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24. Jun 2020

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Wirtschaft

Landwirtschaft ist High-Tech

Journalist: Neo Nording

Die Landwirtschaft ist im Wandel hin zu nachhaltiger Hochtechnologie, denn Bauernfamilien denken und arbeiten über Generationen hinweg. Fragen an den Präsidenten des Bauernverbandes Joachim Rukwied.

Wie weit hat sich die Landwirtschaft in den vergangenen 10 bis 20 Jahren verändert?

Die deutsche Landwirtschaft ist seit Jahren in einem deutlichen Veränderungsprozess hin zu noch mehr Nachhaltigkeit. Wir Bauernfamilien denken und arbeiten über Generationen hinweg. Wir haben uns immer weiterentwickelt. Die gesellschaftlichen Wünsche nach mehr Tierwohl und Umweltschutz setzen wir um. Beispiele hierfür sind etwa die Initiative Tierwohl, unsere eigene Klimastrategie und unsere gemeinsame Ackerbaustrategie. Bei all den Veränderungen ist wichtig, dass Ökologie und Ökonomie im Einklang bleiben.

Was sind die größten Veränderungsprozesse?

"Digital Farming" und "Precision Farming" sind die Schlagworte, die die moderne Landwirtschaft derzeit am besten beschreiben. Viele Höfe sind bereits mit digitalem High-Tech ausgestattet. Ob im Stall, auf dem Feld oder im Management – die neuen Technologien lassen die Betriebe effizienter, nachhaltiger und damit auch klima- und ressourcenschonender arbeiten.

Unsere Tierhalter investieren beispielsweise enorme Summen in Ställe mit mehr Tierwohl. Leider erschweren zusätzliche Auflagen oftmals die Investitionen in diesen Wandel. Verlässlichkeit und langfristige Rahmenbedingungen sind dafür die Voraussetzung.

Abgesehen davon, dass die Landwirtschaft die Bevölkerung mit Nahrung versorgt: Welche Bedeutung hat sie außerdem für die Menschen?

Damit schaffen wir die Lebensgrundlage für uns Menschen, die Mittel zum Leben. Darüber hinaus pflegen die Bauernfamilien die Kulturlandschaft im ländlichen Raum. Die Land- und Forstwirtschaft kümmert sich um 28,9 Millionen Hektar Acker, Wiesen und Wald. Das sind 81 Prozent der Fläche Deutschlands. Ohne Landwirtschaft würde die Attraktivität ländlicher Räume als Arbeits-, Wohn- und Freizeiträume verloren gehen. Im Bereich erneuerbarer Energien steuern die Landwirte einen erheblichen Anteil zur Energiewende und zum Klimaschutz bei. Etwa zehn Prozent des Stromes werden inzwischen von der Agrarbranche produziert: Wind-, Solar- und Biogasanlagen sind ein wichtiger Baustein des Strommixes. Damit leisten die Bauern einen aktiven Beitrag zur Verbesserung der Klimabilanz. 

Was sind die größten Vorteile bei der Digitalisierung in der Landwirtschaft?

Die Landwirtschaft kann von der Digitalisierung in besonderem Maße profitieren. Der Einsatz beispielsweise von Melkrobotern, Drohnen oder GPS-gesteuerten Landmaschinen unterstützt die Bauern in ihrem Alltag. Sensortechniken, mit denen die Tiere permanent überwacht werden, sorgen für die bestmögliche Tiergesundheit. Datenmanagementsysteme helfen unter anderem, Anbau- und Ernteverfahren zu optimieren und die Betriebe auch wirtschaftlich zu stärken.

Wie weit ist die Digitalisierung in der Landwirtschaft fortgeschritten?

Der Einsatz digitaler Techniken in der Landwirtschaft ist sehr verbreitet — von einer agrarspezifischen Wetter-App angefangen bis hin zu spurgenauem Fahren mittels GPS und Drohneneinsatz zur biologischen Bekämpfung des Maiszünslers. Ich gehe davon aus, dass mittlerweile sehr viele Landwirte in irgendeiner Weise digitale Techniken einsetzen.

In der Milchviehhaltung kommen Sensoren zum Einsatz, die das Wohlbefinden der Tiere überwachen (z.B. über die Messung der Wiederkauaktivität bei Rindern), die eine präzise, leistungs- und bedarfsorientierte Fütterung steuern (z.B. durch den Einsatz von Transpondern und/oder Futterrobotern) oder sogar komplette Prozesse automatisieren, wie zum Beispiel Melkroboter. Zwei von drei neuen Melkanlagen in der Landwirtschaft sind heute Melkroboter, trotz vergleichsweiser hoher Investitionskosten.

Fast jeder zehnte Landwirt setzt in seinem Betrieb Drohnen ein. Die Einsatzgebiete von Drohnen sind dabei sehr vielfältig. Aus der Vogelperspektive werden viele Dinge sichtbar, die man vom Boden aus nicht erkennen kann. So können beispielsweise nicht nur Rehkitze vor dem Mähwerk gerettet werden, sondern dank der unterschiedlichen Färbung der Felder auch Rückschlüsse auf zu treffende ackerbauliche Maßnahmen wie Düngung, Bewässerung und den richtigen Erntezeitpunkt gezogen werden.

Gibt es technische Hemmnisse bei der Digitalisierung? Beispielweise bei der Verfügbarkeit von mobilem Internet? Bei der Verfügbarkeit/Beschaffung von Sensoren?

Wir brauchen ein schnelles und stabiles Internet an jedem Milchtank. An der Unterversorgung auf dem Land scheitern jedoch derzeit viele Anwendungsmöglichkeiten, besonders im Ackerbau. Leistungsfähige digitale Infrastrukturen entscheiden über die künftige Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit nicht nur der Landwirtschaft, sondern auch des gesamten ländlichen Raumes. Als Landwirtschaft brauchen wir die Gigabit-Cloud über dem Acker, um in der gebotenen Echtzeit die erforderliche Behandlung jeder einzelnen Pflanze künftig vornehmen zu können. Wir brauchen also schnellstmöglich flächendeckend ein gigabitfähiges Netz und auch einen stabilen Mobilfunk auf dem Land.

23. Dez 2025

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Gesellschaft

Warum es so wichtig ist, konsequent nachhaltig zu bauen – Ein Beitrag von Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand DGNB e.V.

Nachhaltiges Bauen bedeutet weit mehr als energieeffiziente Gebäude oder den Einsatz ökologischer Materialien. Es beschreibt einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem Gebäude über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg betrachtet werden: von der Planung über den Bau und die Nutzung bis hin zu Umbaumaßnahmen oder den Rückbau. Ziel ist es, Umweltbelastungen zu minimieren, Ressourcen zu schonen, Menschen gesunde und lebenswerte Räume zu bieten und gleichzeitig wirtschaftlich sinnvolle Lösungen zu schaffen. Stand heute ist der Bausektor nach wie vor für einen erheblichen Teil der globalen CO2-Emissionen, den Verbrauch natürlicher Ressourcen und den zunehmenden Verlust der Biodiversität verantwortlich. Gleichzeitig verbringen wir den Großteil unseres Lebens in geschlossenen Räumen, die unser Wohlbefinden stärken sollen, ohne dabei die Zukunft unseres Planeten zu gefährden. Zudem leben immer mehr Menschen in der Stadt. Der Bedarf an attraktiven und dazu noch klimaresilient gestalteten Freiräumen wächst. Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Wie ein Perspektivwechsel in diese Richtung gelingen kann, zeigen wir noch bis zum 28. Januar 2026 mit der ersten DGNB Ausstellung „What If: A Change of Perspective“ in der Berliner Architekturgalerie Aedes. Die Ausstellung fordert Besucherinnen und Besucher dazu auf, gewohnte Denkmuster zu hinterfragen und die Themenvielfalt des nachhaltigen Bauens neu und unvoreingenommen auf sich wirken zu lassen. >Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Anhand gebauter Beispiele wird deutlich, dass viele Lösungen bereits existieren. So erfährt der Besuchende anschaulich, wie Gebäude klima- und ressourcenschonend geplant werden können, indem Materialien im Kreislauf geführt, Energie effizient genutzt oder sogar erzeugt wird und der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes berücksichtigt bleibt. Ebenso thematisiert werden Klimaanpassung und Resilienz: durch kluge Gestaltung, Begrünung und Freiräume können Gebäude und Städte besser mit Hitze, Starkregen oder Trockenperioden umgehen. Ein weiterer Fokus liegt auf dem Menschen. Nachhaltiges Bauen stellt das Wohlbefinden, die Gesundheit und das soziale Miteinander in den Mittelpunkt. Architektur kann Begegnung fördern, Identität stiften und bezahlbaren Wohnraum schaffen, ohne dabei die Umwelt aus dem Blick zu verlieren. Auch der verantwortungsvolle Umgang mit bestehenden Gebäuden spielt eine zentrale Rolle. Sanieren, Umnutzen und Weiterbauen im Bestand werden als Strategien gezeigt, um Flächen zu schützen und Ressourcen zu sparen. Nicht zuletzt wird klar, dass Nachhaltigkeit keine Kostenspirale sein muss. Ganzheitlich geplante Gebäude sind oft wirtschaftlicher, weil sie langfristig Betriebskosten senken, Risiken minimieren und ihren Wert erhalten oder steigern. Nachhaltiges Bauen ist kein abstraktes Expertenthema und schon gar keine Zukunftsvision, sondern eine konkrete Chance. Für lebenswerte Städte, für gesunde Räume und für eine gebaute Umwelt, die den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen ist. Als inhaltlich getriebener Non-Profit-Verein begreifen wir das nachhaltige Bauen seit unserer Gründung vor 18 Jahren als gesellschaftliche Aufgabe, nach der wir unser Handeln ausrichten. Mit der Ausstellung laden wir jeden einzelnen ein, genauer hinzusehen, weiterzudenken und selbst Teil des Wandels zu werden. Weitere Informationen gibt es unter www.dgnb.de/aedes