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1. Okt 2025

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Wirtschaft

Kreislauf statt Abfall: Die Zukunft der Bauwirtschaft

Journalist: Katja Deutsch

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Foto: Markus Spiske/unsplash

Beim herkömmlichen linearen Bauen werden Rohstoffe verbraucht und Abfall erzeugt. Das zirkuläre Bauen dagegen setzt auf Wiederverwendung, Recycling und langlebige Materialien. Das spart nicht nur wertvolle Ressourcen und reduziert CO₂-Emissionen, sondern macht Gebäude auch flexibler, wirtschaftlicher und zukunftsfähiger. Es muss sich nur noch mehr durchsetzen.

Die Bauwirtschaft steht aktuell vor einem tiefgreifenden Wandel. Bisher wurde ein Gebäude gebaut, und wenn es alt und kaputt oder nicht mehr brauchbar war, riss man es ab und warf den Bauschutt weg – eine riesige Verschwendung an Material. Angesichts steigender Umweltanforderungen, begrenzter Ressourcen und der Notwendigkeit, die hohen CO₂-Emissionen der Bauwirtschaft zu reduzieren, rückt das Konzept des zirkulären Bauens (Circular Economy) immer stärker in den Fokus. Ziel soll dabei sein, Baustoffe und Bauteile über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes in Kreisläufen zu halten, Abfall zu minimieren und Ressourcen effizient zu nutzen.

Das zirkuläre Bauen basiert auf mehreren zentralen Prinzipien: Baustoffe sollen wiederverwendbar, recycelbar oder aufbereitet werden, ohne dass die Materialqualität stark sinkt. Wichtige Ansätze sind „Design for Disassembly“, das die Demontage von Gebäuden erleichtert, digitale Materialpässe zur Dokumentation verbauter Materialien, sowie Upcycling statt Downcycling. Die Wiederverwendung von Komponenten und das hochwertige Recycling von Massenstoffen wie Beton, Holz, Metallen oder Dämmmaterialien sind dabei entscheidend. Digitale Plattformen wie Madaster unterstützen die Branche, indem sie Materialien erfassen, deren Recyclingpotenzial bewerten und CO₂-Emissionen transparent machen.

Baustoffe sollen wiederverwendbar, recycelbar oder aufbereitet werden, ohne dass die Materialqualität stark sinkt.

Durch die Wiederverwendung und das Recycling von Materialien lassen sich Rohstoffverbrauch und Abfall reduzieren sowie CO₂-Emissionen signifikant senken: Schätzungen der Ellen MacArthur Foundation gehen von einer Reduktion des verkörperten Kohlenstoffs um bis zu 38 Prozent aus. Modulare Bauweisen und digitale Werkzeuge ermöglichen zudem einen effizienteren Austausch von Bauteilen, verlängern die Lebensdauer von Gebäuden und eröffnen neue Geschäftsmodelle. Beispiele dafür sind Projekte wie das CRCLR House in Berlin oder das Rathaus Korbach. Sie zeigen, dass selektiver Rückbau und Wiederverwendung von Materialien praxisnah umsetzbar sind.

Trotz der Chancen bestehen jedoch erhebliche Herausforderungen: Neben den schwer trenn- und recycelbaren Verbundwerkstoffen fehlt die Infrastruktur für Lagerung und Vernetzung, und ökonomische sowie regulatorische Hürden erschweren die Wiederverwendung. Bei Bestandsgebäuden erschwert zudem unzureichende Materialdokumentation die Umsetzung zirkulärer Prozesse. Öffentliche Regularien und Zertifizierungen wie DGNB-Zirkularitätsindex oder Qualitätssiegel nachhaltiger Gebäude (QNG) sowie Förderprogramme fördern die Kreislaufführung von Baustoffen. Bis jedoch beim Abbruch eines Gebäudes tatsächlich die unterschiedlichen Materialien flächendeckend getrennt und aufbewahrt werden, gehen wohl noch einige Jahre ins Land.

Andere Länder wie Großbritannien sind hier schon weiter: Obwohl es auf der Insel keine spezifischen gesetzlichen Vorgaben für ein Site Waste Management Plan (SWMP) gibt, sind Bauunternehmen verpflichtet, ihre Abfälle verantwortungsbewusst zu verwalten und ordnungsgemäß zu trennen, lagern und entsorgen. Gemische aus Boden und Bauschutt werden in Anlagen aufbereitet und daraus sortenreine Sekundärrohstoffe produziert – eine Technik, die in Deutschland wegen der Kosten leider kaum eingesetzt wird.

Neben den schwer trenn- und recycelbaren Verbundwerkstoffen fehlt die Infrastruktur für Lagerung und Vernetzung, und ökonomische sowie regulatorische Hürden erschweren die Wiederverwendung.

1. Okt 2025

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Wirtschaft

Die nächsten 24 Monate entscheiden: Deutschland im Transformationsfenster – Ein Beitrag von Prof. Dr. Henning Wilts

An den Begriff „Kreislaufwirtschaft“ haben die meisten Unternehmen lange Zeit einen gedanklichen Haken gemacht: Die eigenen Abfälle werden fachmännisch entsorgt, man hatte seine Hausaufgaben gemacht. Mit der Zeitenwende als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg und seitdem völlig veränderten geopolitischen Rahmenbedingungen hat sich jedoch auch das Verständnis von Kreislaufwirtschaft fundamental verändert: Von „Nice-to-have“ zur Schlüsselherausforderung eines auch mittel- und langfristig wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandorts, der sich schlagartig bewusst wurde, wie abhängig man doch ist von Rohstoffimporten – und der Bereitschaft vieler Länder, den Zugang zu diesen als strategisches Druckmittel zu nutzen. Dementsprechend gewinnen auch zirkuläre Geschäftsmodelle zunehmend an Bedeutung, die von Anfang an mitdenken, wie die Produkte – und damit auch die darin enthaltenen Rohstoffe – am Ende der Nutzungsphase wieder zurückkommen. Immer mehr Unternehmen experimentieren daher mit Pfandsystemen oder Leasingkonzepten – getrieben von der Idee, damit die Resilienz ihrer Rohstoffversorgung zu verbessern. Ein weiterer wichtiger Treiber sind die gesetzlichen Verpflichtungen der Unternehmen, ihre Prozesse klimaneutral aufzustellen – hier ist der Einsatz recycelter Rohstoffe natürlich nicht zum Nulltarif zu haben; auf lange Sicht sind die dafür notwendigen Technologien aber schon deutlich ausgereifter und die Kosten pro eingesparter Tonne CO2 bei entsprechender Skalierung niedriger. Aber obwohl das Thema Kreislaufwirtschaft damit immer stärker auch in den Strategieabteilungen der Unternehmen ankommt, faktisch fehlt es an einer selbsttragenden Innovationsdynamik. Noch immer beträgt das Verhältnis von recycelten Rohstoffen und Gesamtrohstoffbedarf gerade mal 13 Prozent; rechnerisch sind also 87 Prozent aller Rohstoffe noch immer Primärmaterial. Die dafür von vielen genannten Gründe sind einerseits rational: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten fehlt es an finanziellen Ressourcen, um ausreichend in die Transformation zur zirkulären Wertschöpfung zu investieren. Gleichzeitig ist den meisten sehr bewusst, dass Deutschland damit droht, seine eigentliche hervorragende Ausgangsbedingungen in diesem zentralen Zukunftsmarkt zu verspielen. Die Bundesregierung hat vor diesem Hintergrund im Dezember 2024 ihre „Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie“ (NKWS) verabschiedet. Erklärtes Ziel ist es, die Transformation zur Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen. Dafür benennt die Strategie ambitionierte Ziele, beispielsweise die faktische Halbierung des Bedarfs an primären Rohstoffen; im Kern aber vor allem über 130 konkrete Maßnahmen. Diese gehen weit über Abfallwirtschaft hinaus, sondern betreffen z. B. die fokussierte Digitalisierung im Recyclingsektor, innovative Finanzierungsmechanismen oder auch Mindestrezyklatquoten, um so einen sicheren Absatzmarkt für hochwertige Sekundärrohstoffe zu schaffen. Aber natürlich ist Papier geduldig und die eigentliche Herausforderung liegt in der jetzt anstehenden Umsetzung. Ein zentraler Schlüssel wird dabei sein, Allianzen zu schaffen – zwischen all den Akteuren, die in einer Kreislaufwirtschaft profitieren wollen von den erhofften positiven Effekten für Klimaschutz, einheimische Beschäftigung, Aufträgen für den Maschinenbau usw. Die in der NKWS angekündigte Plattform muss es daher schaffen, genau solche Allianzen zu bilden und sich nicht in endlosen Debatten über die 100 Prozent perfekte Lösung zu verlieren – denn die internationale Konkurrenz schläft nicht und es ist überhaupt nicht gegeben, dass die erhofften Vorteile tatsächlich am Standort Deutschland realisiert werden. Die nächsten 24 Monate werden daher maßgeblich darüber entscheiden, ob Deutschland am Ende zu den Gewinnern oder den Verlierern der zirkulären Transformation gehören wird.

1. Okt 2025

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Wirtschaft

Rohstoffkreisläufe für Umreifungsbänder schließen – mit Jürgen Scheiblehner, Geschäftsführer von Strapping Solutions bei Teufelberger, weltweit größter, systemunabhängiger Hersteller von High-Performance-Umreifungsbändern

![Scheiblehner_Jürgen_bettercollect2 ONLINE.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Scheiblehner_Juergen_bettercollect2_ONLINE_a360744382.jpg) ```Jürgen Scheiblehner, Geschäftsführer von Strapping Solutions bei Teufelberger, weltweit größter, systemunabhängiger Hersteller von High-Performance-Umreifungsbändern.``` Mit better.collect haben wir den Kreis zwischen Sammlung, Aufbereitung und Wiederverwertung von Umreifungsbänder geschlossen. Es ist ein bereits funktionierender Kreislauf – und eine Einladung an die gesamte Industrie, sich dieser Win-Win-Situation anzuschließen. Unsere Erfahrung der letzten fünf Jahre zeigt klar: Die eigene Abholung und Sammlung bei einzelnen Unternehmen ist weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll. Nur durch die Nutzung bestehender Entsorger-Logistik, die für die anderen Materialströme ohnehin regelmäßig zahlreiche Firmen anfahren, kann der Rohstoffkreislauf für Umreifungsbänder effizient geschlossen werden. Unser Ziel ist es, diesen Closed Loop gemeinsam zu etablieren und damit einen Standard für verantwortungsvollen Materialeinsatz zu setzen. Mein Appell an die gesamte Branche, einschließlich Wettbewerbender: Nutzen wir diese Synergien. Allein ist dieser Weg weder kosteneffizient noch nachhaltig darstellbar. Gemeinsam aber wird er zu einer starken Lösung für Unternehmen und Umwelt. >Nur durch die Nutzung bestehender Entsorger-Logistik, die für die anderen Materialströme ohnehin regelmäßig zahlreiche Firmen anfahren, kann der Rohstoffkreislauf für Umreifungsbänder effizient geschlossen werden.