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25. Mai 2022

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Gesellschaft

Kreislaufwirtschaft als Zukunftsmodell

Journalist: Julia Butz

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Foto: unsplash

Die ökologischen Grenzen unseres Planeten fordern nachhaltiges Wirtschaften. Die Kreislaufwirtschaft leistet hierzu einen zentralen Beitrag.

Klimawandel, Rohstoffknappheit und die Anforderungen an Nachhaltigkeit erfordern tiefgreifende Veränderungen unseres globalen Wirtschaftssystems. Es bedarf ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Aspekte um eine nachhaltige Entwicklung langfristig aufzubauen, neue Wege für Produktion und Verbrauch müssen gefunden werden. Die Kreislaufwirtschaft kann zum Erreichen dieser Ziele einen wertvollen Beitrag leisten.

Wie kann der Ressourcenverbrauch reduziert und anfallender Abfall sinnvoll verwertet werden? Sowohl gesellschaftlich als auch politisch hat diese Frage zunehmend an Relevanz gewonnen. Während früher Abfall schlicht beseitigt wurde, hat man heute erkannt, dass Abfall wertvoller Rohstoff – und somit Wertstoff ist, der maßgeblich zur Schonung natürlicher Ressourcen beiträgt.

Kreislaufwirtschaft zielt im Wesentlichen darauf ab, Produkte und Materialien zu recyceln und wieder zu nutzen. Ziel ist es aber darüberhinausgehend einen komplett geschlossenen Rohstoffkreislauf vorantreiben und die Quote wiederverwertbarer Wertstoffe zu erhöhen, sodass kaum noch Abfall entsteht. Eine Kreislaufwirtschaft zielt daher nicht nur auf das Recyceln und Entsorgen ab, sondern greift in den gesamten Lebenszyklus eines Produkts ein. Indem Güter bereits umwelt- und recyclingfreundlich designet und vor ihrem Einsatz auf ihre Kreislauffähigkeit hin bewertet werden. Sowohl die Produktentwicklung als auch die Produktion sollen zirkulär gedacht werden; das Recht auf Reparatur, Leasing und Sharing Economy sind weitere Leitwörter, für eine Optimierung des „Gesamtsystems Produktkreislauf“.

Im derzeitigen linearen Wirtschaftssystem gilt das Prinzip „take, make, consume and dispose“. Für den Übergang von einer Linear- zu einer Kreislaufwirtschaft aber sind auch die Hersteller in der Produktverantwortung. Ein Produkt soll dank eines geschlossenen Materialkreislaufs zu neuem Leben erweckt, möglichst vollständig verwertet und erneut zum wertvollen Rohstoff der Zukunft werden. Wer zukünftig nicht-recycling-fähige Produkte auf den Markt bringe, müsse nach Forderung des Naturschutzbundes Deutschland durch höhere Energiekosten in die Pflicht genommen werden. Zudem fordert der Bund ein Kreislaufwirtschaftsgesetz, in dem ein Mindesteinsatz von recyclingfähigem Material verordnet wird. Das Europäische Parlament hat bereits 2018 ein Kreislaufwirtschaftspaket verabschiedet, mit dem Ziel einer kreislauforientierten Wirtschaft und Maßnahmen zur Verbesserung des Ressourcenschutzes festzulegen. Die Richtlinie gibt eine fünfstufige Abfallhierarchie vor, nach der Abfälle möglichst zu vermeiden bzw. für die stoffliche Verwertung (Recycling) vorzubereiten sind. 2021 wurde der Aktionsplan mit zusätzlichen Vorgaben für den Verbrauch von Materialien und strengeren Recyclingvorschriften überarbeitet, um bis 2050 eine vollständig kreislauforientierte Wirtschaft erreichen zu können.

Die „Circular Economy“ wird auch international als Beschleuniger für eine nachhaltige Erholung angesehen. In den 17 globalen Zukunftszielen der Vereinten Nationen nimmt die Kreislaufwirtschaft eine Schlüsselrolle ein. Denn für die in der Agenda 2030 genannte Ziele, wie nachhaltiger Konsum, nachhaltige Produktion, umweltverträglicher Umgang mit Chemikalien, Schutz wertvoller natürlicher Ressourcen und nachhaltigem Wirtschaftswachstum, kann sie einen wichtigen Beitrag leisten.

Nicht nur die Umweltbelastungen werden mit der Kreislaufwirtschaft deutlich verringert, auch wirtschaftlich bietet sie Vorteile. In dem es gelingt, wertvolle Rohstoffe im Kreislauf zu halten, können Abhängigkeit teurer oder schwankender importierter Primärrohstoffe vermieden werden. Eine stabilere Materialversorgung und niedrigere Produktionskosten verbessern die Wettbewerbsfähigkeit. Nicht zuletzt wirtschaftet ein Unternehmen innovativ und zukunftsorientiert und bietet einen größeren Produktnutzen für den Konsumenten. Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Ziele dürften daher zukünftig keinen Gegensatz mehr darstellen, sondern im Gegenteil untrennbare Basis erfolgreichen Unternehmertums sein. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette sind dazu Innovation, Koordination und die Einbindung aller Akteure gefragt.

Zu den Teilbereichen der Kreislaufwirtschaft gehören eine Vielzahl von Wertschöpfungsstufen, von der Erfassung über die Sammlung und den Transport der Abfälle, der Beseitigung und stofflichen und energetischen Verwertung sowie die dazu nötige Technik der Abfallwirtschaft und der Großhandel mit Altmaterialien. Die Anforderungen an jedes Unternehmen der Kreislaufwirtschaft sind je nach Wertstofffraktion (die wiederverwertbaren reinen Einzelkomponenten von beispielsweise Weißblechen, Aluminium, Getränkekartons oder bestimmter Kunststoffarten (PE, PP, PET, PS) höchst unterschiedlich und erfordern ein perfektes Zusammenspiel von Logistik und Technologie. Dazu sind anhaltend innovative Konzepte, gut vernetzte Abläufe und der Einsatz moderner Technologien gefragt.

Nur eine Kreislaufwirtschaft kann Klima und Ökosysteme langfristig schützen: mit weniger Treibhausemissionen und dem Schutz wertvoller natürlicher Ressourcen, für eine geringere Umweltverschmutzung mit weniger Abfall. Damit es aber wirklich rund läuft bedarf es der Transformation und Interaktion zwischen allen relevanten Marktakteuren sowie veränderter Konsum- und Gebrauchsgewohnheiten.

27. Jun 2025

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Gesellschaft

Wahlfach Informatik: Zu wenig für Europas digitale Souveränität – mit Christine Regitz

![ChristineRegitz_c_MikeAuerbach_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Christine_Regitz_c_Mike_Auerbach_online_d5622666e2.jpg) ```Christine Regitz ist Präsidentin der Gesellschaft für Informatik e. V. (GI)``` Inmitten einer Zeitenwende, in der wirtschaftliche Stärke zunehmend durch digitale Kompetenz definiert wird, ist informatische Bildung ein entscheidender Hebel für Souveränität und Wirtschaftswachstum. Deutschland braucht nicht nur mehr IT-Fachkräfte – es braucht insgesamt eine digital gebildete Gesellschaft. Denn ohne breite informatische Grundbildung wird die digitale Transformation zur Abhängigkeit statt zur Chance. Informatikkompetenz ist kein Nice-to-have mehr, sondern Grundlage für wirtschaftliche Resilienz. Sie entscheidet darüber, ob wir technologische Entwicklungen mitgestalten oder ihnen hinterherlaufen. Das gilt auch für den Bereich der Künstlichen Intelligenz. Wer KI nur konsumiert, bleibt abhängig – von den Infrastrukturen, Werten und wirtschaftlichen Interessen anderer. Wenn Europa bei der Entwicklung eigener KI-Systeme den Anschluss verliert, verlieren wir mehr als nur Marktanteile: Wir verlieren unsere digitale Selbstbestimmung. Fachkräftesicherung beginnt nicht erst an der Hochschule, sondern bereits in der Grundschule. Informatik muss flächendeckend als Pflichtfach und praxisnah unterrichtet werden – nicht nur, um Lücken am Arbeitsmarkt zu schließen, sondern um die nächste Generation zum aktiven Gestalten zu befähigen. Nur so entsteht ein Arbeitsmarkt, der auf Augenhöhe mit der Technologie agiert. >Wenn Europa bei der Entwicklung eigener KI-Systeme den Anschluss verliert, verlieren wir mehr als nur Marktanteile: Wir verlieren unsere digitale Selbstbestimmung. Deshalb hat die Gesellschaft für Informatik e. V. die Allianz für informatische Bildung ins Leben gerufen. Unser Ziel: den Informatikunterricht flächendeckend stärken, auch schon im Primarbereich. Denn wer heute nicht in digitale Bildung investiert, riskiert morgen, dass Innovation, Wertschöpfung und technologische Kontrolle dauerhaft in Übersee stattfinden. Europa braucht eigene Modelle, eigene Infrastrukturen und vor allem: eigene Menschen, die sie bauen können.