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15. Jul 2024

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Wirtschaft

Klug eingesetzt kann die Wasserstoffwirtschaft Standort und Wohlstand sichern – mit Dr. Michael Strugl

Journalist: Katja Deutsch

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Foto: KWFreudenau, Eva Bronzini/pexels

Dr. Michael Strugl, CEO der VERBUND AG, regt neue Handelsabkommen an, um die Wasserstofftechnologie zu etablieren und den Standort Europa zu stärken.

Michael_Strugl_VERBUND_KWFreudenau_online.jpg Dr. Michael Strugl, CEO der VERBUND AG

Wie beurteilen Sie die Fortführung des Green Deal nach dem Wahlausgang?

Im Jahr 2019 war der europäische Green Deal ein bahnbrechender Schritt im Kampf gegen die Klimakrise. Fünf Jahre später ist unsere Welt eine andere: Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine fordert Europa sicherheitspolitisch mit enormen Investitionen in Verteidigung und Aufrüstung. Wirtschaftspolitisch drohen die USA und China Europa in jeder Hinsicht den Rang abzulaufen. Die großen Eckpfeiler des Green Deal – erster klimaneutraler Kontinent bis 2050, Reduktion der CO2-Emissionen um 55 Prozent bis 2030 – werden auch von der neuen EU-Kommission weitergeführt. Wir müssen aber standortpolitisch klug vorgehen und die europäische Industrie stärken. Beim Thema Wasserstoff könnte Europa die Nase vorne haben.

VERBUND ist Österreichs führendes Energieunternehmen und einer der größten Wasserkrafterzeuger Europas. Wie viel Strom produzieren Sie?

Österreich hat seine topografischen Vorteile als wasserreiches Alpenland gut genutzt und schon immer auf Erneuerbare Energie gesetzt, vor allem auf Wasserkraft. Damit konnte Österreich zuletzt rund 80 Prozent seines Strombedarfs aus Erneuerbaren Energien decken. VERBUND erzeugt mit rund 32 Terawattstunden knapp die Hälfte davon. Der Großteil kommt aus unseren 130 Wasserkraftwerken, zunehmend auch aus Photovoltaik und Windkraft.

Denken Sie auch über die Produktion von grünem Wasserstoff nach?

Wir arbeiten bereits seit mehreren Jahren intensiv daran und betreiben auch erste Demonstrationsanlagen. Grüner Wasserstoff spielt für die Erreichung der Klimaziele und die nachhaltige Dekarbonisierung zahlreicher industrieller Anwendungen und Prozesse eine entscheidende Rolle und ist eine der drei Säulen der VERBUND-Strategie. Kurzfristig steht der Ausbau der heimischen Wasserstoffproduktion im Vordergrund, langfristig kann der stark steigende Bedarf jedoch nicht allein aus heimischer Produktion gedeckt werden. VERBUND arbeitet daher am Aufbau einer umfassenden Wertschöpfungskette, um große Mengen an grünem Wasserstoff aus den Nachbarregionen importieren zu können. Auch dafür brauchen wir tragfähige nationale und internationale Partnerschaften mit Industrie und Politik, um diese Technologie heute für morgen zu erschließen.

Wie können Österreich und Deutschland im Bereich der nachhaltigen Stromerzeugung besser zusammenarbeiten?

Österreich und Deutschland verbindet viel, auch in Energiefragen. Beide Länder sind im gemeinsamen europäischen Strombinnenmarkt vernetzt, bis vor wenigen Jahren noch in einer gemeinsamen Strompreiszone. VERBUND ist seit vielen Jahren in Deutschland aktiv, zu unseren Kraftwerken gehört das größte Wasserkraftwerk Deutschlands, das Innkraftwerk Jettenbach-Töging. Seit 2012 betreiben wir in Rheinland-Pfalz fünf Windparks. Europa steht vor der Herausforderung, gegenüber den USA, China und Indien wettbewerbsfähig zu bleiben. Wir müssen unsere Industrie stärken, auf Digitalisierung setzen und neue Handelsabkommen schließen. Entscheidend ist der Vorsprung durch Forschung und Innovation. Wir sollten die Chancen der Wasserstoffwirtschaft nutzen, um unseren Standort und unseren Wohlstand zu sichern.

30. Apr 2025

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Wirtschaft

Bidirektionales Laden spart Milliarden , Elektroautos können viel mehr, als „nur“ leise und ohne Abgase zu fahren

Mit bidirektionaler Ladetechnologie (BiDi) können sie Strom speichern und ins Netz zurückspeisen. Eine aktuelle Studie von Transport & Environment (T&E) zeigt, dass dies für Europas Energieversorger und Autofahrer Einsparungen in Milliardenhöhe ermöglichen könnte. Die Einsparungen resultieren aus einer effizienteren Nutzung der Erzeugungskapazitäten und einem geringeren Kraftstoffverbrauch. Um das Potenzial dieser Technologie zu nutzen, sind jedoch geeignete regulatorische Rahmenbedingungen notwendig. Laut der T&E-Studie könnte das Einsparpotenzial für Energieversorger und Verbraucher in der EU bis zu 22 Milliarden Euro jährlich betragen, was etwa acht Prozent der Kosten für das EU-Energiesystem entspricht. Von 2030 bis 2040 könnte die BiDi-Technik EU-weit mehr als 100 Milliarden Euro einsparen, allein in Deutschland bis zu 8,4 Milliarden Euro jährlich. Ein Grund für die hohen Einsparungen ist die Möglichkeit, mehr Strom aus erneuerbaren Quellen, insbesondere Solarstrom, in das Energiesystem zu integrieren. Die Nutzung der Fahrzeugakkus könnte den Bedarf an teureren stationären Speichern in der EU um bis zu 92 Prozent senken und die installierte PV-Leistung um bis zu 40 Prozent steigern. Die Halter von Elektrofahrzeugen profitieren direkt vom bidirektionalen Laden, da sie mit geringeren Stromkosten rechnen können. Zudem dürfte die Lebensdauer der Fahrzeugakkus durch optimiertes Laden steigen. In Frankreich haben The Mobility House und Renault beispielsweise das erste Vehicle-to-Grid (V2G)-Angebot eingeführt. Besitzer eines V2G-fähigen Renault 5 können mit einer speziellen Wallbox kostenfrei laden und ihren Fahrzeugakku ins Energiesystem einspeisen. Dieses Angebot soll bald auch in Deutschland und dem Vereinigten Königreich verfügbar sein. Im deutschen Markt gibt es jedoch noch Herausforderungen, wie den langsamen Roll-out von Smart Metern und die Notwendigkeit, einen passenden rechtlichen Rahmen zu schaffen. Der zweite Europäische Gipfel für bidirektionales Laden hat klare Handlungsempfehlungen ausgesprochen, die nun umgesetzt werden müssen. Dazu gehört die Abschaffung der Doppelbelastung von zwischengespeichertem Strom durch Netzentgelte und die Sicherstellung, dass „grüner“ Strom seine Förderansprüche auch bei Zwischenspeicherung im Akku behält. Die Messe „The smarter E Europe“ 2025 wird dem Thema eine eigene Sonderschau widmen, um Chancen und Herausforderungen für die Mobilitäts- und Energiebranche aufzuzeigen. Die Veranstaltung findet vom 7. bis 9. Mai 2025 in München statt und vereint vier Fachmessen: Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe. Die Sonderschau auf „The smarter E Europe“ wird dabei Produkte und Lösungen für das bidirektionale Laden präsentieren und Raum für Austausch und Networking bieten. ## Factbox The smarter E Europe vereint als Europas größte Messeallianz für die Energiewirtschaft vier Fachmessen (Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe) und findet vom 7. bis 9. Mai 2025 auf der Messe München statt. https://www.powertodrive.de/home