Ein Portrait im Traktor von Annemarie Paulsen

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28. Feb 2024

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Gesellschaft

Landwirtschaft und ein Gefühl von Freiheit mit Annemarie Paulsen

Journalist: Jakob Bratsch

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Foto: Presse

Der technologische Wandel in der Landwirtschaft ist eine Erleichterung, fordert von Landwirtinnen und Landwirten aber auch Anpassungs- und Lernbereitschaft.

Es gibt unter den Landwirtinnen und Landwirten immer mal wieder Quereinsteiger, die oft aus anderen Berufen kommen. Ist das eher eine Ausnahme?

Das kommt absolut vor. Ich tendiere aber auch eher zu sagen, dass es selten ist. Man merkt sich diese Menschen nur besonders, weil die sich ganz bewusst für die Landwirtschaft entschieden haben. Zurzeit haben wir einen jungen Lehrling, einen richtigen „Berliner Jung“. In der Stadt groß geworden und ohne Trecker-Führerschein. Selten habe ich einen so motivierten jungen Menschen gesehen, der so Bock auf Landwirtschaft und Kühe hat.

Was motiviert junge Menschen dazu, diesen herausfordernden Beruf zu ergreifen?

Vielleicht gerade die Tatsache, dass es sich um einen herausfordernden Beruf handelt. Es wird viel von einem verlangt. Frühes Aufstehen – 365 Tage im Jahr – späte Erntetage im Sommer wenig Freizeit. Aber die Arbeit ist immer sinnerfüllend. Außerdem hat man in der Landwirtschaft ein großes Gefühl von Freiheit.

Warum ist die weit fortgeschrittene Digitalisierung der Landbautechnik ein so wichtiger Faktor, um viele junge Menschen anzuziehen?

Oft wird Landwirtschaft mit harter körperlicher Arbeit verbunden. Das ist auch teilweise so, aber der technische Fortschritt hat unglaublich viele Arbeiten mit der Hand abgenommen. Aufgaben wie Stallmisten, die man früher mit Forke gemacht hat, werden heute mit der Maschine gemacht und machen Spaß. Ebenso ist es faszinierend, was mittlerweile alles auf dem Feld und im Stall möglich ist. Roboter machen deine Arbeit und du bedienst oder stellst die Maschine ein.

Was empfinden Sie an diesen neuen Technologien als besonders spannend?

Mit den technischen Möglichkeiten kommen Flexibilität und eine neu entdeckte Freiheit. Tierkontrolle kann man vom Sofa aus machen. Die Daten vom Roboter ermöglichen eine tierindividuelle Betrachtung und Förderung bzw. Behandlung. Es kann gezielter und effizienter gearbeitet werden. Der Hof wird attraktiver für Mitarbeitende, die Arbeit weniger anstrengend. Als Bäuerin ist man immer gefordert „mitzuhalten“, sich einzulesen und neu zu entwickeln. Ich sehe unglaubliches Potenzial auf einem modernen Betrieb, der es mir als Bäuerin und Mutter ermöglicht, meinen Beruf gut auszuführen ohne Kompromisse im Familienleben zu machen.

Was ist aus Ihrer Sicht vielleicht ein Nachteil?

Ich kenne nur das Leben auf dem Hof. Ständige Arbeit und Urlaub nur vom Frühstück bis zum Nachmittagskaffee bin ich gewohnt. Nichtsdestotrotz liebt man die Arbeit. Wahrscheinlich ist Arbeit auch das falsche Wort. Lebensweise passt besser. Das können vielleicht manche nicht nachvollziehen.

Was sind bei Ihrer Arbeit gerade in dieser Zeit die größten Herausforderungen?

Für mich persönlich ist es mittlerweile das schlechte „social standing“ von Landwirten und Landwirtinnen. „Umweltverschmutzer“, „Tierquäler“ und „Habgierige Subventionsempfänger“ sind nur ein paar Auszüge von dem, was man teilweise so an den Kopf geworfen bekommt. Nervt.

Was waren so die witzigsten Erlebnisse in Ihrem Beruf?

Es gibt immer viel zu lachen. Über die Tiere, oder die Maschine, die immer die gleichen Macken hat und sich mit ein, zwei Schlägen wieder reparieren lässt. Der Blickwinkel macht den Witz auch aus.

Factbox:

Annemarie Paulsen ist Landwirtin aus Leidenschaft und hat es sich neben der täglichen Arbeit auf ihrem Hof, einem ökologischen Familienvertrieb im Herzen der Uckermark, zur Aufgabe gemacht, die Menschen mit witzigen Videos und vielen Informationen auf Social Media an ihrem Alltag teilhaben zu lassen.

9. Jul 2025

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Gesellschaft

Die Herausforderungen des Wohnens heute und morgen – ein Beitrag vin Dr. Christine Lemaitre

Kaum ein Bereich des Lebens ist so individuell und emotional behaftet wie das Wohnen. Die Gestaltung des eigenen Zuhauses spiegelt unsere Persönlichkeit wider, zeigt, worauf wir Wert legen und was wir bereits erlebt haben. Die eigenen vier Wände bieten Sicherheit und sind Orte der Entspannung. Nun rückt das Thema Wohnen in der aktuellen Debatte immer wieder in den Fokus. Es herrscht ein Mangel insbesondere an bezahlbarem Wohnraum und das in allen Schichten der Gesellschaft. Gründe dafür gibt es viele, darunter der Bevölkerungswachstum, Binnenwanderung und gestiegene Baukosten. Lösungsansätze sind vorhanden, die nicht nur angesichts der politischen Klimaziele im Einklang mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz umgesetzt werden müssen. Denn die Auswirkungen des Klimawandels sind längst spürbar. Die Baubranche steht als einer der Hauptverursacher klar in der Pflicht, Gebäude und Außenräume wieder für den Menschen zu planen und auf eine langfristige, qualitätsvolle Nutzung auszulegen. Das größte Potenzial, um Ressourcen und CO2 einzusparen, bieten der Erhalt und bei Bedarf die Umnutzung bestehender Gebäude, wodurch auch gleich die baukulturelle Identität des Ortes bewahrt wird. Gerade in Städten, wo der Wohnraum besonders knapp ist, stehen Flächen leer deren ursprünglich vorgesehene Nutzung nicht mehr benötigt wird. Durch Offenheit und Mut kann hier etwas ganz Besonderes entstehen. Nachhaltige Strategien wie Suffizienz und Lowtech bieten sowohl im Neubau als auch im Bestand reizvolles Innovationspotenzial. Mit dem Suffizienz-Gedanken geht die Frage einher, wie viel genug ist. Sie sollte immer wieder gestellt werden, um abzuwägen, was bezüglich Fläche, Material und Gebäudetechnik wirklich gebraucht wird. Wer hier einspart, übernimmt Verantwortung. Das gesparte Geld lässt sich an anderer Stelle beispielsweise zugunsten einer hohen Qualität und guter Gestaltung sinnvoll investieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist Flexibilität, um auf sich ändernde Lebenssituationen reagieren zu können. Diese Ansätze sind wie geschaffen für einen neuen, zukunftsweisenden Trend beim Planen, Bauen und Erhalten von Gebäuden. Hilfestellung zur Umsetzung kann das speziell für kleine Wohngebäude entwickelte Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen geben. Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Neben dem ganz eigenen, individuellen Rückzugsraum, bestückt mit liebgewonnenen Möbelstücken und Accessoires, entsteht dadurch ein besonderer Wert, nämlich der der körperlichen und geistigen Gesundheit. >Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Als Non-Profit-Verein setzen wir uns bei der DGNB für die nachhaltige Transformation der Bau- und Immobilienwirtschaft ein. Wir klären auf, leisten Hilfestellung und sensibilisieren für ein verantwortungs- und qualitätvolles Bauen und Betreiben von Gebäuden. Das DGNB-Zertifizierungssystem verhilft dabei allen am Bau Beteiligten zu einem gemeinsamen Verständnis darüber, welche Möglich- aber auch Notwendigkeiten das nachhaltige Bauen mit sich bringt, um einen positiven Beitrag für Mensch, Umwelt und Wirtschaftlichkeit zu leisten.