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1. Okt 2025

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Wirtschaft

Kunststoff-Loop im Aufwärtstrend – mit Dr. Oliver Möllenstädt

Journalist: Julia Butz

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Foto: Markus Spiske / unsplash, Presse

Im Gespräch mit Dr. Oliver Möllenstädt, Hauptgeschäftsführer Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e.V. (GKV).

GKV_Möllenstädt_online.JPG Dr. Oliver Möllenstädt, Hauptgeschäftsführer Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e.V. (GKV)

PPWR, Green Deal, Rezyklat-Quoten: Was bedeuten die Regulierungen für die Kunststoffindustrie?

Die neue europäische Verpackungsverordnung PPWR entstand unter dem Einfluss der Politik des „Green Deal“ der Europäischen Kommission. Obwohl es sich eigentlich um eine Regulierung zur Harmonisierung des Verpackungsrechts in der EU zur Förderung des freien Warenverkehrs handelt, enthält die PPWR viele umweltbezogene Vorschriften, die zu einer Verbesserung der Kreislaufwirtschaft und zur Senkung des Primärrohstoffverbrauchs beitragen sollen. Hierzu zählt auch das Instrument gesetzlicher Mindestrezyklateinsatzquoten, das künftig – in abgestufter Form – für die allermeisten Verpackungen gelten soll. Ab 2030 sind Kunststoffverpackungshersteller dann verpflichtet, mindestens den gesetzlich vorgeschriebenen Anteil an Post-Consumer-Kunststoffrezyklaten zur Herstellung der Verpackungen einzusetzen. Eine solche Rechtsvorschrift ist übrigens bereits am 01. Januar 2025 für Getränkeflaschen, die überwiegend aus dem Kunststoff PET bestehen, eingeführt worden.

Wie gut ist Deutschland hinsichtlich geschlossener Materialkreisläufe aufgestellt?

Die Kreislaufwirtschaft mit Kunststoffen in Deutschland wurde in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut. Zwölf Prozent der in Deutschland verarbeiteten Kunststoffe waren 2023 Rezyklate aus Post-Consumer-Kunststoffabfällen. Hinzu kommen drei Prozent Rezyklate aus Post-Industrial-Kunststoffabfällen. Die werkstoffliche Recyclingquote von Kunststoffverpackungen aus dem Gelben Sack hat beispielsweise für das Jahr 2023 mit 68,9 Prozent einen neuen Rekordwert erreicht, der deutlich über den gesetzlich vorgeschriebenen Quoten liegt. Damit bestätigt sich der Aufwärtstrend, der mit der Einführung des Verpackungsgesetzes seinen Anfang nahm: Seit 2018 ist die Recyclingquote damit um fast 27 Prozentpunkte gestiegen. Allerdings wurden von ca. 5,6 Mio. t Post-Consumer-Kunststoffabfällen, die 2023 in Deutschland angefallen sind, nur ca. 2 Mio. t dem Recycling zugeführt. Der Rest wird energetisch verwertet. Insbesondere die Abfallströme des Haushaltsrestmülls und der Gewerbeabfälle enthalten viel Kunststoff – jeweils ca. 1 Mio. t pro Jahr –, der bisher unzureichend dem Recycling zugeführt wird. Um die Kreislaufwirtschaft mit Kunststoffen in diesen Feldern auszubauen, sind zusätzliche Weichenstellungen durch den Gesetzgeber erforderlich.

Die Kreislaufwirtschaft mit Kunststoffen in Deutschland wurde in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut. Zwölf Prozent der in Deutschland verarbeiteten Kunststoffe waren 2023 Rezyklate aus Post-Consumer-Kunststoffabfällen.

Wie bewerten Sie das wachsende Problem, einer irreführenden oder unbegründeten Darstellung umweltfreundlicher Produkte (Greenwashing)?

Unlautere Umweltaussagen zu Produkten sollten nicht vorkommen und wären ggfs. justiziabel. Eine „wachsende“ Relevanz für die Kunststoff-verarbeitende Industrie in Deutschland kann ich bisher nicht erkennen. Die weitaus überwiegende Mehrheit der Kunststoffverarbeiter in Deutschland geht äußerst verantwortungsvoll mit Umweltaussagen um oder verzichtet gänzlich darauf.

23. Dez 2025

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Gesellschaft

Warum es so wichtig ist, konsequent nachhaltig zu bauen – Ein Beitrag von Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand DGNB e.V.

Nachhaltiges Bauen bedeutet weit mehr als energieeffiziente Gebäude oder den Einsatz ökologischer Materialien. Es beschreibt einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem Gebäude über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg betrachtet werden: von der Planung über den Bau und die Nutzung bis hin zu Umbaumaßnahmen oder den Rückbau. Ziel ist es, Umweltbelastungen zu minimieren, Ressourcen zu schonen, Menschen gesunde und lebenswerte Räume zu bieten und gleichzeitig wirtschaftlich sinnvolle Lösungen zu schaffen. Stand heute ist der Bausektor nach wie vor für einen erheblichen Teil der globalen CO2-Emissionen, den Verbrauch natürlicher Ressourcen und den zunehmenden Verlust der Biodiversität verantwortlich. Gleichzeitig verbringen wir den Großteil unseres Lebens in geschlossenen Räumen, die unser Wohlbefinden stärken sollen, ohne dabei die Zukunft unseres Planeten zu gefährden. Zudem leben immer mehr Menschen in der Stadt. Der Bedarf an attraktiven und dazu noch klimaresilient gestalteten Freiräumen wächst. Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Wie ein Perspektivwechsel in diese Richtung gelingen kann, zeigen wir noch bis zum 28. Januar 2026 mit der ersten DGNB Ausstellung „What If: A Change of Perspective“ in der Berliner Architekturgalerie Aedes. Die Ausstellung fordert Besucherinnen und Besucher dazu auf, gewohnte Denkmuster zu hinterfragen und die Themenvielfalt des nachhaltigen Bauens neu und unvoreingenommen auf sich wirken zu lassen. >Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Anhand gebauter Beispiele wird deutlich, dass viele Lösungen bereits existieren. So erfährt der Besuchende anschaulich, wie Gebäude klima- und ressourcenschonend geplant werden können, indem Materialien im Kreislauf geführt, Energie effizient genutzt oder sogar erzeugt wird und der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes berücksichtigt bleibt. Ebenso thematisiert werden Klimaanpassung und Resilienz: durch kluge Gestaltung, Begrünung und Freiräume können Gebäude und Städte besser mit Hitze, Starkregen oder Trockenperioden umgehen. Ein weiterer Fokus liegt auf dem Menschen. Nachhaltiges Bauen stellt das Wohlbefinden, die Gesundheit und das soziale Miteinander in den Mittelpunkt. Architektur kann Begegnung fördern, Identität stiften und bezahlbaren Wohnraum schaffen, ohne dabei die Umwelt aus dem Blick zu verlieren. Auch der verantwortungsvolle Umgang mit bestehenden Gebäuden spielt eine zentrale Rolle. Sanieren, Umnutzen und Weiterbauen im Bestand werden als Strategien gezeigt, um Flächen zu schützen und Ressourcen zu sparen. Nicht zuletzt wird klar, dass Nachhaltigkeit keine Kostenspirale sein muss. Ganzheitlich geplante Gebäude sind oft wirtschaftlicher, weil sie langfristig Betriebskosten senken, Risiken minimieren und ihren Wert erhalten oder steigern. Nachhaltiges Bauen ist kein abstraktes Expertenthema und schon gar keine Zukunftsvision, sondern eine konkrete Chance. Für lebenswerte Städte, für gesunde Räume und für eine gebaute Umwelt, die den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen ist. Als inhaltlich getriebener Non-Profit-Verein begreifen wir das nachhaltige Bauen seit unserer Gründung vor 18 Jahren als gesellschaftliche Aufgabe, nach der wir unser Handeln ausrichten. Mit der Ausstellung laden wir jeden einzelnen ein, genauer hinzusehen, weiterzudenken und selbst Teil des Wandels zu werden. Weitere Informationen gibt es unter www.dgnb.de/aedes