Hier sieht man einen Landwirtschaftsroboter auf einem Feld arbeiten

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28. Mär 2024

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Wirtschaft

Landwirte brauchen nötige Beinfreiheit – Interview Hubertus Paetow

Journalist: Theo Hoffman

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Foto: Presse, ThisIsEngineering/pexels

Effizienz, verbesserte Nachhaltigkeit und Kostenoptimierung mit unternehmerischem Können gegeneinander abzuwägen, wird für Landwirte immer schwieriger.

Porträt_HP.jpg Hubertus Paetow, Präsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG)

Ist der Ökolandbau auf dem richtigen Weg, die Nutzungsflächen nachhaltiger und die Biodiversität schonender zu behandeln? Der Ökolandbau erbringt eine Reihe von Ökosystemleistungen, verzeichnet aber geringere Erträge als die konventionelle Landwirtschaft. Die Ergebnisse der DLG-Nachhaltigkeitszertifizierung im Ackerbau zeigen, dass der Ökolandbau unter dem Strich ähnlich nachhaltig ist wie die konventionelle Landwirtschaft – auch wenn er in einzelnen Disziplinen wie etwa der Biodiversität besser abschneidet. Die Landwirtschaft der Zukunft vereint das Beste beider Welten: die Ertragseffizienz aus dem konventionellen Landbau mit den Ökosystemleistungen aus der Biolandwirtschaft.

Warum haben bei der Entwicklung neuer Lösungen Technologien für die präzise Ausbringung von Dünger Priorität? Politische Zielsetzungen im Gewässer- oder Klimaschutz fordern deutliche Reduktionen im Einsatz von Dünger, aber auch Pflanzenschutz. Technologien, die auf eine zielgerichtete Ausbringung von Dünger und Pflanzenschutz abzielen, wie etwa Precision-Farming-Lösungen, adressieren diese Anforderungen. Umweltschutz und mehr Nachhaltigkeit sind wichtige Ziele. Technologien der Präzisionslandwirtschaft stellen eine sinnvolle Kombination aus verbesserter Nachhaltigkeit, Effizienz und Kostenoptimierung dar.

Welche Innovationen in der Digitalisierung der Landwirtschaft faszinieren Sie derzeit am meisten? Innovationen in der Digitalisierung faszinieren mich immer dann, wenn sie in der betrieblichen Praxis spürbare Verbesserungen bringen. Lösungen zur automatisierten Fütterung in der Tierhaltung etwa helfen angesichts des Fachkräftemangels dabei, Arbeitskraft und Zeit zu sparen. Technologien des Precision Farming wiederum verhelfen zu einer kosteneffizienteren und nachhaltigeren Verwendung von Betriebsmitteln. Herausforderungen bestehen aktuell noch in der Verknüpfung verschiedener digitaler Lösungen und den von ihnen genutzten Datensätzen auf einem Betrieb.

Digitale Lösungen, KI und Robotik gewinnen in der Landwirtschaft an Bedeutung. Diese Entwicklung spiegelt die Agritechnica, die internationale Leitmesse für Landtechnik, die die DLG alle zwei Jahre in Hannover veranstaltet. Digitale Innovationen boomen und halten immer mehr Anteile bei den Ausstellern. Unter dem Strich ist aber der Landwirt mit seinem unternehmerischen Können der Dreh- und Angelpunkt für den Erfolg eines Betriebs: Die Technik ist sein Werkzeug.

Unter welchen Bedingungen können Ressourcenschonung und Produktivitätssteigerung am ehesten in Einklang gebracht werden? An die Stelle pauschaler Reduktionsziele und Verbote in der Agrarpolitik muss Ergebnisorientierung treten. Das heißt: Wenn die Vorgabe die Verbesserung der Biodiversität ist, müssen alle Herangehensweisen, die nachweislich zur Erreichung dieses Ziels beitragen, zulässig sein. Zudem brauchen wir Technologieoffenheit: Moderne Züchtungstechnologien, die maßgeblich zur Entwicklung widerstandsfähigerer und ertragsstarker Nutzpflanzen beitragen, dürfen nicht tabuisiert werden. Auch müssen Landwirte von überbordender Bürokratie befreit werden: Damit landwirtschaftliche Unternehmer sich den Anforderungen an mehr Nachhaltigkeit stellen können, brauchen sie die nötige Beinfreiheit.

Nice to know Der Landwirt und Agrarfunktionär Hubertus Paetow ist Präsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft e.V. und Mitglied im Rat für Nachhaltige Entwicklung. Er ist gegen übermäßige Regulierung der Landwirtschaft und rät, die Transformation der Landwirtschaft mit aller unternehmerischer Sorgfalt zu begleiten.

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.