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1. Okt 2024

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Gesundheit

Lachen gegen den Schmerz – mit Dr. Eckart von Hirschhausen

Journalist: Silja Ahlemeyer

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Foto: Dominik Butzmann

Der Arzt und Moderator Eckart von Hirschhausen ist Experte in Sachen Humor. Mit seiner Stiftung bringt er Klinikclowns dorthin, wo das Lachen gebraucht wird.

Eckart von Hirschhausen, Sie haben selbst als Arzt in der Kinderheilkunde gearbeitet. Ihre Stiftung „HUMOR HILFT HEILEN“ schickt Klinikclowns in Krankenhäuser und Pflegeheime. Was genau passiert da?

Wir bringen Humor dorthin, wo es oft nicht viel zu lachen gibt. Das sind oft magische Momente. Wir nennen das „Begegnungen auf Augenhöhe mit einem Augenzwinkern“. Das beginnt schon, wenn die Clowns an der Zimmertür fragen „Dürfen wir reinkommen?“ Plötzlich sind die Kinder die „Bestimmer“ und das gemeinsame Spiel beginnt. Das kann ein Lachen sein, aber oft entstehen auch leise, intime Momente im Miteinander. Anders als Zirkusclowns haben die Klinikclowns kein festes Programm.

Wie kann Humor beim Gesundwerden helfen?

Auch durch unsere Forschungsprojekte ist inzwischen klar: Lachen ist ein wunderbares Mittel gegen körperlichen und seelischen Schmerz. Wer es nicht glaubt, kann ja gerne selbst einen Kontrollversuch an sich durchführen. Hauen Sie sich zweimal mit einem Hammer auf den eigenen Daumen. Einmal allein und dann nochmal in Gesellschaft. Sie spüren den Unterschied! Deshalb sollten Menschen mit Schmerzen nicht lange allein sein und was zu lachen bekommen. Das ist der Kern von „HUMOR HILFT HEILEN“ – abgekürzt HHH!

Sehr beliebt sind die Clowns gerade in den Kinderabteilungen. Zu welchen schönen Situationen ist es hier schon gekommen?

Zu unserem zehnjährigen Jubiläum sprach ich mit einem Jungen, der wegen eines Hirntumors lange in der Klinik behandelt werden musste. Ben überlebte, seine Mutter hielt den Kontakt zu uns. Ben erzählte rückblickend, wie wichtig die Clownsvisiten für ihn waren. Und wie viele weniger schöne Momente der Behandlung damit in den Hintergrund traten. Dieses Erlebnis hat uns alle sehr bestärkt, mit der Arbeit weiterzumachen. Dieses Feedback bekommen wir ganz oft: „Nicht nur die Kinder warten jede Woche auf euch, sondern auch die Eltern und unser Klinikpersonal!“

Lachen ist ein wunderbares Mittel gegen körperlichen und seelischen Schmerz.

Ihre Stiftung ist auch in der Humor-Forschung aktiv. Was passiert hier genau?

Ein aktuelles Projekt findet gerade am Universitätsklinikum in Bonn statt. Unsere Clowns begleiten Kinder vor einer Operation. Verständlicherweise sind die Eltern in dieser Situation oft gestresst. Der Clown kann da vermitteln zwischen den Welten, kann ablenken und dem Kind bis in den OP zur Seite stehen. Wir wollen wissen, ob das dazu führt, dass im Nachgang weniger Schmerzmittel gebraucht werden und die Situation weniger angstvoll in Erinnerung bleibt. Pilotstudien deuten darauf hin. Andere Forschungsprojekte untersuchen die langfristige Wirkung unseres Humor-Curriculums für Pflegeschüler gemeinsam mit den Alexianern in Münster und in Berlin und der Universität zu Lübeck. Aber jetzt ist schon klar: Man kann sich öfter als zweimal halb totlachen. Die Risiken und Nebenwirkungen sind rundweg positiv.

Sie haben neben den Clownsvisiten und der Forschung einen dritten Schwerpunkt: die Pflege. Was lernen die Teams in den Humor-Seminaren?

Clowns kommen und gehen. Die Pflege bleibt. Clowns können die „Eisbrecher“ für die gute Laune sein, und es braucht alle, die gemeinsam die Stimmung auf der Station im Alltag prägen. Die Workshopleiter sind erfahrene Klinikclowns, die also genau wissen, wie es im Krankenhaus zugeht. Bevor man sich um jemand anderen kümmern kann, braucht es Selbstfürsorge, „Seelenhygiene“, einen guten Umgang mit seinen eigenen Ressourcen. Das ist leider bis heute kaum Teil der Ausbildung, und das in einem der stressigsten und verantwortlichsten Berufe, den es gibt. Umso mehr freut es mich, dass wir hier mit HHH Pionierarbeit geleistet haben und inzwischen zehn Pflegeschulen mit Modulen aus unserem Konzept die nächste Generation ausbilden.

Angenommen, ich wollte selbst als Klinikclown arbeiten. Wie komme ich dahin?

Üben, üben, üben! Im Ernst – das ist nicht so leicht. Zum Glück! Sie würden doch auch nicht wollen, dass wenn Sie oder ein naher Angehöriger im Krankenhaus liegt, irgendjemand ins Zimmer kommt, nur weil er sich selbst für berufen hält, oder? Die Klinikclowns von HUMOR HILFT HEILEN sind professionell, haben Ausbildungen als Schauspieler oder in sozialen Berufen. Dazu kommt die Klinikclownsausbildung plus Casting plus Supervision und Weiterbildung. Deshalb sind wir auch dafür, dass diese Arbeit bezahlt wird. Qualität hat ihren Preis. Das ist überall so, auch bei Clowns, auch wenn es komisch klingt.

Hirschhausens Lieblingswitz:

Ein Junge fährt in Berlin mit dem Fahrrad ganz langsam vor einer Straßenbahn her. Der Fahrer hupt und hupt, genervt macht er die Scheibe runter und ruft: „Eh Junge, kannst du nicht gefälligst woanders fahren?“ Da ruft der Junge lachend zurück: „Ich schon – aber du nicht!“

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.

27. Jun 2025

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Gesundheit

Kleine Firmen, große Wirkung: Wie EBPs die Pharmabranche revolutionieren – mit Dr. Merle Fuchs

![MerleFuchs_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Merle_Fuchs_online_4afdaa8866.jpg) ```Dr. Merle Fuchs (PhD), Managing Partner & CEO, PRAMOMOLECULAR GmbH``` Die USA, Deutschland und die Schweiz bleiben führend bei innovativen, patentgeschützten Medikamenten, während Indien und China den Markt für Generika dominieren. In der Schweiz ist die Pharmaindustrie zum wichtigsten Wachstumsmotor aufgestiegen und steuert mittlerweile rund 5,4 Prozent zum BIP bei – ein mehr als versechsfachter Anteil seit 1990. Deutschland hingegen, einst „Apotheke der Welt“, schafft nur 1 –1,5 Prozent. Zwar sitzen mit Roche und Novartis zwei Schwergewichte in Basel, doch künftig wird die Innovationskraft von Big Pharma zunehmend von Emerging Biopharma Companies (EBPs) geprägt werden. Als EBPs gelten Biopharmaunternehmen mit weniger als 500 Mio. US$ Jahresumsatz, darunter forschende Start-ups ohne Markterlöse. Den Aufbau ihrer Wirkstoffpipeline müssen sie in Deutschland traditionell chronisch unterfinanziert mühsam durch Wagniskapital und Fördermittel finanzieren. Dennoch füllen diese aufstrebenden kleinen Unternehmen die Pipeline: Während 2002 etwa 67 Prozent der Innovationen von Big Pharma kamen, stammten 2022 gut 84 Prozent der Wirkstoffe in frühen und 73 Prozent in späten klinischen Phasen von EBPs. EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen. Agile Strukturen und flache Hierarchien erlauben EBPs schnelle Entscheidungen und effiziente frühe Forschung. PRAMOMOLECULAR ist ein Beispiel: Das präklinische EBP entwickelt Gene-Silencing-Wirkstoffe gegen bislang unbehandelbare Erkrankungen in der Hälfte der Zeit und zu 10 Prozent der Kosten klassischer Programme. Für mehr solcher Erfolge braucht Deutschland exzellente Grundlagenforschung, ausreichend Wagniskapital und Mut, neue Wege zu gehen. Denn nur wer die kleinen „Zwerge“ stark macht, kann die Zukunft der Medizin gestalten. >EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen.