodiversität verantwortlich. Gleichzeitig verbringen wir den Großteil unseres Lebens in geschlossenen Räumen, die unser Wohlbefinden stärken sollen, ohne dabei die Zukunft unseres Planeten zu gefährden. Zudem leben immer mehr Menschen in der Stadt. Der Bedarf an attraktiven und dazu noch klimaresilient gestalteten Freiräumen wächst. Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Wie ein Perspektivwechsel in diese Richtung gelingen kann, zeigen wir noch bis zum 28. Januar 2026 mit der ersten DGNB Ausstellung „What If: A Change of Perspective“ in der Berliner Architekturgalerie Aedes. Die Ausstellung fordert Besucherinnen und Besucher dazu auf, gewohnte Denkmuster zu hinterfragen und die Themenvielfalt des nachhaltigen Bauens neu und unvoreingenommen auf sich wirken zu lassen. >Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Anhand gebauter Beispiele wird deutlich, dass viele Lösungen bereits existieren. So erfährt der Besuchende anschaulich, wie Gebäude klima- und ressourcenschonend geplant werden können, indem Materialien im Kreislauf geführt, Energie effizient genutzt oder sogar erzeugt wird und der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes berücksichtigt bleibt. Ebenso thematisiert werden Klimaanpassung und Resilienz: durch kluge Gestaltung, Begrünung und Freiräume können Gebäude und Städte besser mit Hitze, Starkregen oder Trockenperioden umgehen. Ein weiterer Fokus liegt auf dem Menschen. Nachhaltiges Bauen stellt das Wohlbefinden, die Gesundheit und das soziale Miteinander in den Mittelpunkt. Architektur kann Begegnung fördern, Identität stiften und bezahlbaren Wohnraum schaffen, ohne dabei die Umwelt aus dem Blick zu verlieren. Auch der verantwortungsvolle Umgang mit bestehenden Gebäuden spielt eine zentrale Rolle. Sanieren, Umnutzen und Weiterbauen im Bestand werden als Strategien gezeigt, um Flächen zu schützen und Ressourcen zu sparen. Nicht zuletzt wird klar, dass Nachhaltigkeit keine Kostenspirale sein muss. Ganzheitlich geplante Gebäude sind oft wirtschaftlicher, weil sie langfristig Betriebskosten senken, Risiken minimieren und ihren Wert erhalten oder steigern. Nachhaltiges Bauen ist kein abstraktes Expertenthema und schon gar keine Zukunftsvision, sondern eine konkrete Chance. Für lebenswerte Städte, für gesunde Räume und für eine gebaute Umwelt, die den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen ist. Als inhaltlich getriebener Non-Profit-Verein begreifen wir das nachhaltige Bauen seit unserer Gründung vor 18 Jahren als gesellschaftliche Aufgabe, nach der wir unser Handeln ausrichten. Mit der Ausstellung laden wir jeden einzelnen ein, genauer hinzusehen, weiterzudenken und selbst Teil des Wandels zu werden. Weitere Informationen gibt es unter www.dgnb.de/aedes